Rundbrief vom 23. Januar 2012

1. Bürger und Gemeinde Schleife gegen Braunkohlenplan Nochtenkohlerundbrief 2012 01 23 bild

2. Mehr Transparenz zu Brandenburgs Energiestrategie gefordert

3. Kohleförderung verlagerte sich 2011 von Brandenburg nach Sachsen

4. Betroffene Bürger protestierten mit Fackelzug gegen neuen Tagebau

5. Cottbuser Stadtverordnete beschweren sich über Kohle-Lobby-Rede von OB Szymanski

6. Nachtrag zur Landtagsanhörung am 8.Februar

7. Holzfigur in Lacoma gestohlen

1. Bürger und Gemeinde Schleife gegen Braunkohlenplan Nochten

In den letzten Wochen haben wir in- und außerhalb der Lausitz eine Welle der Solidarität mit den vom Tagebau Nochten 2 direkt und indirekt bedrohten Menschen erlebt. Wir möchten uns bedanken bei allen, die daran engagiert mitgewirkt haben, darunter zahlreiche sorbische Kulturschaffende, denen der Erhalt der Schleifer Region ein Herzensanliegen ist. Wutrobny dzak! 725 Bürgereinwendungen wurden von der Umweltgruppe Cottbus am vergangenen Donnerstag an den Planungsverband in Bautzen übergeben. Zahlreiche weitere Bürger haben ihre Einwendung direkt an den Verband gerichtet, so dass wir von mindestens 1.000 Einwendungen ausgehen.

Wegen hoher Arbeitsbelastung haben wir keine online-Aktion anbieten können. Die Einwenderzahl ist dennoch ein deutliches Signal, dass es keinen akzeptierten neuen Tagebau in der Lausitz gibt. In Gesprächen mit Betroffenen wurde deutlich, dass manche nicht gemachte Einwendung nicht etwa Zustimmung zum Tagebau bedeutet, sondern soziale Kontrolle und Einschüchterung eine Rolle spielen, wie man sie sich in vielen Gegenden Deutschlands gar nicht vorstellen kann.

Wie die Presse berichtete, hat sich auch die Gemeinde Schleife in ihrer Stellungnahme deutlich gegen die Abbaggerung ihrer Ortsteile ausgesprochen. Kein selbstverständliches Ergebnis, hat doch die Kommunalpolitik in Schleife den Ruf, seit Jahren stark von Vattenfall beeinflusst zu sein.

2. Mehr Transparenz zu Brandenburgs Energiestrategie gefordert

Die von Tagebauplanungen bedrohte Gemeinde Schenkendöbern und die evangelische Kirchgemeinde Region Guben fordern eine Verlängerung der Stellungnahmefrist zur Energiestrategie des Landes Brandenburg sowie die Offenlegung aller für die Strategie vom Land eingeholten Gutachten. Sie haben sich dazu am Donnerstag an das federführende Ministerium gewandt.

„Es ist unverständlich, dass die Landesregierung einen Beteiligungsprozess eingeleitet hat, ohne zuvor alle Gutachten offenzulegen, aus denen sie ihre Strategie hergeleitet hat. Wir halten es für angemessen, wenn die Landesregierung nach Veröffentlichung aller dieser Gutachten mindestens sechs Wochen Zeit zur Stellungnahme einräumt. Das entspräche den für Öffentlichkeitsbeteiligungen üblichen Standards.“ sagt Mathias Berndt, Pfarrer für die Bergbauregion im Kirchenkreis Cottbus.

„Kommunen müssen die Chance bekommen, ihre Stellungnahme in den gewählten Parlamenten und Ausschüssen zu beraten.“ ergänzt Peter Jeschke, Bürgermeister der Gemeinde Schenkendöbern, deren Ortsteile durch den geplanten Braunkohletagebau Jänschwalde-Nord durch Umsiedlung oder Randlage bedroht sind.

Die Landesregierung hat im Prozess der Erstellung der Energiestrategie eine Reihe Gutachten eingeholt oder selbst erstellt. Insbesondere die Prognosen zu Arbeitsplätzen, Stromexport aus Brandenburg und zur Einhaltung der Klimaziele sind entscheidungserheblich. Genau diese Gutachten wurden aber bisher entgegen öffentlichen Zusagen nicht veröffentlicht.

Einen Tag darauf, am Freitag Mittag lud das brandenburgische Wirtschaftsministerium zu einer Vorstellung des bisher unter Verschluss gehaltenen Gutachtens für Mittwoch (25. Januar) nach Potsdam ein. Dann sind für Stellungnahmen zum Entwurf der Strategie aber nur noch zwei Wochen Zeit...

