Wollten Sie schon immer mal einen zehn Kilometer langen Sandkasten zum Spielen? Oder einen Kühlturm, mit dem man selbst Wolken machen kann? Bei Interesse müssten Sie alle Löcher und Kühltürme im Paket nehmen, aber dafür sind sie gerade preiswert abzugeben. Nur die langfristigen Folgekosten müssten Sie sich egal sein lassen, sonst macht der deal keinen Spaß. Onkel Albrecht aus Potsdam bietet zwar an, die heimlich den Steuerzahlern in die Schuhe zu schieben, aber wer weiß, ob die dumm genug sein werden? Schlafen Sie nochmal drüber, bis zum 6. Oktober haben Sie Zeit.
Vattenfall hat mit einer Anzeige in der New York Times bekannt gemacht, dass sich Interessenten am Kauf des Lausitzer Braunkohlereviers bis 6. Oktober melden können. Sie bekommen dann Einsicht in alle Unterlagen und die zu übernehmenden Verträge und Verpflichtungen. Danach können sie (wenn sie dann noch wollen) ihre Gebote abgeben. Das Unternehmen geht selbst davon aus, dass sich der Verkaufsprozess bis in das nächste Jahr hinziehen wird. Ob es überhaupt zu einem Vertragsabschluss kommt, ist nicht sicher.
Vor der Sondersitzung des brandenburgischen Braunkohlenausschusses am 17. September forderten betroffene Bürger konsequente Maßnahmen gegen Ocker- und Sulfatbelastung aus dem Braunkohlebergbau. Sie empfingen die Ausschussmitglieder mit einem Transparent „Trinkwasser schützen, nicht Lobbyinteressen!“ und verteilten Becher mit Trinkwasser aus Frankfurt (Oder) an die Ausschussmitglieder.
"Trinkwasser ist wichtigste Lebensgrundlage aller Brandenburger. Bei seinem Schutz darf es keine Kompromisse zugunsten einzelner Wirtschaftslobbys geben. Unseren Wasserkunden drohen durch Folgen des Braunkohlebergbaus Mehrkosten in Millionenhöhe." sagte Jörg Gleisenstein, Stadtverordneter von Frankfurt (Oder) und Vertreter der Stadt im Braunkohlenausschuss.
Der Braunkohlenausschuss hatte im vergangenen Jahr beschlossen, eine zusätzliche Sondersitzung zu den umfangreichen Wasserproblemen des Lausitzer Bergbaureviers durchzuführen. Seitens der Landesplanungsbehörde war eine solche Sitzung nicht vorgesehen gewesen.
In der Sitzung des Ausschusses wurden allerdings entscheidende Fragen von Vattenfall und Behörden nicht beantwortet. Zur Frage, wie sich Vattenfall an den Kosten der Sulfatbelastung beteiligt, weigerte sich das Unternehmen sogar, überhaupt ans Mikrofon zu gehen. Die Steuerung und Verdünnung der Wassermassen in der Flutungszentrale Lausitz findet durch die steuerfinanzierte LMBV statt, muss die Folgen der Vattenfall-Tagebaue aber offenbar mit bewältigen.
Ministerpräsident Woidke ist Erklärungen schuldig, wenn er nach der Landesplanungskonferenz am 9. September in der Presse verkündete, zu neuen technischen Verfahren werde „intensiv geforscht, und ich bin fest davon überzeugt, dass wir da entsprechende Lösungen finden werden.“ Welche Forschungsaufträge an wen vergeben wurden, konnte oder wollte im Braunkohlenausschuss aber niemand beantworten.
Wirtschaftsminister Gerber hat vor dem Landtag kundgetan, dass Braunkohle in Brandenburg rechnerisch noch 2000 Jahre reichen würde. Seine Bergbehörde weigert sich im Braunkohlenausschuss anzugeben, welcher Flächenanteil des Landes Brandenburg dazu abgebaggert werden müsste. Angeblich wäre das zu aufwändig zu ermitteln. Dabei muss die Ausdehnung der Lagerstätten bekannt sein, um auf die in allen Zeitungen verkündete Kohlemenge zu kommen. Hier wird versucht, Ausschuss und Öffentlichkeit für dumm zu verkaufen.
Die nicht beantworteten Fragen hat Winfried Böhmer als Mitglied des Ausschusses nun mit der Bitte um schriftliche Beantwortung erneut der Geschäftsstelle übersandt. Sie finden diese Fragen hier als pdf-Datei
Hintergrund: Die Wasserwerke Frankfurt/Oder gewinnen Trinkwasser aus Uferfiltrat der Spree (Wasserwerk Briesen) und sind somit als erstes Wasserwerk von der bergbaubedingten Sulfatbelastung betroffen. Im weiteren Spreeverlauf liegt Berlins größtes Wasserwerk Friedrichshagen. Insgesamt ist die Wasserversorgung für 2 Millionen Trinkwasserkunden von der Qualität des Spreewassers abhängig. Die Berliner Wasserbetriebe haben deshalb deutlich kritische Stellungnahmen zu Braunkohlenplanverfahren in Brandenburg und Sachsen abgegeben. Eine in diesem Jahr im Auftrag der LMBV erstellte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die aktiven Vattenfall-Tagebaue 64 % der bergbaubedingten Sulfatbelastung verursachen, während 36 % Spätfolgen des DDR-Bergbaus darstellen. Auch die Belastung der Lausitzer Gewässer mit Ocker (Eisenhydroxid) kann durch die bisherigen Sofortmaßnahmen nur verringert, aber nicht gelöst werden. Die Gefahr für das Biosphärenreservat Spreewald ist noch nicht gebannt, wie das „Aktionsbündnis Klare Spree“ in einer im Mai veröffentlichten Zwischenbilanz deutlich macht.
Ausgerechnet am 17. September stoppte die Landestalsperrenverwaltung Sachsen die Einleitung von Wasser aus den Talsperren Bautzen und Quitzdorf in die Spree im Rahmen des Wassermanagements. Die mit der LMBV vereinbarte Menge von 23 Millionen Kubikmetern pro Jahr ist aufgebraucht. Damit sind die Möglichkeiten Sulfatkonzentrationen durch Verdünnung im Griff zu behalten, für dieses Jahr stark eingeschränkt. Im zeitgleich tagenden brandenburgischen Braunkohlenausschuss war davon nicht die Rede, obwohl man davon ausgehen kann, dass die dort anwesenden Fachbehörden und Bergbauunternehmen davon Kenntnis hatten.
Am 22. September veröffentlichte die nordrhein-westfälische Staatskanzlei in Düsseldorf einen Entwurf für die neue Leitentscheidung für das rheinische Braunkohlerevier: „Der langfristig erkennbare Rückgang der Braunkohleverstromung erfordert eine Neubewertung der Notwendigkeit des nach 2030 geplanten Umsiedlungsverfahrens. Die Leitentscheidung legt hierzu fest, dass der Tagebau Garzweiler II so zu verkleinern ist, dass die Ortschaft Holzweiler, die Siedlung Dackweiler und der Hauerhof nicht umgesiedelt werden.“ heißt es in der Pressemitteilung. Die Tagebaue Hambach und Inden sollen unverändert bleiben. Die Leitentscheidung soll nach einer Beteiligung der Öffentlichkeit im Frühjahr 2016 beschlossen und danach der Braunkohlenplan Garzweiler II entsprechend geändert werden.
Zwei Dinge an dieser Entscheidung müssten die Brandenburgische Politik ins Grübeln bringen:
Richtig ist wohl, dass die mitregierenden Grünen in NRW bei dieser Entscheidung im Gegenzug der Umsiedlung anderer Orte im Abbaugebiet zustimmen würden. Das kann man Kompromiss oder auch Kuhhandel nennen. Fest steht, die mitregierende Linke in Brandenburg hat nicht einmal das hinbekommen, als sie dem Braunkohlenplan zu Welzow-Süd II im Kabinett zustimmte.
Am 20.-26. September fand in Leipzig der Bundeskongress der Vereinten Dienstleistungsgewerk-schaft ver.di statt, zu dem es auch einen Antrag zur Energiepolitik gab. Im Frühjahr hatte sich ver.di-Chef Frank Bsirske auf dem Höhepunkt der Debatte um den vorge-schlagenen Klimabeitrag in einem Interview demonstrativ der Kohlelobby angeschlossen, was damals von vielen ver.di-Mitgliedern kritisiert wurde. Entsprechend wünschen sich diese Gewerkschafter einen Beschlusstext, der sich eindeutig für einen schrittweisen Braunkohleausstieg positioniert. Ver.di-Mitglieder aus der Lausitz und Hamburg hatten einen Änderungsantrag zum Energie-Antrag L001 verfasst, der zu dieser Klarheit führen sollte. Auch mit Hilfe unseres Rundbrief-Verteilers fanden sie kurzfristig Delegierte, die den Antrag beim Bundeskongress einreichten.
der Änderungsantrag auf der ver.di-Seite
Vor der Tür des Kongresses demonstrierten Braunkohle-Betroffene aus dem benachbarten mitteldeutschen Braunkohlenrevier
(Foto: Dorothee Berthold). Der Kongress verschob die Entscheidung letztlich jedoch, indem er sie in den Gewerkschaftsrat verwies. Statt fast 1000 werden nun weniger als 100 Gewerkschaft erinnen und Gewerkschafter über den Antrag abstimmen.
Die bündnisgrünen Kreisverbände der brandenburgischen und sächsischen Lausitz laden für Freitag, dem 2. Oktober nach Spremberg zur Konferenz mit dem Titel „Lausitz.Weiter.Denken. Denkverbote aufbrechen – präventiven Strukturwandel in der Lausitz gestalten!“ In den Referaten geht es unter anderem um die Perspektiven der Wirtschaftsregion Lausitz und um Strukturwandel-Erfahungen aus anderen Kohlerevieren. Die Veranstaltung findet von 17 bis 20 Uhr im Hotel Georgenberg statt. Das konkrete Programm steht unter
www.gruene-lausitz.org
Für das Projekt "Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des denkmalgeschützten Pfarrhauses" erhält die Solaranlage von Atterwasch den 2. Preis beim Umweltpreis 2015 des Ökumenischen Rates Berlin-Brandenburg. Den 1. Preis erhält die Evangelische Kirchengemeinde Berlin Kaulsdorf mit dem Projekt "Effiziente Etablierung eines Umweltmanagementsystems nach EMAS/Grüner Hahn". Die Preisverleihung findet am Donnerstag, dem 1. Oktober 2015 um 17:00 Uhr im Dom St. Marien, Domplatz, 15517 Fürstenwalde/Spree nach einem ökumenischen Gottesdienst statt. Derweil muss die Solaranlage in Atterwasch auf Anordnung des Landkreises Spree-Neiße bis zum 30. September demontiert werden, weil sie dem Denkmalstatus des Gebäudes zuwiderlaufe. Und nach wie vor setzt sich der zuständige Landrat gleichzeitig für die Abbaggerung von Atterwasch samt Kirche und Pfarrhaus durch den geplanten Braunkohletagebau Jänschwalde-Nord ein...