Stopp des Tagebaues Jänschwalde würde nicht die von der LEAG behaupteten Umweltschäden verursachen

Heute hat die LEAG eine Pressemitteilung mit dem Titel „Rechtsstreit um Tagebau Jänschwalde: Stopp hätte fatale Folgen“ veröffentlicht. Damit veröffentlicht das Unternehmen eine Auswahl der von ihm im Gerichtsverfahren vorgebrachten Argumente. Darauf haben Deutsche Umwelthilfe und GRÜNE LIGA im gerichtlichen Verfahren bereits Mitte Januar erwidert. Wir gehen nicht davon aus, dass die Behauptungen der LEAG sich vor Gericht halten lassen. Zu beachten sind insbesondere folgende Zusammenhänge:

Herbeikonstruierte Umweltschäden

In der Pressemitteilung der LEAG bedroht plötzlich nicht der Tagebau, sondern dessen Stopp „den Durchfluss der Malxe, die Wasserverhältnisse der Bärenbrücker Teiche und der Jänschwalder Laßzinswiesen, sowie eine Vielzahl an Schutzgebieten wie Moore und Feuchtwiesen im nördlichen Umfeld des Tagebaus Jänschwalde“. Doch bei genauem Hinsehen wagt die LEAG selbst nicht zu behaupten, dass das von ihr suggerierte Szenario eintreten würde. Sonst würde sie in ihrer Pressemitteilung nicht formulieren „Würde die sofortige Einstellung der Kohleförderung sogar eine veränderte Bergbaufolgelandschaft erzwingen, in der die Umsetzung des geplanten 3-Seen-Konzeptes nicht mehr möglich wäre ...“

Ein früherer Stopp des Tagebaues erzwingt zwar die Überarbeitung derzeitiger LEAG-Planungen. Jedoch müssen diese ohnehin gerade noch auf ihre Genehmigungsfähigkeit geprüft und dabei ggf. auch verändert werden. (dazu unten ausführlich). Weder beim raumordnerischen Zielabweichungsverfahren, noch beim Abschlussbetriebsplan oder einer erneuten wasserrechtlichen Erlaubnis kann vorausgesetzt werden, dass diese unverändert in der von der LEAG gewünschten Weise zugelassen werden. In allen drei Verfahren haben die nötigen Beteiligungsverfahren noch gar nicht begonnen.

Es gibt letztlich keine Hinweise darauf, dass ein 3-Seen-Konzept nicht auch bei einem früheren Stopp des Tagebaues möglich wäre. Wo von einer „bereits erfolgten Optimierung der Bergbaufolgelandschaft“ die Rede ist, wird verschwiegen, dass dieser rein LEAG-interne Vorgang keinerlei behördliche Prüfung durchlaufen hat und dass Varianten mit früherem Ende des Tagebaues dabei gar nicht untersucht wurden. Auch diese lassen sich hinsichtlich der nachbergbaulichen Grundwasserverhältnisse optimieren.

Das 3-Seen-Konzept beruht auf der grundsätzlichen Konstellation eines offenen Randschlauches am westlichen und nördlichen Rand des Tagebaues, der nach Abschluss der Kohleförderung teilweise verfüllt wird, wobei die Seen durch Verzicht auf die Verfüllung an verschiedenen Stellen angeordnet werden können. Dieselbe Konstellation besteht auch bei einem früheren Stopp der Kohleförderung. Dabei wird der verbleibende Hohlraum (Massendefizit) sogar um die Menge der nicht mehr geförderten Kohle geringer, der teilweise aufzufüllende Westrandschlauch wird kürzer.

Die behaupteten Folgen für den Naturhaushalt beruhen ausschließlich auf der Behauptung eines nirgends verfüllten Randschlauches, bei dem theoretisch ein durchgehender See von Taubendorf bis Heinersbrück entstehen müsste. Dabei wird verschleiert, dass es zu dieser Form der Rekultivierung niemals kommen würde, da ein Abschlussbetriebsplan mit den aufgezählten Folgen schon an der Zulassungsvoraussetzung der Vermeidung von Allgemeinschäden scheitern würde.

Verschwiegen wird auch, dass sämtliche Verfüllungen des Randschlauches ohnehin erst nach Beendigung der Kohleförderung vorgesehen sind: „Zum Erreichen dieser Zielstellungen sind größere Massenbewegungen nach Beendigung der Kohleförderung im Tagebau erforderlich. Die zur Schließung eines Teiles des verbleibenden offenen Tagebauraumes erforderlichen Bodenmassen werden von noch nicht rekultivierten Kippenflächen umlagert.“ (Quelle: IGBW, Hydrogeologisches Großraummodell Jänschwalde HGM JaWa Grundwasserströmungsverhältnisse in der Bergbaufolgelandschaft Jänschwalde Herleitung des 3-Seen-Konzeptes, 28.10.2021).

Dass die Massen zur Verfüllung des (dann kleineren) Restraumes nicht im Bereich des Tagebaues verfügbar wären, wurde nicht dargelegt. Die dazu ggf. erforderlichen Untersuchungen müsste die Bergbehörde unverzüglich veranlassen. In jedem Fall sinkt bei einer Tagebauverkleinerung nicht nur die Verfügbarkeit von Vorschnittmassen im Tagebauvorfeld, sondern natürlich auch der Bedarf an diesen Massen bei der Rekultivierung der dann kleineren Kippe. Sollten sich beide Effekte nicht vollständig ausgleichen und einzelne Bereiche weitere Massen erfordern, kann und muss die Bergbehörde dafür sorgen, dass diese gewonnen werden. Dabei hat sie allerdings vorrangig bereits abgebaggerte Massen zu nutzen.

Die LEAG argumentiert, dass die Umweltprüfungen zur Neubewertung, insbesondere der Verträglichkeit mit den Anforderungen aus der Wasserrahmenrichtlinie sowie der Natura 2000-Richtlinie, neu durchgeführt werden müssten.“ Dieser Satz offenbart, dass den beiden genannten Prüfungen zum Hauptbetriebsplan das noch gar nicht genehmigte Drei-Seen-Konzept zugrunde gelegt wurde. Damit hat die Bergbehörde im Februar 2020 einen Betriebsplan zugelassen, der auf der Annahme einer Abweichung vom geltenden Braunkohlenplan beruhte, die bis heute nicht genehmigt wurde!

Was ist eine „geordneten Beendigung des Tagebaubetriebes“?

Die Argumentation der LEAG beruht offenbar auf der Annahme, dass die von ihr unternehmerisch geplante Beendigung und Rekultivierung des Tagebaues die einzig mögliche und einzig sinnvolle geordnete Beendigung des Tagebaubetriebes darstellt. Allerdings existiert bisher keine einzige rechtsstaatliche Entscheidung, welche diese konkrete Rekultivierungsplanung zum Gegenstand hatte. Tatsächlich gefährdet der zugelassene Hauptbetriebsplan die geordnete Beendigung des Tagebaubetriebes, da er vor einer rechtsstaatlichen Entscheidung über die Rekultivierungsplanung Tatsachen und Sachzwänge schafft.

Der Braunkohlenplan Tagebau Jänschwalde wie auch der zugelassene Rahmenbetriebsplan haben die vom Tagebaubetreiber selbst vorgelegte Rekultivierungsplanung verbindlich festgelegt und dabei die Schaffung des „Taubendorfer Sees“ vorgesehen. Seit ihrem „Revierkonzept 2017“ ist die LEAG nun der Auffassung, dass stattdessen drei kleinere Seen mit unterschiedlichen Wasserstandshöhen herzustellen sind. Ihre Vorstellungen weichen damit seit März 2017 vom geltenden Braunkohlenplan ab. Die LEAG argumentiert „seit 2017“ habe sie „festgestellt, dass die bisher vom Braunkohlenplan skizzierte Bergbaufolgelandschaft (...) nachbergbaulich zu erheblichen Auswirkungen auf die Grundwasserdynamik sowie zu einer wesentlichen Verschiebung der Wasserscheide zwischen den Flussgebieten der Spree und Lausitzer Neiße, respektive den Hauptstromgebieten Elbe und Oder zu Lasten des Spreegebietes gegenüber der vorbergbaulichen Situation führen würde.“

Es ist bei näherer Betrachtung dieser Argumentation bereits wenig glaubwürdig, dass derartig gravierende Folgen des Taubendorfer Sees erst durch eine Überarbeitung des Grundwassermodells im Jahr 2017 aufgefallen sein sollen. Dazu müssen entweder frühere Untersuchungen grob falsch gewesen oder die langfristigen Folgen der Rekultivierungsplanung auf den Wasserhaushalt bewusst vernachlässigt worden sein.

