Rechtzeitig raus aus der Kohle!

Jahrelanger Widerstand hat bereits mehrere Tagebauprojekte in der Lausitz verhindert. Doch trotz "Kohleausstiegsgesetz" sollen noch immer Menschen für Braunkohle umgesiedelt und hunderte Millionen Tonnen Treibhausgase ausgestoßen werden. Das Grundwasser wird durch Tagebaue weiter abgesenkt und verunreinigt. Folgekosten drohen auf die Allgemeinheit abgewälzt zu werden. Wir kämpfen für den Erhalt der Dörfer und ihres Umlandes, gegen Wasserkrise und Klimakatastrophe und für eine nachhaltige Zukunft der Region!

Rundbrief vom 10. Februar 2012

1. DIW gegen Kraftwerksneubau in Jänschwalde

2. Wird heimlich weiter an C02-Verpressung in Brandenburg gearbeitet?

3. CCS in Polen?

4. Weitere kritische Stimmen in der Landtagsanhörung

5. Merkwürdige Medienwelt

 Zum Entwurf der Brandenburgischen "Energiestrategie 2030" liegen nun zahlreiche Stellungnahmen vor. Zur zwingend nötigen Verlängerung der Frist hat sich die Landesregierung bisher nicht geäußert. In diesem Rundbrief näheres zu den bisherigen Wortmeldungen zur Energiestrategie.

1. DIW gegen Kraftwerksneubau in Jänschwalde

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat in einer am Mittwoch veröffentlichten Studie eine europäische CO2-Infrastruktur zur Verpressung von Kraftwerksabgasen unter der Nordsee als nicht realistisch eingeschätzt. Es widerspricht damit ausdrücklich den Vorstellungen der Brandenburgischen Landesregierung vom Neubau eines Braunkohlenkraftwerkes in Jänschwalde. In der Anhörung des Brandenburgischen Wirtschaftsausschusses am Mittwoch in Potsdam machte Prof. Christian von Hirschhausen vom DIW zudem deutlich, dass er damit auch die in Brandenburg begonnenen Tagebauplanungen Jänschwalde-Nord und Welzow II für nicht sinnvoll hält. Im aktuellen Wochenbericht des DIW werden die Ergebnisse der Studie folgendermaßen zusammengefasst:

"In den kommenden zwei Jahrzehnten wird die CO2-Abscheidung auf dem deutschen Stromsektor keine Rolle spielen. Dies zeichnet sich spätestens seit der öffentlichen Bekanntgabe von Bundesumweltminister Norbert Röttgen vom 29. Oktober 2011 und der Absage des CCTS-Demonstrationsprojekts am Standort Jänschwalde durch den Energiekonzern Vattenfall ab. Auch auf europäischer Ebene liegen ernüchternde Befunde vor: Keines der ersten sechs europäischen Pilotprojekten wird auf absehbare Zeit seine Ziele, eine geschlossene CCTS-Kette und somit die dauerhafte Vermeidung von CO2-Emissionen, erreichen; viele EU-Mitgliedstaaten haben bis heute die europäische CCTS-Richtlinie 2009/31/EC nicht in nationales Recht umgesetzt, darunter auch Deutschland. Kraftwerksprojekte, die heute noch auf die Verfügbarkeit von CCTS in den kommenden zehn bis 20 Jahren vertrauen, müssen vor diesem Hintergrund als überholt betrachtet werden und sind weder ökonomisch noch klima- oder energiepolitisch sinnvoll." (CCTS = carbon, capture, transport and storage)

Der Bericht zum Download hier:

http://www.diw.de/de/diw_01.c.392660.de/themen_nachrichten/ccs_technologie_ist_fuer_die_energiewende_gestorben.html

2. Wird heimlich weiter an C02-Verpressung in Brandenburg gearbeitet?

Obwohl offiziell eine Entwarnung an die betroffene Bevölkerung heraugegeben wurde, will das Wirtschaftsministerium weiter CO2-Verpressung in Brandenburg anstreben. Im Maßnahmenkatalog zur Energiestrategie (S. 33) ist der Aufbau von "Demonstrations- und Forschungsanlagen zu CO2-Abscheidung, Transport und Verpressung in Brandenburg" weiterhin als Ziel der Landesregierung ausgewiesen. Zugleich läuft das Forschungsprojekt "brine" zur Erkundung des Untergrundes offenbar weiter, das laut der offiziellen Projektbeschreibung der Vorbereitung einer CO2-Verpressung und –Endlagerung in der Region Beeskow/ Birkholz dienen soll.

„Die Regierung Platzeck (SPD) darf sich nicht über den enormen Mangel an Vertrauen wundern, wenn sie derart unverfrorenen über die Köpfe der Bürger im Lande agiert. Wer noch immer an der Verpressung und unterirdischen Endlagerung von CO2 in salinaren Aquiferen festhält – ob nun unter der Bezeichnung CCS oder einem anderen Decknamen - hat die Technologie und ihre Auswirkungen entweder noch immer nicht verstanden oder er will sie nicht verstehen.“ sagt Ute Lein von der Bürgerinitiative "CO2-Endlager stoppen" in einer Pressemitteilung.

