Hier veröffentlichen wir Meldungen zum Strukturwandel in der Lausitzer Bergbauregion
Cottbus, 03.04.2024. In seiner gestern eingereichten Stellungnahme kritisiert das Umweltnetzwerk GRÜNE LIGA die Planung eines fossilen Gaskraftwerkes in Jänschwalde als energiepolitisch nicht nachvollziehbar begründet. So ist die Anbindung an ein Gas- oder Wasserstoffnetz in Jänschwalde überdurchschnittlich teuer und eine Kosten-Nutzen-Analyse für die geplante öffentliche Förderung dieser Pipelines fehlt.
Zeitungsartikel mit der Überschrift „Personalnot in der Lausitz“ gab es schon im Oktober 2016. Mindestens so alt ist die Erkenntnis also, dass es der Lausitz nicht an Arbeitsplätzen, sondern an Arbeitskräften fehlt. Für Kohlelobby und Landesregierung kam und kommt diese Wahrheit ungelegen. Aber im ignorieren von Wahrheiten haben beide viel Übung. Es wurde einfach weiter das Mantra heruntergebetet, die Region brauche erst neue Industriearbeitsplätze, bevor sie aus der Kohle aussteigen könne.
Inzwischen kann man beobachten, was tatsächlich passiert. Am 11. Januar 2024 eröffnete der Bundeskanzler höchstpersönlich die erste Halle des neuen Bahnwerkes, das die Bundespolitik ja wegen der Forderungen der Region nach neuen Industriearbeitsplätzen hier angesiedelt hat. 1.200 solche Plätze gilt es zu besetzen. Aber die Berg- und Energiearbeiter mit ihrer passenden Ausbildung und Tarifstruktur stehen nicht zur Verfügung. Denn so schnell ist der Kohleausstieg ja gar nicht gewollt. Das Bahnwerk stellt natürlich trotzdem ein und wirbt die Leute dafür im regionalen Mittelstand ab. Die Kritik dafür bekommt nicht etwa die LEAG oder der späte Kohleausstieg. Nein, die Bahn ist schuld und natürlich die Bundespolitik.
Die LEAG wirbt bei Geldgebern mit ihren 33.000 Hektar Flächeneigentum, die sie mehr oder weniger vollständig und teilweise unter Missachtung geltender Braunkohlenpläne für ihre „GigaWattFactory“ verplant hat. Doch der größte private Grundeigentümer Ostdeutschlands zu sein ist dem Konzern immer noch nicht genug. In ihrem monatlichen Newsletter vom Januar 2024 ruft die LEAG nun dazu auf, ihr auch Flächen außerhalb ihrer Tagebaue zu verkaufen oder zu verpachten.
Der am 18. Dezember 2023 verkündete Rückzug vom Vorhaben der LEAG, am Kraftwerksstandort Jänschwalde eine der größten Müllverbrennungsanlagen Deutschlands zu errichten, ist aus Sicht des Aktionsbündnisses contra Müllverbrennungsanlage ein „Sieg der Vernunft“. Ursprünglich plante der Kraftwerksbetreiber, hier ab 2024 bis zu 480.000 Tonnen Abfälle jährlich zu verbrennen.
„Das ist ein Riesen-Erfolg der engagierten Bürger und Bürgerinnen. Das Damoklesschwert über unserer Region ist endlich verschwunden.“, zeigte sich Paul Suppan vom Aktionsbündnis contra Müllverbrennungsanlage (MVA) in einer Pressemitteilung erfreut über die Nachricht. „Schlussendlich war der Druck einfach zu groß“, mutmaßt Suppan über den Rückzug: „Null Akzeptanz in der Region, Ausstieg von Veolia mit Hinweis auf Unwirtschaftlichkeit des Projektes, schludrige Antragsunterlagen, Klage vor Gericht. Es verwundert nicht, dass die LEAG hierfür keinen Partner mehr gefunden hat.“, sagt der Sprecher des Aktionsbündnisses.
Gegen die Pläne gab es in den umliegenden Dörfern massiven Widerstand. Umfragen zufolge lehnen über 80 Prozent der Anwohner das Vorhaben ab. Die Anlage sei klimaschädlich, überflüssig und konterkariere die Kreislaufwirtschaft. Dazu wäre die Müllverbrennung mit einem großen Schadstoffausstoß und der erheblichen Zunahme des LKW-Verkehrs verbunden gewesen.
(Pressemitteilung des Aktionsbündnisses vom 18.12., gekürzt)
Durch die europäische Förderung aus dem sogenannten Just Transition fund (JTF) soll in den Braunkohlenregionen eine „vielfältige Wirtschaft entstehen, die krisenfest, tragfähig und regional verwurzelt ist.“ In der Praxis haben sich Großunternehmen, allen voran die LEAG, kräftige Anteile am Fördertopf gesichert, wie die „Neue Lausitz“-Recherche (€) bereits im Oktober feststellte.
Das Brandenburger Wirtschaftsministerium sieht die Fernwärme-Versorgung von Cottbus und Peitz auch ohne die von der LEAG geplante Müllverbrennungsanlage (MVA) am Standort Jänschwalde als gesichert an. „(...) Zudem könnte das neue Gasheizkraftwerk der Stadt Cottbus die technische Versorgungssicherheit auch ohne das Kraftwerk Jänschwalde gewährleisten. Für den deutlich geringeren Wärmebedarf der Stadt Peitz gibt es ebenso technische Alternativen zur Müllverbrennung“, erklärte das Haus von Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage.