Die Europäische Kommission hat offenbar entschieden, zwei Regionen in Polen von Förderung durch den Just Transition Fund auszuschließen. Die Entscheidung betrifft Lubelszczyzna und Turów. Um aus dem Just Transition Fund gefördert zu werden, muss tatsächlich ein Wandel weg von der Kohle stattfinden. Den hat die Kommission angesichts der Laufzeitverlängerung des Tagebaues Turów wohl nicht erkennen können.
20.09.2021. Dem Nachrichtenportal Eu-Info.de zufolge hat heute der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Geldstrafe gegen Polen verhängt: Trotz einstweiliger EuGH-Anordnung vom Mai habe Warschau den Braunkohle-Abbau im Tagebau Turów an der Grenze zu Tschechien und Sachsen nicht gestoppt. Deshalb müsse Polen ab sofort für jeden Tag, an dem es der Anordnung nicht nachkomme, 500 000 Euro Strafe in den EU-Haushalt zahlen.
Am 22. Februar teilte der tschechische Außenminister Tomáš Petříček der Öffentlichkeit mit, dass sein Land gegen die Genehmigung zum Weiterbetrieb des polnischen Braunkohlentagebaues Turów vor den Europäischen Gerichtshof ziehen wird. Es handelt sich dabei um die erste Klage eines EU-Mitglieds gegen ein anderes aus Umweltschutzgründen. Die Klage kritisiert eine unzureichende grenzüberschreitende Beteiligung der Öffentlichkeit. Von dem Tagebau des polnischen Staatskonzerns PGE ist die Trinkwassergewinnung in mehreren tschechischen Orten betroffen. In Widerspruch gegen die Genehmigung war auch die sächsische Stadt Zittau gegangen. Im Dezember hatte sich bereits die EU-Kommission den Kritikpunkten Tschechiens in einer Stellungnahme angeschlossen. Während es bei der beklagten Genehmigung noch um die Fortführung des Tagebaues bis 2026 geht, wurde inzwischen auch bekannt, dass PGE wohl im November 2020 auch die offizielle Verlängerung der Abbaulizenz bis 2044 beantragt hat (Pressemitteilung von MdEP Anna Cavazzini dazu).
Nachdem in der vergangenen Woche die LEAG nun auch offiziell auf die Abbaggerung von Proschim verzichtet hat, veröffentlichte die Mitteldeutsche Braunkohle AG (MIBRAG) am 21. Januar, dass sie die Orte Pödelwitz und Obertitz nicht mehr in Anspruch nehmen wird. In den vorangegangenen Jahren hatte das Unternehmen bereits die Mehrheit der Pödelwitzer Einwohner umgesiedelt. Etwa zwanzig Bewohner weigerten sich jedoch ihren Ort zu verlassen und machten Pödelwitz zu einem bundesweiten Symbol des Protestes gegen Braunkohleabbau. Wir gratulieren den Pödelwitzern zum Erhalt Ihrer Heimat! Jetzt kann eine nachhaltige Ortsentwicklung beginnen, für die bereits erste Vorschläge existieren. Die Strategie von Tagebaubetreibern, durch Umsiedlungen Tatsachen zu schaffen, bevor staatliche Entscheidungen zur Ausweitung eines Tagebaues vorliegen, hat in Pödelwitz einen schweren Rückschlag erlitten.
Die im März bis 2026 verlängerte Bergbaukonzession für den Braunkohletagebau Turów verstieß nach Ansicht der EU-Kommission gegen Europäisches Recht. Das ´machte die Kommission am 17. Dezember in einer Stellungnahme deutlich, die auf eine Beschwerde Tschechiens vom 30. September zurückgeht. Der Tagebau liegt nahe der Grenze zu Tschechien und Deutschland östlich von Zittau.
Bei einem Rechtsstreit zwischen zwei Mitgliedstaaten sieht Artikel 259 des EU-Vertrags vor, dass die Angelegenheit zunächst der Kommission zur Kenntnis zu bringen ist, die nach Anhörung beider Parteien innerhalb von drei Monaten eine mit Gründen versehene Stellungnahme abgibt.
Die geplante Fortführung des polnischen Tagebaues Turów würde deutlich größere Auswirkungen auf das Leben in der Stadt Zittau haben, als bisher durch die Betreibergesellschaft dargestellt wurde. Zu diesem Schluss kommt eine Studie, die am 12. Oktober in Zittau vorgestellt wurde. Die im Auftrag der tschechischen Frank Bold Society und Greenpeace Deutschland entstandene Arbeit des Geologen Dr. habil. Ralf E. Krupp kommt zu dem Schluss, dass von den Bergbauarbeiten erhebliche Risiken für die Stadt Zittau und die umliegenden Ortschaften ausgehen werden. Neben einer langwierigen Belastung der Neiße mit sauren Grubenwässern seien vor allem Grundwasserabsenkungen, Bodensenkungen im Zittauer Stadtgebiet von mehreren Zentimetern und im schlimmsten Fall ein Durchbruch der Neiße in das Tagebaugebiet zu befürchten.
(Kohlerundbrief vom 02.04.2020:) Die polnischen Behörden haben am 20. März die Kohleabbaukonzession für den umstrittenen Tagebau Turów verlängert. „Sie haben dies in aller Stille gemacht und trotz des Widerstands der Tschechischen Republik, der Europaabgeordneten und der Tschechen und Deutschen aus den Grenzstädten. Auf diese Weise vertieft Polen den Klimawandel und gefährdet die Beziehungen zu seinen Nachbarn in Zeiten, in denen Solidarität besonders nötig ist.“ kritisiert die polnische Umweltorganisation Eco-unia auf ihrer Webseite.
(Kohlerundbrief vom 11. Februar 2020:) Der Tagebau Turów an der tschechisch-polnisch-deutschen Grenze wurde gegen großen politischen Widerstand, vor allem aus Tschechien, genehmigt. PGE soll bis zum Jahr 2044 weiter Braunkohle abbauen dürfen. Für das Kraftwerk steht die Genehmigung eines neuen Blocks noch aus. Neben der fatalen klimapolitischen Wirkung bewirken Tagebau und Kraftwerk z.B. Grundwasserentzug in Tschechien und Deutschland, ausgestoßene Luftschadstoffe würden sich vor allem in Deutschland auswirken. Die polnische Umweltorganisation Eko Unia hat gemeinsam mit anderen daher eine Petition gestartet, die hier auf Deutsch verfügbar ist, und auch ausführliche Hintergrundinformationen enthält. Sie soll vor allem dabei helfen, auf EU-Ebene Aufmerksamkeit für den Fall zu bekommen.