Rundbrief vom 10. Oktober 2012

1. Neues Braunkohlenkraftwerk in Boxberg muss das letzte bleiben
2. Vattenfall hält Umweltdaten geheim - GRÜNE LIGA Cottbus zieht vor Gericht
3. Marburger Bund diskutiert Gesundheitsfolgen von Braunkohlekraftwerken
4. Waldspaziergänger findet ungesichertes Vattenfall-Bohrloch
5. Kohle bundesweit: graswurzel tv über Protestcamp im Hambacher Forst
6. Termine

1. Neues Braunkohlenkraftwerk in Boxberg muss das letzte bleiben

Die GRÜNE LIGA sieht im neu errichteten Kraftwerksblock Boxberg R, der am morgigen Donnerstag eingeweiht werden soll, ein Auslaufmodell: Er muss der letzte Braunkohleblock bleiben, wenn Deutschland die Energiewende schaffen will. Braunkohle ist als Brücke ins erneuerbare Zeitalter mittelfristig nicht tauglich. Der Neubau war energiepolitisch nicht erforderlich und muss deshalb nun zu einer geringeren Auslastung der älteren Kohlekraftwerke in der Lausitz führen. Der Einsatz von Braunkohle muss insgesamt reduziert werden, wenn Vattenfall sein Klimaschutz-Argument nicht selbst ad absurdum führen will.
Das modernste Braunkohlenkraftwerk ist mit unter 44 Prozent Wirkungsgrad deutlich von dem bei Gaskraftwerken im vergangenen Jahr erreichten Wirkungsgrad von 60,75 Prozent entfernt. Dies veranschaulicht die unterschiedliche Eignung als "Brückentechnologie" ins Zeitalter der erneuerbaren Energien.
Der Braunkohleblock in Boxberg geht mit insgesamt zwei Jahren Verspätung in Dauerbetrieb. Ursprünglich sollte er im Jahr 2010 ans Netz gehen. Die Verwendung neuartiger Werkstoffe schlug fehl, als das Kraftwerk Anfang 2010 die Kesseldruckprobe nicht bestand. Umfangreiche Umbauarbeiten waren die Folge.
Ob die technischen Probleme tatsächlich behoben sind oder ein Potemkinsches Dorf präsentiert wird, kann die Öffentlichkeit derzeit kaum beurteilen. Denn die sächsische Staatsregierung hat 1994 den Betrieb eines weiteren Kraftwerksblockes als Bedingung für die Inanspruchnahme von Teilen des Tagebaues Nochten (Nordteil des Abbaugebietes 1) festgeschrieben. Vattenfall ist daher für das Voranschreiten des Tagebaues Nochten 1 auf eine offizielle Inbetriebnahme des Kraftwerkes angewiesen.
Sofern er funktioniert, kann der Block Boxberg R zu einem reduzierten Einsatz der älteren Braunkohlenkraftwerke in der Lausitz führen, darunter des Kraftwerkes Jänschwalde, das zu den klimaschädlichsten Europas gehört. Das wäre nicht nur klimapolitisch, sondern auch angesichts begrenzter Netzkapazitäten dringend geboten. Gleichzeitig vollzieht sich eine Verlagerung verbleibender Braunkohle-Arbeitskräfte von Brandenburg (z.B. Schließung des Tagebau Cottbus-Nord um 2015) nach Sachsen (Tagebau Reichwalde). Die Einweihung des Neubaublockes stellt daher keinerlei Argument für die Planung neuer Braunkohlentagebaue dar.

2. Vattenfall hält Umweltdaten geheim - GRÜNE LIGA Cottbus zieht vor Gericht
Vom Braunkohlentagebau bedrohte Tierarten sind kein Betriebsgeheimnis

Cottbus/Dresden, 05.10.2012. Der Energiekonzern Vattenfall plant in den nächsten Monaten das Gebiet des Urwaldes Weißwasser für einen Braunkohlentagebau endgültig zu vernichten und hält gleichzeitig die durchgeführten Kartierungen von Tieren und Pflanzen geheim. Die Umweltgruppe Cottbus, Mitgliedsgruppe des Netzwerkes GRÜNE LIGA, hat heute beim Verwaltungsgericht Dresden eine Klage auf Offenlegung dieser Unterlagen eingereicht.
Die Naturschutzbehörde des Landkreises Görlitz verweigert der Umweltgruppe Cottbus die Einsicht in die durchgeführten Kartierungen des Gebietes um den Urwald Weißwasser, da der Vattenfall-Konzern die Zusendung der Gutachten ablehnt und sich auf "Urheberrechte" als Auftraggeber der Kartierungen beruft.
"Vattenfalls Argumentation ist absurd, tatsächlich werden hier Umweltinformationen rechtswidrig zurückgehalten. Wir fragen uns, welche Kartierungsergebnisse der Konzern unbedingt zu verbergen versucht. Vattenfalls Vorgehen zeigt, wie wenig dem Unternehmen in der Lausitz die Maßstäbe seiner schwedischen Eigentümer wert sind." sagt René Schuster von der Umweltgruppe Cottbus.
Der Urwald Weißwasser ist als Standort des ehemaligen Jagdschlosses ein Teil der von Hermann Fürst von Pückler-Muskau geschaffenen Parkanlage und hat hohen kulturhistorischen Wert. Hier entstand etwa sein wichtigstes Buch "Andeutungen über Landschaftsgärtnerei". Während die nicht zum Abbau vorgesehenen Teile der Parklandschaft als UNESCO-Weltkulturerbe geschützt sind, soll der Urwald in den nächsten Monaten endgültig zerstört werden. Ähnlich hoch wie der kulturhistorische ist auch sein Naturschutzwert.
Braunkohle aus dem Tagebau Nochten wird überwiegend im Kraftwerk Boxberg verstromt, in dem zwei Blöcke aus der DDR-Zeit zu den klimaschädlichsten Anlagen Europas gehören.

