Rundbrief vom 17. Januar 2012

1. Entwurf der brandenburgischen Energiestrategie 2030 liegt vor

2. Transparenter Diskussionsprozess?

3. Zahlenfehler im Entwurf der Energiestrategie

4. Sandstürme aus dem Braunkohletagebau Nochten 2 bedrohen Wohngebiete

5. Probebetrieb im Kraftwerk Boxberg R

1. Entwurf der brandenburgischen Energiestrategie 2030 liegt vor

Am 10. Januar veröffentlichte die Landesregierung einen Entwurf der "Energiestrategie 2030". Darin hat sie sich dem öffentlichen Druck gebeugt und die bisherigen Klimaziele nicht völlig aufgegeben: Eine Aufweichung des Ziels für 2030 erfolgt nur von 22,8 auf 25 Millionen Tonnen CO2, also um den Betrag, der für neue Gaskraftwerke angesetzt wird. Dennoch will man sich alle Hintertürchen offenhalten: über eine "Revisionsklausel" könnten die Klimaziele in wenigen Jahren erneut in Frage gestellt werden. Die Regierung strebt den Neubau eines kommerziellen CCS-Kraftwerkes in Jänschwalde an, dessen Gase durch eine europäische CO2-Pipeline im Ausland verpresst werden sollen. Mehrere Formulierungen legen nahe, dass Brandenburg sich für die Förderung von CCS und Braunkohle mit öffentlichen Geldern einsetzen will. Weil die Notwendigkeit des Kraftwerkes nicht nachweisbar ist, werden neue Tagebaue nun damit begründet, dass man den Kraftwerksbau nicht ausschließen könne. Das Ergebnis für das praktische Handeln der Landesregierung bliebe dabei dasselbe, die Minister müssen nur neue rhetorische Verrenkungen einüben. Wir fordern: Der schrittweise Ausstieg aus der Braunkohle muss mit konkreten und verbindlichen Schritten eingeleitet werden. Eine Stellungnahme zum Strategieentwurf werden wir in Kürze vorlegen.

2. Transparenter Diskussionsprozess?

Die von der Landesregierung zur Anhörung ausgewählten Akteure sind um Stellungnahme bis zum 7. Februar gebeten. Eine Veröffentlichung des Entwurfes im Internet ist erst am heutigen Tag festzustellen, nachdem gestern die Bürgerinitiativen gegen die CO2-Verpressung mit deutlichen Worten protestiert hatten. Damit bleiben der interessierten Öffentlichkeit nur noch drei Wochen Zeit. Die Frist ist ohnehin zu kurz, wenn etwa betroffene Kommunen ihre Stellungnahme in den gewählten Parlamenten/Ausschüssen beraten wollen. Mehrere Gutachten, auf denen wesentliche Einschätzungen des Strategieentwurfes beruhen, etwa zu Arbeitsplätzen und zum Stromexport, sind bis heute nicht veröffentlicht. Das widerspricht nicht nur den vielfachen Transparenz-Ankündigungen, es verletzt ohne jede Not Standards, die bei jeder Öffentlichkeitsbeteiligung gelten sollten. Das kann nur in Ordnung gebracht werden, wenn allen nach Veröffentlichung der noch fehlenden Gutachten sechs Wochen Zeit zur Stellungnahme eingeräumt werden.

Der Wirtschaftsausschuss des Landtages hat inzwischen zu einer Anhörung am Mittwoch, dem 8. Februar eingeladen. In der Landtagssitzung am 25./26. Januar soll eine aktuelle Stunde zur Energiepolitik vorgesehen sein. Die Eile dabei ist nicht zu übersehen. Offenbar will die Regierungskoalition das leidige Thema vom Tisch haben und innerhalb von vier Wochen pro forma mit möglichst vielen "Akteuren" reden.

