Nach der Wahl ist hoffentlich vor der Sachpolitik

Die künftigen Landesregierungen in Sachsen und Brandenburg müssen erwachsen werden und aufhören zu glauben, das alles die AfD stärkt, was nicht nach dem Willen der LEAG läuft. Nur dann können sie Politik im Sinne des Allgemeinwohls machen.

Es waren bundespolitische Themen, die das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in den sächsischen Landtag durchstarten ließen und auch CDU und AfD profitierten von der derzeitigen Wahrnehmung der „Ampel“ in Berlin. Öffentlich müssen vor allem die Grünen als Feindbild herhalten, meist verkörpert durch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Am konsequentesten durchgefallen ist allerdings die FDP, die mit 0,9 Prozent unter den „Sonstigen“ verschwindet, nur ganz knapp vor der Satiretruppe „Die Partei“. Alle drei Wahlsieger lehnen in ihren Wahlprogrammen ein Vorziehen des Kohleausstieges ab. Aber um weiteren Kohleabbau dürfte es nur sehr wenigen Wähler*innen gegangen sein.

Bleiben wir kurz bei Robert Habeck: Es ist nicht verwunderlich, dass sich Lobbyisten bundesweit mehr öffentlich finanzierte Gaskraftwerke wünschen, als für die Energieversorgung wirklich nötig ist. Wenn konkret die LEAG aus jedem jetzigen Braunkohle- ein Gaskraftwerk machen will, ist Vorsicht geboten. Da die Leistung vor allem in Südwestdeutschland zugebaut werden muss, wäre es schon ziemlich erklärungsbedürftig wenn alle vier LEAG-Standorte in Ostdeutschland den Zuschlag für so ein Kraftwerk bekommen. Die vernünftige Ausrichtung am Bedarf wird denn auch von Gewerkschaftsvertretern schon mal präventiv als „Benachteiligung ostdeutscher Standorte“ beschimpft. Kritik am Habeck-Ministerium ist zu einem populistischen Ritual geworden, mit dem oft ganz konkrete Lobbyinteressen verfolgt werden.

Aber unbestritten ist, dass der Kohleausstieg den Zubau einiger flexibler („wasserstoff-fähiger“) Gaskraftwerke in Deutschland erfordert. Wenn sich nicht mal bei der wirklich nötigen Kapazität an den wirklich sinnvollen Standorten etwas bewegt, kann niemand zufrieden sein. Solche Umsetzungsschwierigkeiten zu längst vereinbarten Schritten hat die aktuelle Bundesregierung auf verschiedensten Gebieten und gibt damit tatsächlich ein desaströses Bild ab.

In der Wahlberichterstattung durften auch alte Märchen wieder nicht fehlen. Die AfD sei besonders stark in den Grenzregionen, Abwanderungsregionen und Braunkohleregionen, wusste der ARD-Wahlexperte am späten Sonntagabend zu verkünden. Nun ist der sächsische Teil des Lausitzer Reviers gleichzeitig eine Grenzregion, die dreißig Jahre lang (trotz massiver Kohleverstromung) von Abwanderung geprägt war. Wie die Journalisten wenige Stunden nach der ersten Prognose diese Faktoren von der Braunkohle trennen und damit deren Bedeutung für das Wahlergebnis nachgewiesen haben wollen, bleibt vermutlich ihr Geheimnis. Ein räumlicher Zusammenhang der höchsten AfD-Ergebnisse mit Braunkohle-Arbeitsplätzen lässt sich auch diesmal nicht nachweisen. Weil wir das schon nach der Europawahl ausführlich dargelegt haben, können wir diesmal darauf verzichten.

Mögen die Kohlefreunde noch so laut tönen, in der Fläche hängen die AfD-Wählenden eher an Gasheizung und Dieselauto, haben keine Lust auf Kulturkämpfe um Gendersternchen, fürchten in einen Krieg hineingezogen zu werden und wollen vor allem die Zuwanderung begrenzen. Alles das mit realem Hintergrund, aber gleichzeitig irrational überhöht. Ein rechtes Weltbild wird von Umfragen etwa einem Viertel dieser Menschen bescheinigt.

Die künftigen Landesregierungen in Sachsen und Brandenburg müssen erwachsen werden und aufhören zu glauben, das alles die AfD stärkt, was nicht nach dem Willen der LEAG läuft. Nur dann können sie Politik im Sinne des Allgemeinwohls machen. Dazu gehört es, die LEAG nicht als Bürgerbewegung zu verklären, sondern als das zu sehen und darzustellen, was sie ist: Teil des Firmenimperiums des Oligarchen Daniel Křetínsky, dessen Name in Lausitzer Medien bisher auffallend selten fällt. Würde in der Lausitz überhaupt erst einmal angefangen, auch öffentlich über Křetínskys Strategie zu diskutieren, würde selbst der AfD die ihr unterstellte Nibelungentreue zum Kohlekonzern sehr viel schwerer fallen.

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

 

Lausitzer Menschen für einen früheren Kohleausstieg

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Lausitzer Kohlerundbrief