3. Marburger Bund diskutiert Gesundheitsfolgen von Braunkohlekraftwerken

Am Freitag, dem 19. Oktober 2012, 16.00 Uhr veranstaltet der Ärzteverband Marburger Bund in der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) die Podiumsrunde "Blauer Himmel über Oder und Neiße? Industrieemissionen aus Kraftwerken: (K)Ein Thema für die Gesundheitspolitik?!" Zu Gast ist der Brandenburgische Gesundheitsstaatssekretär Daniel Rühmkorff (LINKE) ebenso wie die Landtagsabgeordnete Ursula Nonnenmacher (Bü90/Grüne) und Landesärztepräsident Dr. Günther Jonitz. Mit dieser Veranstaltung nimmt sich der Marburger Bund eines bisher sträflich vernachlässigten Themas an: die Gesundheitsauswirkungen, die aufgrund der Schadstoffemissionen von Industrieanlagen – ganz besonders auch Kohlekraftwerken – verursacht werden. In Berlin und Brandenburg stehen mehrere der schmutzigsten Industrieanlagen Europas – allesamt Braunkohlekraftwerke. Die Europäische Umweltagentur schätzt die allein durch die Schadstoffemissionen des Kraftwerks Jänschwalde (Vattenfall) verursachten Folgekosten für die Gesundheit auf jährlich bis zu 2 Milliarden Euro. Martin Adams wird die Herausgeber dieser Studie vertreten. Die Veranstaltung wird mit deutsch-englischer Simultanübersetzung im Senatssaal der Europa-Universität Viadrina, Große Scharrnstraße 5, Frankfurt (Oder) durchgeführt. Der Veranstaltungsflyer liegt diesem Rundbrief bei.

4. Waldspaziergänger findet ungesichertes Vattenfall-Bohrloch

Im Herbst kann man im Wald nicht nur Pilze finden. Auch 60 Zentimeter tiefe Stolperfallen können sich auftun, wenn Vattenfall in der Nähe Bohrlöcher gesetzt hat. Das mussten zumindest Einwohner von Taubendorf und Grießen erfahren, wie die Gubener Lokalseite der Lausitzer Rundschau unter folgendem Link berichtet:
http://www.lr-online.de/regionen/guben/Waldspaziergaenger-entdecken-bei-Griessen-ungesichertes-Bohrloch;art1051,3967485

5. Kohle bundesweit: graswurzel tv über Protestcamp im Hambacher Forst

Seit beinahe einem halben Jahr halten Anti-Kohle Aktivist_innen den Hambacher Forst besetzt. Der bereits seit Jahrtausenden existierende und heute noch als Urwald bezeichnete Landstrich ist akut von der Rodung bedroht. Grund ist die Ausweitung des von RWE betriebenen Braunkohlentagebaus Hambach. Der Energiekonzern fördert in Europas größtem Tagebau den Brennstoff für seine Kohlekraftwerke im Rheinischen Revier. Die Aktivist_innen protestieren mit ihrer Besetzung gegen weitere Ausweitung der Braunkohlentagebaue im Revier. Graswurzel tv hat darüber einen Bericht gedreht, der hier abrufbar ist:
[Video 03:43] http://graswurzel.tv/p222.html

6. Termine

Termine in der Lausitz enthält nach wie vor unsere Seite
www.lausitzer-braunkohle.de/termine.php

Termine

Ausstellung "Unverkäuflich"
26 April 2024
10:00 - 20:00
Franz-Mehring-Platz 1, Berlin
Filmabend "Es kommt darauf an das Hoffen zu lernen"
21 Mai 2024
19:00 -
Salon des Franz-Mehring-Platzes 1, 10243 Berlin

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

 

Lausitzer Menschen für einen früheren Kohleausstieg

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Bitte unterstützt die Lacoma-Filmdokumentation

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