3. Zahlenfehler im Entwurf der Energiestrategie

Der am 10. Januar herausgegebene Entwurf der Energiestrategie 2030 des Landes Brandenburg enthielt zudem mindestens zwei grobe Zahlenfehler. So solle der Endenergieverbrauch auf 120 PJ gesenkt und der Anteil Erneuerbarer Energien daran 50 % (mindestens 108 PJ) betragen. Gemeint war ein Verbrauch von 220 PJ. Ebenso soll der Primärenergieverbrauch auf 505 PJ gesenkt werden, wovon 35 % (mindestens 150 PJ) erneuerbar sein sollen. Die um Stellungnahme gebetenen durften sich nun fragen, ob die 35 % oder die 150 PJ gemeint sind. Nach Anfragen am Montag wurden die Zahlen der Pressestelle des Ministeriums zufolge inzwischen korrigiert. Man bekommt den Eindruck, der Entwurf wurde überstürzt herausgegeben, um die öffentliche Diskussion möglichst schnell hinter sich zu bringen. Ein weiteres Argument für eine Öffentlichkeitsbeteiligung, die nach Offenlegung aller Gutachten und Zahlen neu beginnen muss.

4. Sandstürme aus dem Braunkohletagebau Nochten 2 bedrohen Wohngebiete

Durch das geplante Abbaugebiet 2 des Braunkohletagebaues Nochten droht dem Ort Schleife unzulässig hohe Belastung mit Staub und Sand aus dem Tagebau. Wir haben im öffentlich ausgelegten Umweltbericht keine Aussage gefunden, dass die Staubgrenzwerte eingehalten werden könnten und müssen deshalb von Überschreitungen ausgehen. Ein größerer Abstand der Grube zum Dorf zur Minimierung der Probleme wurde offenbar gar nicht geprüft. Das ist ein schweres Versäumnis der Planer.

Bis zum 20. Januar können betroffene Bürger noch Einwendungen gegen den Braunkohlenplan einreichen, die GRÜNE LIGA stellt dazu nähere Informationen auf ihrer Internetseite www.lausitzer-braunkohle.de zur Verfügung.

Die angefertigte Immissionsprognose wurde nicht zusammen mit Planentwurf und Umweltbericht öffentlich ausgelegt. Der Umweltbericht selbst macht keine Aussage zur Einhaltung der Grenzwerte, sondern betont lediglich, dass Beeinträchtigungen nicht „dauerhaft“ seien. Tatsächlich muss Schleife sich bei Verwirklichung der Planung aber für zehn bis zwanzig Jahre auf die gefürchteten "Sandstürme" aus dem Tagebau einstellen. Der Tagebau soll nach der ausliegenden Planung bis zu 200 Meter an die Wohnbebauung heranreichen. Zudem sollen sich in Schleife die Menschen angesiedeln, die aus dem Tagebaufeld umgesiedelt werden sollen. Ihr Lebensumfeld bliebe damit auch nach der Umsiedlung nachhaltig gestört.

Die GRÜNE LIGA bezweifelt, dass vorgesehenen Maßnahmen Schutzpflanzungen, Nebelkanonen und Wasserlanzen angesichts der exponierten Lage ausreichen, um eine drastische Verminderung der Lebensqualität abzuwenden.

5. Probebetrieb im Kraftwerk Boxberg R

Wie Vattenfall am 11. Januar mitteilte, begann um den Jahreswechsel der Probebetrieb des Kraftwerksblockes Boxberg R. Ab dem dritten Quartal wird der Dauerbetrieb erwartet. Beim Bau hatte es enorme Verzögerungen und technische Probleme gegeben, nachdem die Kesseldruckprobe nicht bestanden wurde und der verwendete Stahl wieder ausgetauscht werden mußte. Der Glaube an die sogenannte "700-Grad-Technik" künftiger Kraftwerke wurde durch derartige Probleme (bei nur ca. 620 Grad) in mehreren Neubaublöcken in Deutschland nachhaltig erschüttert.

Nun sind zwei Szenarien möglich: Gibt es weitere technische Probleme, werden noch weniger Menschen an die versprochenen Wirkungsgrade künftiger Neubaublöcke glauben. Läuft Block R stattdessen ab Herbst stabil, senkt er den Bedarf an Strom aus den älteren Blöcken wie etwa in Jänschwalde. Die Kohle-Ideologen in Lausitz und Landesregierung dürften mit beidem Probleme haben.

Termine

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26 April 2024
10:00 - 20:00
Franz-Mehring-Platz 1, Berlin
Filmabend "Es kommt darauf an das Hoffen zu lernen"
21 Mai 2024
19:00 -
Salon des Franz-Mehring-Platzes 1, 10243 Berlin

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

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Lausitzer Menschen für einen früheren Kohleausstieg

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