Doch erst weitere dreieinhalb Jahre später, im Oktober 2020 stellte die LEAG bei der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung den Antrag auf Zielabweichung nach § 6 Abs. 2 ROG. Es ist kaum vorstellbar, dass die für einen Zielabweichungsantrag erforderlichen Prüfungen nicht in gleicher Tiefe für den Beschluss des Revierkonzeptes durch den Aufsichtsrat des Unternehmens Anfang des Jahres 2017 vorgelegen haben. Zumindest wurde das als Ergebnis „seit 2017“ durchgeführter Untersuchungen dargestellte Konzept bereits im Frühjahr 2017 inhaltsgleich vom Unternehmen öffentlich verkündet. (LEAG legt Drei-Seen-Konzept für Jänschwalde vor, Pressemitteilung der Beigeladenen vom 17.05.2017, https://www.leag.de/de/news/details/leag-legt-drei-seen-konzept-fuer-jaenschwalde-vor/ (Zugriff: 13.01.2022)

Ein im Frühjahr 2017 eingeleitetes Zielabweichungsverfahren hätte im Jahr 2020 bereits abgeschlossen sein können. Da Zielabweichungsverfahren aber erst aufgrund eines Antrages eingeleitet werden können, drängt sich der Eindruck auf, dass die LEAG die landesplanerische Klärung zu ihrer Rekultivierungsplanung bewusst verzögert hat.

Zudem ist die Wahl des Verfahrens umstritten. Auf eine Planänderung mit formeller Umweltprüfung, Öffentlichkeitsbeteiligung und Einvernehmen mit den betroffenen Kommunen kann nur verzichtet werden, wenn die Aspekte der Zielabweichung nicht bereits im Planaufstellungsverfahren erörtert wurden und sie nicht die Grundzüge des Braunkohlenplans berühren. Die Zielkarte Bergbaufolgelandschaft inklusive des Taubendorfer Sees ist ohne Zweifel im Planverfahren erörtert worden. Welche Ortschaft künftig an einem See liegen soll, dürfte zudem auch zu den Grundzügen der Planung gehören.

In dem offensichtlichen Bestreben, ein Planänderungsverfahren zu vermeiden, hat die LEAG bei ihrer internen Variantenprüfung den „Beibehaltung der Flächenbilanz des BKP trotz räumlicher Verschiebung von Wasser- und Festlandsflächen“ (siehe Schriftsatz S. 113) als eine „Prämisse“ genutzt. Die Suche nach der für den Wasserhaushalt optimalen Rekultivierung wurde damit durch ein sachfremdes Kriterium erheblich eingeschränkt. Ebenso wurde ein früheres Ende des Tagebaues nicht betrachtet, obwohl dies beispielsweise ein Anschneiden der Taubendorfer Rinne mit dem Brücken- und Grubenbetrieb vermeiden könnte. Ein rechtzeitig eingeleitetes Planänderungsverfahren war dringend geboten und hätte beide Probleme vermieden.

Parallel wurde auch der Antrag zum bergrechtliches Abschlussbetriebsplan (ABP) „im Dezember 2020 sowie nach Überarbeitung entsprechend der behördlichen Vollständigkeits- und Plausibilitätsprüfung im Oktober 2021“ erst so spät gestellt, dass bisher noch kein Beteiligungsverfahren stattfinden konnte. Eine Zulassung des „Drei-Seen-Konzeptes“ im Rahmen des ABP ist dabei auf dessen Übereinstimmung mit dem geltenden Braunkohlenplan angewiesen.
Anschaulich dargestellt ist die Debatte im regionalen Arbeitskreis des Braunkohlenausschusses am 12. August 2021 in diesem Bericht: „Rekultivierung des Tagebaues Jänschwalde völlig ungeklärt“ (https://www.kein-tagebau.de/index.php/de/tagebaue-alt/jaenschwalde/726-aus-dem-arbeitskreis-jaenschwalde-des-braunkohlenausschusses )

Widersprüche ohne Ende

Zu Reichweite und Dauer der Tagebauentwässerung gibt es seit vielen Jahren widersprüchliche Angaben, die allesamt auf die LEAG bzw. ihre Vorgängerunternehmen zurückgehen:

Der Braunkohlenplan Tagebau Jänschwalde legt in Ziel 11 fest: „Die Grundwasserabsenkung ist räumlich und zeitlich so zu betreiben, dass ihr Ausmaß und ihre Auswirkungen unter Berücksichtigung der bergsicherheitlichen Notwendigkeiten so gering wie möglich gehalten werden.“ In der Begründung zu Ziel 9 des Plans heißt es: „Der Einwirkungsbereich ist durch die Reichweite der bergbaubedingten Grundwasserabsenkung gekennzeichnet (Anlage 3).“ In dieser Anlage 3 (Erläuterungskarte) ist die „bergbauliche Beeinflussungslinie“ für das Jahr 2019 abgebildet. (Hinweis: Im Internet nur der Verordnungstext, nicht aber auch die Anlage 3 veröffentlicht. Diese liegt uns jedoch vor.) Damit geht der geltende Braunkohlenplan offensichtlich von einem maximalen Bergbaueinfluss zum Zeitpunkt der Beendigung der Kohleförderung im Jahr 2019 aus.

