Bergrechtsreform: Goldener Handschlag für Tagebaubetreiber

tagebau nochtenWährend der Bundestag am Mittwoch über die öffentlich-rechtlichen Verträge der Bundesregierung mit den Braunkohleunternehmen LEAG und RWE abstimmte, droht ein Gesetzentwurf aus dem Wirtschaftsministerium zukünftige Klimapolitik weiter zu verteuern. Die Klima-Allianz Deutschland, der Deutsche Naturschutzring e.V. (DNR), GRÜNE LIGA, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), ClientEarth, Alle Dörfer bleiben und Greenpeace warnen in ihrer Stellungnahme vor zusätzlichen Kosten für den Kohleausstieg.

Mit den vorgeschlagenen Änderungen im Bundesberggesetz sichern sich die Kohlebetreiber längere Genehmigungen für ihre Tagebaue und damit möglicherweise weitere Entschädigungsansprüche an die öffentliche Hand, zusätzlich zu den milliardenschweren Zusagen im Rahmen des Kohleausstiegs. Durch eine geplante Verlängerung der Zulassungen von Hauptbetriebsplänen verbessern sie bei künftigen Änderungen, etwa für zusätzliche staatliche Klimaschutzmaßnahmen, ihre Rechtsposition, um später Schadensersatzforderungen erheben zu können. Bereits mit den öffentlich-rechtlichen Verträgen können Braunkohleunternehmen zukünftige Klimapolitik erschweren. Enteignungen für den Abbau von Braunkohle sollen dagegen weiterhin erlaubt sein.

Jasmin Ziemacki, Kohleexpertin der Klima-Allianz Deutschland, ergänzt: „Die EU hat sich gerade auf höhere Klimaziele geeinigt, aber von höheren Klimaschutz-Ambitionen kann bei dieser Reform keine Rede sein. Eine Vervielfachung der Zulassungszeit bringt unnötige rechtliche Risiken mit sich, für den Klimaschutz und für die deutschen Steuerzahler. Schon heute leiden Millionen Menschen, insbesondere im Globalen Süden, unter den Folgen der Klimakrise. Anstatt einen Kohleausstieg vorzubereiten, mit dem Deutschland einen gerechten Beitrag zur Einhaltung des 1,5 Grad-Limits leistet, setzt das BMWi alles daran, dies zu verhindern und Klimaschutz zu blockieren. Dies passiert wieder einmal im Hauruck-Verfahren mit einer extrem kurzen Beteiligungsfrist.“

„Die Umsetzung des Kohleausstiegs verkommt immer mehr zur Farce, wenn an allen möglichen Stellschrauben so gedreht wird, dass Kohlebetreiber gegen künftige Änderungen weitestgehend immun gemacht werden. Denn dass wir mehr Klimaschutz in der Zukunft brauchen, zeichnet sich bereits jetzt ab. Bereits die öffentlich-rechtlichen Verträge geben Betreibern ein Instrument an die Hand, künftige Klimapolitik zu erschweren. Dies setzt sich nun mit der vorliegenden Bergrechtsreform fort“, warnt Ida Westphal von ClientEarth.

„Die Gesetzesnovelle zum Bundesberggesetz liest sich wie ein Wunschzettel der Braunkohlebetreiber. Sie verschafft Betreibern von Tagebauen zusätzliche Möglichkeiten, bei künftigen Klimaschutzmaßnahmen Schadensersatzansprüche gegen die öffentliche Hand durchzusetzen“, kritisiert René Schuster von der GRÜNEN LIGA. „Das Risiko für die Steuerzahler wird im Gesetzentwurf verschwiegen.“

„Das neue EU-Klimaziel erfordert in Deutschland einen Kohleausstieg bis spätestens 2030. Dafür müssten dann auch die Tagebauplanungen flexibel angepasst werden können. Dies wird durch die vorgelegte Gesetzesnovelle aber erschwert und nicht erleichtert. In Zeiten des Kohleausstiegs braucht es endlich einen modernen Rechtsrahmen, der Ressourcen schont und Menschen vor unnötiger Enteignung schützt“, sagt Thorben Becker vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). „Auf keinen Fall dürfen weitere Entschädigungsansprüche für die Braunkohlebetreiber geschaffen werden. Wir setzen uns seit vielen Jahren für eine grundlegende Reform des veralteten und undemokratischen Bergrechts in Deutschland ein, doch bisher wurde keine unserer Forderungen aufgenommen“, so Becker weiter.

„Wirtschaftsminister Peter Altmaier will daran festhalten, dass Menschen für den Abbau von klimaschädlicher Braunkohle enteignet werden können. Das Bundesberggesetz schafft dafür die Grundlage. Der Enteignungsparagraph im Bergrecht muss abgeschafft werden, denn er verletzt unsere Grundrechte und ist im Angesicht der drohenden Klimakrise sicher nicht mehr zeitgemäß!“, so David Dresen aus Kuckum, dessen Bauernhof auch nach der geplanten Bergrechtsreform für die Erweiterung des Tagebau Garzweiler enteignet werden dürfte.

„Statt das Bundesberggesetz einseitig auf die Interessen der Braunkohlekonzerne auszurichten, brauchen wir eine umfassende Reform, die einen nachhaltigen und ressourcenschonenden Umgang mit Rohstoffen in den Mittelpunkt stellt“, fordert Greenpeace Energieexperte Karsten Smid.

Hintergrund:

Der Gesetzentwurf zur Reform des Bundesberggesetzes erleichtert sämtliche Tagebauzulassungen für Braunkohlebetreiber. Mit der deutlichen Verlängerung der Laufzeit von Hauptbetriebsplänen ermöglicht der Entwurf voraussichtlich erhebliche Schadensersatzforderungen gegen Klimaschutzmaßnahmen. Erst mit der Zulassung eines Hauptbetriebsplans erhalten Betreiber die Genehmigung für den Abbau von Braunkohle und können Schadensersatz einfordern, sollten spätere staatliche Entscheidungen den Abbau einschränken. Bisher wurde keine Kraftwerksstilllegung beschlossen, durch die ein bereits zugelassener Hauptbetriebsplan nicht mehr umgesetzt werden kann. Der Gesetzesentwurf sieht kombinierte Betriebspläne mit einer Laufzeit von acht Jahren und Hauptbetriebspläne von fünf Jahren vor. Damit könnten Betreiber Schadensersatz für ein Vorziehen des Enddatums anlässlich des Überprüfungszeitpunktes des Kohleausstiegs einfordern – eine Art Versicherung der Betreiber gegen Klimaschutz.

Der Gesetzesentwurf sieht weitere Erleichterungen für Bergbautreibende vor, die in der Stellungnahme erläutert werden.

Links:

BUND: Kernforderungen zur Novellierung des Bergrechts

DNR-Forderungen zum BBergG

Forderungskatalog von Gesteinsabbau betroffener Initiativen

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