3. CCS in Polen?

Laut einem Bericht der Sächsischen Zeitung setzt Polen weiterhin auf Kohle und CCS, sieht sich aber ebenfalls Bürgerprotesten ausgesetzt. "Geologen, die Speicherplätze untersuchen wollten, wurden von Umweltschützern buchstäblich verjagt." wird über das CCS-Projekt in Belchatow berichtet. Auch Vattenfall will sich diesem Bericht zufolge an CCS-Projekten in Polen beteiligen. Dabei stehen drei Verpressungsorte in Kowalowo (Niederschlesien) in der Wojewodschaft Großpolen und in Radnica nordöstlich von Guben. Zumindest letzterer hätte grenzüberschreitende Wirkungen, wenn es etwa zu Salzwasseraufstiegen kommt. Allerdings berichtet die SZ auch: "Für einen Großteil der Investition werden aber noch Geldgeber gesucht." Glaubt man dem DIW-Gutachten, könnte das noch länger so bleiben.

4. Weitere kritische Stimmen in der Landtagsanhörung

Neben dem DIW redeten der Landesregierung zahlreiche weitere Sachverständige ins Gewissen, sich von ihrer Braunkohlestrategie zu verabschieden. Selbst Katharina Reiche vom CDU-geführten Bundesumweltministerium kam nicht umhin zu sagen, "die Weiternutzung der Braunkohle läuft mittelfristig auf einen Zielkonflikt hinaus". Die CO2-Ziele Brandenburgs lägen pro Kopf immer noch über dem Bundesdurchschnitt.

Das Ziel Stromexportland bleiben zu wollen, sei an keiner Stelle vernünftig begründet, bemerkte Prof. Dr. Manfred Stock vom Nachhaltigkeitsbeirat des Landes. Neben Jürgen Quentin von der Klima-Allianz machte auch Prof. Dr.-Ing Jochen Twele vom Reiner Lemoine Institut deutlich, dass Braunkohle nicht als Partner der Erneuerbaren Energien in Frage kommt. Ein Neubaukraftwerk nach 2025 könnte letztlich sogar zum Preistreiber des Energiesystems werden. René Schuster wies für die GRÜNE LIGA darauf hin, dass die Festlegung auf ein neues Braunkohlenkraftwerk erhebliche Wirkungen auf die Trinkwassergewinnung in Brandenburg und Berlin haben kann. Die Einhaltung des Grenzwertes für Sulfat würde durch neue Kohletagebaue über Jahrzehnte in Frage gestellt.

Während die Kritiker des Neubaukraftwerkes in der Regel konkrete Argumente ausführten, beließen es die Befürworter von „Energieregion Lausitz“, Handwerkskammer oder IHK bei dem Glaubensbekenntnis, dass man das Kraftwerk eben brauche. Dafür wurden die Schlagworte "Arbeitsplätze" und "Energiepreise" benutzt, ohne die Wirkungen des Kraftwerkes darauf konkret zu diskutieren. Erst am 25. Januar hatten die Gutachter der Firma Prognos darauf hingewiesen, dass in den von ihnen untersuchten Szenarien mit und ohne das Neubaukraftwerk die Strompreise nahe beieinander liegen und man da "nichts hineininterpretieren" solle. Ebenso ist inzwischen gutachterlich belegt, dass die Arbeitsplatzeffekte der Kohle auch mit dem Neubaukraftwerk rapide sinken werden, während gleichzeitig Fachkräftemangel in der Energiewirtschaft herrscht. Die Kohlelobby hat sich offenbar darauf verlegt, wider besseres Wissen Vorurteile zu schüren und so die Angst der Menschen um Arbeitsplätze und Energiepreise zu instrumentalisieren.

5. Merkwürdige Medienwelt

Ein ganzseitiges Interview der Lausitzer Rundschau mit Christoph Schilka vom Bauernbund über den Widerstand gegen neue Braunkohlentagebaue sollte laut Druckausgabe auch im Internet abrufbar sein, verschwand aber nach kürzester Zeit wieder von der Internetseite der Zeitung. Wir fügen das Interview deshalb diesem Rundbrief bei. Die klaren Worte des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung wurden in dem Blatt zudem in keiner Form wiedergegeben. Wäre das Gutachten günstig für CCS ausgegangen, hätte man es erfahrungsgemäß als Topmeldung auf der Titelseite gefunden.

 

Termine

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26 April 2024
10:00 - 20:00
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Erörterung zum Gaskraftwerk ("Speicher- und Innovationskraftwerk") in Jänschwalde
14 Mai 2024
10:00 -
Cottbus, Messehalle
Filmabend "Es kommt darauf an das Hoffen zu lernen"
21 Mai 2024
19:00 -
Salon des Franz-Mehring-Platzes 1, 10243 Berlin
Bundesweiter Klimastreik
31 Mai 2024

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

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Lausitzer Menschen für einen früheren Kohleausstieg

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