Nach der im Jahr 2008 verkündeten Laufzeitverlängerung des Tagebaues bis ca. 2025 wurde dieses Jahr vom Bergbaubetrieb als Ende der Grundwasserhebung des Tagebaues dargestellt: In der Untersuchung, welche die Beigeladene im Jahr 2010 als Grundlage für die Umweltprüfung zum Braunkohlenplan Tagebau Welzow-Süd bei der gemeinsamen Landesplanungsabteilung einreichte, heißt es: „Die TGB Cottbus Nord und Jänschwalde stellen gegen 2015 bzw. 2025 ihre Grubenwasserhebungen ein. Ab diesem Zeitpunkt werden alle Wassernutzungen im Wasserbilanzkomplex Jänschwalde eingestellt, einschließlich des Kühlwasserbedarfs für das Kraftwerk Jänschwalde. (...) Planungen für den Tagebau Jänschwalde Nord und des damit verbundenen geplanten Weiterbetriebs des Kraftwerks Jänschwalde werden aus Gründen der Übersichtlichkeit und Vergleichbarkeit der Ergebnisse bewusst nicht berücksichtigt.“ (DHI WASY: Prognosen zur Flutung des Welzower Sees, im Auftrag der Vattenfall Europe Mining AG, 15.06.2010)

Inzwischen beabsichtigt die LEAG durch Beantragung einer neuen wasserrechtlichen Erlaubnis, die Grundwasserabsenkung des Tagebaues bis 2044 aufrecht zu erhalten. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung zum Hauptbetriebsplan sagt aus, dass dabei beispielsweise für das Schutzgebiet „Pinnower Läuche und Tauersche Eichen“ der „Zeitpunkt des maximalen Bergbaueinflusses“ erst im Jahr 2034 eintreten werde. Woher diese Annahme letztlich kommt, ist nicht transparent: Das von der Beigeladenen mit der FFH-Prüfung beauftragte Kieler Institut für Landschaftsökologie verweist auf den Fachbeitrag Wasserhaushalt des Cottbuser Ingenieurbüros Gerstgraser. Dieser beruft sich auf das „Hydrogeologischen Großraummodell Jänschwalde HGMJaWa-2017“. Warum in diesem Modell wo und wie lange gepumpt wird, hat aber die LEAG selbst festgelegt und bisher nirgends transparent gemacht.

Die geltende wasserrechtliche Erlaubnis zeigt anschaulich, dass der Bergbaubetrieb 1996 noch selbst davon ausging, dass auf die Kohleförderung bis 2019 lediglich noch drei Jahre rückläufiger Grundwasserentnahme folgen würden. Nunmehr soll nach Beendigung der Kohleförderung für einundzwanzig (!) Jahre weiter Grundwasser gepumpt werden. Dies geschieht bei gleicher Abbaufläche, deren Geologie bereits im Jahr 1994 gut genug erkundet war, um einen bergrechtlichen Rahmenbetriebsplan zuzulassen.

Alle zitierten Angaben zur Dauer der Grundwasserabsenkung und zum Zeitpunkt ihrer maximalen Reichweite beruhen auf Angaben des Tagebaubetreibers. Sie widersprechen sich jedoch in einem so erheblichen Maße, dass sich dies nicht mehr mit der Überarbeitung eines Grundwassermodells im Jahr 2017 erklären lässt. Vor diesem Hintergrund ist mehr als fraglich, ob die Verlängerung der Laufzeit des Tagebaues über 2019 hinaus mit Ziel 11 des Braunkohlenplanes im Einklang steht. Die offenbar beantragte wasserrechtliche Erlaubnis für die Jahre 2023-2044 wird im behördlichen Verfahren erst noch auf die Vereinbarkeit mit Ziel 11 des Braunkohlenplanes wie auch mit der EU-Wasserrahmenrichtlinie zu prüfen sein. Ihre Zulassungsfähigkeit kann im hier gegenständlichen gerichtlichen Verfahren jedenfalls nicht vorausgesetzt werden.

Termine

Einwendungsfirst: Gas- und Speicherkraftwerk Jänschwalde
02 April 2024
Buchvorstellung: "Angels over Lusatia"
17 April 2024
19:00 - 21:00
Helle Panke e.V., Kopenhagener Str. 9, 10437 Berlin
Ausstellung "Unverkäuflich"
26 April 2024
10:00 - 20:00
Franz-Mehring-Platz 1, Berlin
Wir beim Umweltfestival in Berlin
28 April 2024
Berlin, Straße des 17. Juni

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

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Lausitzer Menschen für einen früheren Kohleausstieg

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