3. Kohleförderung verlagerte sich 2011 von Brandenburg nach Sachsen

Die Kohleförderung in den Brandenburgischen Tagebauen Jänschwalde und Welzow-Süd ging 2011 weiter zurück, während sie im sächsische Tagebau Reichwalde anstieg. Damit wurde die seit Jahren geplante Verlagerung der Kohleförderung von Brandenburg nach Sachsen erstmals wirksam. Sie wird sich mit dem Auslaufen des Tagebaues Cottbus-Nord in wenigen Jahren noch verstärken. In Summe ist die Lausitzer Kohleförderung im Jahr des unverhofften Atomausstieges leicht auf 59,8 Millionen Tonnen angestiegen. Schlussfolgerungen für die Zeit nach 2020 kann man daraus nicht ableiten. (Hier die konkreten Zahlen: Welzow-Süd: 19,1 Mio.t, Jänschwalde: 11 Mio.t, Cottbus-Nord: 5,6 Mio.t, Nochten: 17,4 Mio.t, Reichwalde: 6,7 Mio.t)

4. Betroffene Bürger protestierten mit Fackelzug gegen neuen Tagebau

Mit einem Fackelzug haben Sonnabend etwa 300 Bürger gegen den geplanten Braunkohlen-tagebau Jänschwalde-Nord protestiert und auf die drohenden Belastungen am Tagebaurand aufmerksam gemacht. Die Teilnehmer wanderten dabei entlang der drohenden Tagebaukante von Groß Gastrose nach Taubendorf.

"Wenn der von Vattenfall beantragte Tagebau Jänschwalde-Nord wie beantragt kommt, sind die kohlerundbrief 2012 01 23 bild1Lebensbedingungen in Taubendorf und Gastrose nicht mehr akzeptabel.Taubendorf bleibt als Halbinsel im Kohleloch. Für unser Nachbardorf Gastrose bliebe ein Streifen von wenigen hundert Metern zwischen Grubenkante und Grenzfluss Neiße. Für beide kommt die Verlegung von Bahn, Straße und Hochspannungsleitung in den Sicherheitsbereich hinzu. Dazu droht auf polnischer Seite ebenfalls ein Tagebau, der beiden Orten zusätzlich Dreck und Lärm bringt. Es reduziert sich auf die Frage: Wieviel Raum braucht der Mensch zum Leben?" sagt Jürgen Handreck, Ortsvorsteher aus Taubendorf. "Ein neues Kohlekraftwerk in Jänschwalde wird nicht gebraucht, Wir fordern von der Landesregierung eine Energiestrategie, die auch klar und verbindlich auf den neuen Tagebau verzichtet." (Foto: T. Burchardt)

5. Cottbuser Stadtverordnete beschweren sich über Kohle-Lobby-Rede von OB Szymanski

Die Cottbuser Bündnisgrünen haben sich in einem offenen Brief gegen die Rede von Oberbürgermeister Frank Szymanski (SPD) auf dem Neujahrsempfang der Stadt verwahrt. Szymanski hat den Anlaß benutzt, um Werbung für den privaten Lobbyverein "Pro Lausitzer Braunkohle" zu machen, dem er angehört. Die Grünen bilden in Cottbus mit Szymanskis SPD eine gemeinsame Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung. "Mit Befremden haben wir zur Kenntnis genommen, dass der Oberbürgermeister unserer Stadt den diesjährigen Neujahrsempfang nutzte um, den Blick ins gestern gerichtet, die klima- und umweltschädliche Braunkohleverstromung zu bewerben." heißt es in dem Brief. Die Absender kritisieren, dass "diejenigen, die eine andere Auffassung von Klimaschutz und Zukunftsverantwortung haben, durch das Stadtoberhaupt öffentlich vor den Kopf gestoßen wurden. Das ist schlechter politischer Stil und schadet dem Ansehen unserer Stadt wie auch dem Zugehörigkeitsgefühl all ihrer Bürgerinnen und Bürger."

6. Nachtrag zur Landtagsanhörung am 8. Februar

Von Mitarbeitern des Landtags wurden wir auf einen Fehler im Rundbrief vom 17.01. aufmerksam gemacht: Dort hatten wir im Zusammenhang mit der Anhörung im Wirtschaftsausschuss am 8. Februar Beweggründe der Regierungskoalition vermutet. Das ist insofern unrichtig, dass der zeitige Termin der Anhörung durch die oppositionelle CDU-Fraktion beantragt wurde.

7. Holzfigur in Lacoma gestohlen

In der Nacht zum vergangenen Donnerstag wurde in Lacoma am Rand des Tagebaues Cottbus-kohlerundbrief 2012 01 23 bildNord von einem Privatgrundstück eine Holzfigur gestohlen. Die Figur wurde vom Holzbildhauer Ralf Röhr in Lacoma geschaffen, bevor Vattenfall die überwiegenden Teile des Ortes abreißen ließ. Seit 2005 stand sie auf einem Privatgrundstück am Rand des Tagebaues. Die Skulptur (Foto: Kossack) stellt einen Teufel dar, in Anlehnung an das sorbische Sprichwort "Gott schuf die Lausitz und der Teufel hat die Kohle vergraben". Hinweise zum Verbleib leiten wir an die Grundeigentümer weiter, die bereits Strafanzeige gestellt haben.

Termine

Ausstellung "Unverkäuflich"
26 April 2024
10:00 - 20:00
Franz-Mehring-Platz 1, Berlin
Wir beim Umweltfestival in Berlin
28 April 2024
Berlin, Straße des 17. Juni
Filmabend "Es kommt darauf an das Hoffen zu lernen"
21 Mai 2024
19:00 -
Salon des Franz-Mehring-Platzes 1, 10243 Berlin

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

 

Lausitzer Menschen für einen früheren Kohleausstieg

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Bitte unterstützt die Lacoma-Filmdokumentation

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