Die Lausitz gehört zu den am stärksten vom zunehmenden Wassermangel betroffenen Teilen Deutschlands. Diesen Klimawandel hat die Braunkohleverstromung mitverursacht. Zusätzlich wurde und wird für die Tagebaue das kostbare Grundwasser abgesenkt, was sich kilometerweit ins Umland auswirkt. Die chemischen Veränderungen des Wassers in den Tagebauen führen zu braunem Ockerschlamm in vielen Gewässern. Für mehr als 2 Millionen Wasserkunden in Berlin und Frankfurt (Oder) ist die Trinkwasserqualität gefährdet, weil der Bergbau riesige Mengen Sulfat in die Spree einträgt. Die Kosten solcher Bergbaufolgen drohen statt auf den Verursacher auf Verbraucher und Steuerzahler umgelegt zu werden. (Foto: Tiefbrunnen zur Tagebauentwässerung)
Cottbus, 12.06.2023. Das Umweltnetzwerk GRÜNE LIGA fordert aus Anlass der heutigen Veröffentlichung der Studie des Umweltbundesamtes zum Wasserhaushalt im Lausitzer Kohlerevier, in der Diskussion um nachbergbaulichen Wassermangel in der Spree die Pflichten des Tagebaubetreibers nicht auszublenden.
„Der nachbergbauliche Wassermangel wird zu einem bedeutenden Teil durch den Braunkohleabbau selbst verursacht. Die Studie blendet die nach dem Verursacherprinzip notwendigen Beiträge der Tagebaubetreiber zur Lösung des Wasserproblems aus. Doch genau die müssen schnellstmöglich diskutiert und verbindlich festgelegt werden.“ sagt René Schuster, Braunkohle-Experte des Verbandes.
Bei einem öffentlichen Vortrag an der BTU Cottbus am 9. Mai sprach Dr. Andreas Will vom Fachgebiet Atmosphärische Prozesse gestern über die „Physik der Verdunstung über Wasser- und Landoberflächen sowie Ergebnisse hochauflösender Klimamodellierung für die Region Lausitz“. Dabei wurde die alarmierende Erhöhung der Verdunstung durch Tagebauseen deutlich.
Dr. Will ist daran beteiligt, das Klima deutlich engmaschiger als bisher zu modellieren. Das von ihm mitentwickelte Lausitz-Modell erreicht so als bisher erstes eine Auflösung, mit der auch die künstlichen Tagebauseen und ihre Effekte abgebildet werden können. (Das Modell berechnet das Lausitzer Klima mit 301 x 401 x 80 Gitterpunkten in 10-Sekunden-Schritten)
Im Ergebnis zeigten die Tagebauseen keinen Einfluss auf den Niederschlag in der Region, haben aber eine um ein vielfaches höhere Verdunstung als die Landflächen, die sie ersetzt haben. „Mehr Verdunstung gibt nicht mehr Niederschlag, jedenfalls nicht in der Lausitz“ fasst Andreas Will zusammen. Bei 258 Quadratkilometern Tagebauseen gehen der Region in heißen trockenen Sommern bis zu 14 Kubikmeter pro Sekunde verloren. Bisher wurden einzelne Jahre der Vergangenheit mit dem Modell betrachtet, eine Modellierung der Klimaentwicklung bis zum Jahr 2100 ist in den nächsten zwei Jahren geplant.
Die ersten drei Monate des Jahres waren in der Lausitz überdurchschnittlich regenreich, wie der Blick auf Wetterkontor.de verrät. Verglichen mit dem langjährigen Mittel der Jahre 1961-90 fielen in der Station Cottbus im Januar 146 %, im Februar 139 % und im März sogar 185 % der Regenmenge. In den oberen Bodenschichten herrscht zum Beginn des Frühjahrs das, was in alten Landwirtschaftslehrbüchern die Winterfeuchte genannt wird und und in den letzten Jahren längst keine Selbstverständlichkeit mehr war. Das ermöglicht den Ackerkulturen seit langem mal wieder einen optimalen Start in die Wachstumsperiode und auch für den ersten Heuschnitt auf den Wiesen dürfte sicher gesorgt sein. Ist die Dürre damit abgehakt?
Cottbus, 10.11.2022. Das Umweltnetzwerk GRÜNE LIGA ist heute im Brandenburgischen Braunkohlenausschuss Darstellungen entgegengetreten, der politisch beschlossene Braunkohleausstieg wäre die Ursache des drohenden Wassermangels in der Lausitz. In der Sitzung des Gremiums stellte das Umweltbundesamt einen Zwischenstand des von ihm beauftragten Gutachtens „wasserwirtschaftliche Folgen des Braunkohlenausstieges in der Lausitz“ in der Lausitz vor.
„Das Umweltbundesamt hat uns ausdrücklich bestätigt, dass eine Zuweisung der Verantwortung für die erwartete Wassersituation an den Kohleausstieg irreführend und sachlich falsch ist. Angesichts des irreführenden Gutachten-Titels erwarten wir auch öffentlich eine klarere Kommunikation in dieser Frage.“ sagt René Schuster, Vertreter der Umweltverbände im Ausschuss.
Schuster weiter: „Es bleibt nicht akzeptabel, dass ein Tochterunternehmen und mehrere regelmäßige Auftragnehmer des Kohlekonzerns mit dem Gutachten beauftragt wurden. Es bestand die Möglichkeit, solche Interessenkonflikte der Gutachter in den Ausschreibungskriterien auszuschließen, diese wurde aber nicht genutzt.“
Während in der Lausitz in tieferen Bodenschichten die Dürre von 2018 bis heute nicht zu Ende ist, erwartet ein Teil der Wissenschaftler durch den Klimawandel steigende Wasserverfügbarkeit. Für Verantwortliche ist die Versuchung groß, das als Ausrede zu nutzen um nichts ändern zu müssen. Davon kann auch die Rekultivierung der Lausitzer Tagebaue betroffen sein. Doch verantwortbar wäre ein solches Zurücklehnen gerade nicht.
Dieser Beitrag erschien als Gastkommentar auf klimareporter.de:
Ingolf Arnold, bis 2020 Leiter der Abteilung Geotechnik des Lausitzer Tagebaukonzerns Leag, wird gern wahlweise als "Lausitzer Wasser-Papst" oder "Vater des Cottbuser Ostsees" bezeichnet. In der RBB-Dokumentation "Warten auf den Ostsee" gab er sich wenige Monate nach seiner Pensionierung optimistisch, dass die Flutung des Braunkohletagebaus Cottbus-Nord 2025 abgeschlossen sein wird. Denn, so Arnold im O-Ton: "Wir haben jetzt eine Phase von drei Trockenjahren hinter uns, und die Wahrscheinlichkeit, dass wir ab dem Jahr 2021, spätestens 2022 mal wieder richtige fette Jahre kriegen, steigt von Tag zu Tag. Der liebe Gott wird ein Einsehen haben, natürlich."
Inzwischen ist dazu der Faktencheck möglich: