Rundbrief vom 22. März 2011

1. Welche Brücke soll es sein?kohlerundbrief 2011 03 22 bild

2. 30 Jahre Kraftwerk Jänschwalde

3. