Freiberg/Cottbus, 16.10.2020. Die GRÜNE LIGA hat gemeinsam mit privat betroffenen Grundeigentümern eine ausführliche Einwendung gegen die Verlängerung der Zulassung des Tagebaues Nochten eingereicht. Der Kohlekonzern LEAG hatte zuvor eine Verlängerung der bislang zum 31.12.2026 auslaufenden Zulassungsbescheides beantragt. Zahlreiche Bürger*innen, der BUND Sachsen und die Deutsche Umwelthilfe reichten ebenfalls kritische Einwendungen beim sächsischen Oberbergamt in Freiberg ein. Auch die Frankfurter Wasser- und Abwassergesellschaft (FWA) teilte auf Nachfrage mit, dass sie eine Einwendung in diesem Verfahren eingereicht hat.
Der Kohlekonzern LEAG hat beantragt, dass der Rahmenbetriebsplan „Weiterführung des Tagebaus Nochten 1994 bis Auslauf“ verlängert wird, der bisher auf den 31.12.2026 befristet ist. Einwendungen dagegen müssen bis zum Montag 12. Oktober beim Sächsischen Oberbergamt eingehen.
Etwa 100 Teilnehmer kamen am Sonntag am Tagebau Nochten auf dem von der Umweltgruppe gepachteten Waldgrundstück zusammen. Auf einem Waldspaziergang der GRÜNEN LIGA – Umweltgruppe Cottbus wurde die Forderung unterstrichen, dass der Tagebau ausreichend Abstand zu den benachbarten Dörfern einhalten muss. Neben Betroffenen aus der Lausitz kam auch der Naturführer Michael Zobel auf dem Rheinland zu Wort. Zobel, der mit seinen Waldführungen am bedrohten Hambacher Wald bundesweite Berühmtheit erlangte, kritisierte den zögerlichen Kohleausstieg. Für den Wald in Deutschland sei die aktuelle Wasser- und Klimakrise bereits schon heute eine Katastrophe. Für Zobel lohne es sich um „jeden Quadratmeter Wald“ zu kämpfen, auch wie es derzeit in der Lausitz passiert. Jeden Tag, an dem weiter gebaggert wird, sei eine „Versündigung an der Schöpfung“, so der Naturführer.
Für diese Woche hat die LEAG angekündigt, mit dem Abriss zweier leerstehender Gehöfte in Mühlrose zu beginnen. Notwendig zur Vorbereitung des Tagebaus ist das nicht, weil das "Sonderfeld Mühlrose" bergrechtlich noch nicht einmal zum Abbau beantragt ist. Vermutlich sollen die Abrisse Bleibewillige psychisch unter Druck setzen, indem ein Teil ihrer gewohnten Umgebung zerstört wird.
Einen ähnlichen Fall hat es vor Jahren in Rohne gegeben: Während noch das Braunkohleplanverfahren lief, riss der damalige Tagebaubetreiber Vattenfall bereits ein zentral im Dorf gelegenes Gehöft ab. Das Dorf Rohne allerdings steht heute immer noch, während Vattenfall und die Umsiedlungsplanung verschwunden sind.
Am von der Umweltgruppe Cottbus gepachteten Grundstück im Vorfeld des Tagebaus Nochten konnten Besucher unlängst ein Schauspiel der besonderen Art miterleben. Weißes Damwild graste auf einer Lichtung und zog dann am Waldrand vorbei. Eine umfangreiche Population dieser seltenen Tiere soll bis in die 70er-Jahre hinein in den Gemarkungen von Sabrodt, Gosda und Jessen existiert haben. Allerdings habe der Tagebau Welzow-Süd sie wohl in andere Gebiete abgedrängt, weshalb die weißen Tiere inzwischen in der Spremberger Region nicht mehr zu beobachten seien. Wenn nun der Tagebau Nochten weiter voranschreitet, wird der Lebensraum der Tiere auch dort immer kleiner. Eine Anwohnerin berichtete von einem Aberglauben: Wer einen weißen Hirsch tötet, soll binnen eines Jahres sterben. Daher würden es Jäger meiden die Tiere zu schießen. Ob der Aberglaube auch für die Verkleinerung des Lebensraumes gilt, bleibt offen.
(Kohlerundbrief vom 2. September 2019:) „Nochten heute“, die Zeitschrift des Aktionsbündnisses Strukturwandel jetzt – kein Nochten 2 ist in der vergangenen Woche mit einer Sonderausgabe zur Umsiedlung von Mühlrose erschienen. Darin wird den Betroffenen bewusst gemacht, dass der Tagebau Nochten-Sonderfeld derzeit weder beantragt noch genehmigt ist. Bisher wurden die Einwohner überwiegend von LEAG, Gemeinde und Staatsregierung informiert, wobei der Tagebau stehts als unabwendbar erscheint. Tatsächlich ist die Wahrscheinlichkeit eines Kohleabbaus im Nochtener Sonderfeld schon mit den Empfehlungen der Kohlekommission im Januar rapide gesunken.
(Kohlerundbrief vom 22. Juli 2019:) Das sorbische Parlament Serbski Sejm(1) hat gemeinsam mit sächsischen Umweltverbänden und zwölf bleibewilligen Einwohnern in einer Erklärung den Erhalt des Dorfes Mühlrose gefordert. Anders als von der “Lausitzer Rundschau” am 19. Juli berichtet, war die Erklärung nicht von sieben, sondern von zwölf Einwohnern von Mühlrose unterzeichnet, ohne dass man daraus den Schluss ziehen kann, alle anderen Einwohner würden umsiedeln wollen. Die “Sächsische Zeitung” berichtete dagegen nicht nur die Zahl korrekt, sondern liess in ihrem Artikel auch den Bürgermeister von Trebendorf zu Wort kommen. Zur Rechtslage um die drohende Umsiedlung hat die GRÜNE LIGA- Umweltgruppe Cottbus einen Hintergrundartikel unter dem Titel “Sonderfeld Mühlrose: Wer entscheidet wann?” veröffentlicht.
(1) Der serbski sejm ist eine Initiative, die politische Vertretung der Sorben/Wenden nicht durch einen Verein (wie den etablierten Dachverband Domowina) sondern durch ein gewähltes Parlament zu gestalten. 2017 wurde dazu eine erste Wahl organisiert, konkrete Befugnisse oder finanzielle Mittel wurden dem sejm aber von der Landes- und Bundespolitik bisher nicht zugestanden, die weiter auf die Domowina als Ansprechpartner setzt. In Brandenburg wird zudem ein fünfköpfiger Sorben-/Wendenrat als beratendes Gremium des Landtages direkt gewählt, der nicht mit dem serbski sejm identisch ist.