Braunkohle ist der für das Weltklima schädlichste Energieträger. Die Klimaschutzziele Deutschlands, aber auch Brandenburgs erfordern eine baldige Stillegung der 500 MW-Blöcke in Jänschwalde und Boxberg, die zu klimaschädlichsten Kraftwerksblöcke Deutschlands zählen. Der Versuch, neue Tagebaue mit CO2-Abscheidung und Speicherung zu rechtfertigen, ist gescheitert: Vattenfall hat den Plan einer Pilotanlage in Jänschwalde und der CO2-Verpressung in Brandenburg im Dezember 2011 begraben. Für ein europaweites Leitungssytem zur Verpressung unter der Nordsee müsste der Steuerzahler Milliarden hinlegen, was weder sinnvoll noch realistisch ist.
Mit Braunkohle beheizte Kraftwerke setzen pro erzeugter Kilowattstunde Strom das meiste CO2 in die Atmosphäre frei. Zum Vergleich:
Braunkohlenkraftwerk alt: ca. 1200 g CO2/KWh
(z.B. 3000 MW in Jänschwalde, 1000 MW Boxberg)
Braunkohlenkraftwerk, heutige Technik: ca. 1000 g CO2/KWh
Steinkohlenkraftwerk: ca. 750 g CO2/KWh
Modernes Gaskraftwerk: ca. 360 g CO2/KWh
Das Kraftwerk Jänschwalde steht europaweit an fünfter Stelle unter den Klimakillern! Mit rund 25 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr verursacht es mehr als 2 Prozent aller deutschen CO2- Emissionen.
Das Klimaschutzziel Brandenburgs von 25 Mio. t im Jahr 2030 erfordert die Stillegung des Kraftwerkes Jänschwalde und schließt den Neubau herkömmlicher Kohlekraftwerke aus. Es wurde im Kabinett 2012 einstimmig beschlossen. Doch im Juni beschloss dasselbe Kabinett den Braunkohlenplan Welzow-Süd II und begründete ihn mit einem Szenario, das von 3 Millionen Tonnen höheren Emissionen ausgeht. Weitere Wortbrüche sind damit nicht ausgeschlossen, wenn sie nicht von Bürgerprotesten, Gerichten oder Bundespolitik unterbunden werden.
Zeitweise erwog die brandenburgische Landesregierung angeblich, die Pflicht zur CO2- Abscheidung als landesplanerisches Ziel zu beschließen. (Antwort auf eine kleine Anfrage, Landtagsdrucksache 4-5312) Meinte sie es ernst, hätte sie es Landesentwicklungsplan aufgenommen, der zu diesem Zeitpunkt gerade in Bearbeitung war. Im Juni 2009 stellten die Landesbehörden gegenüber dem Braunkohlenausschuss klar, dass das auch in den einzelnen Braunkohlenplänen nicht passieren wird. Mehr noch: Die Umweltprüfung für Braunkohlepläne betrachtet den Verbleib des CO2 (die schlimmste Umweltfolge der Kohlenutzung) überhaupt nicht!
12.07.2012: Der Hamburger Energieexperte Jeffrey H. Michel hat über Monate weltweite Veröffentlichungen zur CO2-Abscheidung an Kohlekraftwerken analysiert und kommt zu einem vernichtenden Ergebnis: CCS wird entweder nicht zur Anwendung kommen oder den Klimawandel sogar verschärfen.
Michel konstatiert eine globale Tendenz dahin, dass die CCS-Projekte statt dem Klimaschutz vor allem einer gesteigerten Öl- und Gasförderung dienen sollen. „Die zusätzlich gewonnenen Brennstoffe emittieren jedoch bei der anschließenden Verbrennung mehr CO2, als durch gespeichertes Kohlendioxid vermieden wird. Diese CCS-Anwendung läuft deshalb dem globalen Klimaschutz zuwider.“ heißt es in der Studie „CO2-reduzierte Stromerzeugung in Kohlekraftwerken“, die heute in deutscher Übersetzung im Internet veröffentlicht wird.
Der Energieexperte stellt darin eine Reihe von Problemen der CCS-Technologie dar, die bisher nahezu kein öffentliches Interesse gefunden haben, darunter der stark erhöhte Verbrauch von Wasser im Kraftwerksprozess. „Begrenzte Wasserressourcen stehen häufig der zusätzlichen Kühlleistung entgegen, die zur CO2-Abscheidung und - Verdichtung vor der Einleitung in unterirdische Lagerstätten aufgebracht werden muss.“ heißt es in dem Papier.
Entgegen der gängigen Vorstellung noch lange verfügbarer Kohlevorräte kommt Michel auch zu dem Schluss, dass weltweit schwindende Kohlereserven die Anwendung von CCS prinzipiell einschränken: „CCS würde deren Verbrauch zusätzlich intensivieren und damit möglicherweise neu errichteten Kraftwerken eine ausreichende Brennstoffversorgung bereits vor Ende ihrer normalen Lebensdauer in Frage stellen.“ schreibt der Hamburger Experte.
Die deutschsprachige Fassung der Studie ist auf der Internetseite heuersdorf.de als pdf-Datei verlinkt:
www.heuersdorf.de/CCS-Studie1.html
Eine englischsprachige Fassung ist verlinkt unter:
www.heuersdorf.de/CCS-Study1.html
Zum Hintergrundpapier (pdf, 8 S., 68 KB)
Potsdam, 25.10.2010: Nach Auswertung der von Vattenfall vorgelegten Unterlagen zum geplanten CCS-Demonstrationskraftwerk kritisieren Umweltverbände und Bürgerinitiativen das Konzept und bezeichnen es als unverantwortlich. Die Lausitzer Bürgerinitiative „Klinger Runde“, die BI „CO2-Endlager stoppen“ und der Umweltverband GRÜNE LIGA stellen heute in Potsdam ein Hintergrundpapier zu ihren Schlußfolgerungen vor.
Vattenfall plant als „Block G“ den Neubau eines weiteren Kohlekraftwerkes statt der bisher vorgesehenen Umrüstung von Teilen des bestehenden Kraftwerkes auf CCS. „Damit löst sich das wichtigste Argument für CCS in Luft auf: " Wir Bürger sollen die Verpressung unter bewohntem Gebiet dulden, ohne dass Vattenfalls Kraftwerke dadurch weniger in die Atmosphäre ausstoßen! Die Landesregierung begeht Betrug am Bürger, wenn sie dieses Konzept zuläßt.“ sagt Mike Kess von der Bürgerinitiative „CO2-Endlager stoppen“ aus Beeskow.
Thomas Burchardt vom Lausitzer Netzwerk „Klinger Runde“ ergänzt: „CCS wird für dieselbe Menge Strom etwa ein Drittel mehr Kohle, Landschaften und Dörfer verbrauchen. Darauf deuten auch die von Vattenfall vorgelegten Zahlen hin. Mit ihrem starren Festhalten an der Braunkohle und CCS verweigert sich die Landesregierung der Realität. Das verhindert die zukunftsgerechte Umgestaltung der Region Lausitz.“
Die wegfallenden CO2-Minderungen sollen laut Vattenfall unter anderem durch Mitverbrennung weltweit eingekaufter Holzhackschnitzel in den bestehenden Braunkohlekraftwerken ausgeglichen werden. „Vattenfalls Konzept ist eine Mogelpackung. Das weltweit eingekaufte Holz würde ohne Wärmenutzung verschwendet. Wenn außerdem plötzlich massive Wirkungsgradsteigerungen der Altkraftwerke versprochen werden, warum wurde diese Möglichkeit bisher verschwiegen?“ fragt René Schuster von der GRÜNEN LIGA.
Allein der steigende Wasserverbrauch reicht aus, um den Kraftwerksbau abzulehnen: Um 1,7 Millionen Tonnen CO2 abzuscheiden und zu verpressen, soll das Kraftwerk 7 Mio. Kubikmeter mehr Wasser benötigen als bisher.
Mit nur 95prozentiger Reinheit des zu verpressenden CO2 will Vattenfall aus wirtschaftlichen Gründen hinter dem technisch Erreichbaren von vornherein zurückbleiben.
Ab 2015 will der Energiekonzern Vattenfall mit der großtechnischen Abscheidung von CO2 und dessen Verpressung unter bewohntem Gebiet beginnen.
„Carbon Capture and Storage“ steht für Abtrennung von Kohlendioxid und Speicherung in unterirdischen Lagerstätten. Vattenfall verfolgt dabei das Grundprinzip des Oxyfuel-Prozesses, bei dem die Verbrennung mit reinem Sauerstoff anstelle von Luft erfolgt. Das dabei entstehende Rauchgas enthält keinen Luftstickstoff mehr, dafür steigt der CO2-Gehalt auf 75 bis 90 Prozent. Verbrennung mit reinem Sauerstoff bedeutet unerwünscht hohe Temperaturen im Brennraum. Die für eine derartige Hochtemperaturverbrennung über 800 °C nötigen Hochofenmaterialien sind großtechnisch noch nicht verfügbar. Zum Abkühlen wird ein Teil des Abgases zurückgeführt und damit gleichzeitig die CO2-Konzentration erhöht. Beim Oxyfuel- Verfahren wird ein Wirkungsgrad von 50 Prozent angestrebt. Lufttrennung und Verflüssigung reduzieren diesen aber wieder um 8 bis 15 Prozentpunkte. Bei konstanter Kraftwerksleistung müsste also mehr Brennstoff eingesetzt werden.
Bisher ungeklärt ist die Frage der Lagerstättenkapazitäten für das CO2. In Frage kommen alte Gas- oder Erdöllagerstätten, wo das Abgas zum Auspressen der Restbestände genutzt werden kann. Damit wird die suggerierte Klimaneutralität durch CCS aufgehoben. Weiterhin wird in Ketzin bei Berlin an einem Speicher in salinen Aquiferen (salzhaltigen Wasserschichten in großer Tiefe) geforscht. Das flüssige CO2 löst sich im Salzwasser und presst es zum Teil aus den Gesteinsporen.
Die Lagerstättensicherheit ist ebenfalls fraglich. Das Gas wird an einem Ort stark konzentriert, ein plötzliches Austreten muss aber vermieden werden. Zudem bildet Kohlendioxid mit Wasser Kohlensäure, die mit dem Gestein oder der Verschlusstechnik der Bohrungen reagieren kann. CO2 besitzt keine Halbwertszeit. Es ist deshalb fraglich, wie eine gegen Null gehende Leckrate für Jahrtausende garantiert werden soll. Technische Vorkehrungen und Monitoring-Systeme erfordern noch viel Forschung und Entwicklung, können als Argument für den Neubau von Kraftwerken also nicht herhalten.
Auch wenn die Technik zur Herstellung reinen Sauerstoffs zur Verfügung steht ist unklar, ob er in den benötigten Größenordnungen wirtschaftlich produzierbar ist. Am Ende des Oxyfuel- Prozesses steht die Verflüssigung des Abgases. Auch hier sind neben der Rauchgasreinigung hohe Mengen an Energie nötig, was den Wirkungsgrad senkt und die Kosten in die Höhe treibt. Die Frage des Abgastransportes soll in der Versuchsanlage Schwarz Pumpe mit Tanklastzügen gelöst werden. Für spätere größere Anlagen kommen Pipelines in Frage. Trassenführung, Sicherheitsfragen und Flächenverbrauch sind dabei zu beachten, wurden aber noch nie diskutiert. Keinesfalls ist mit einer 100 prozentigen CO2-Abscheidung zu rechnen, das Wuppertal-Institut geht von maximal 75 Prozent CO2-Abscheidung aus.(6)
Nachdem Vattenfall sie während des brandenburgischen Volksbegehrens "Keine neuen Tagebaue" noch verschwiegen hatte, veröffentlichte der Konzern im März 2009 die beabsichtigten Verpressungsgebiete: weite Teile Brandenburgs um Beeskow und Neutrebbin. Hier traf das Unternehmen auf massiven Widerstand der Bevölkerung, was gemeinsam mit dem Widerstand in anderen Bundesländern die Schaffung eines CCS-Gesetzes ("Kohlendioxid-Speichergesetz") deutlich verzögerte. Im Dezember 2011 gab Vattenfall schließlich den Plan der Demonstrationsanlage in Jänschwalde auf.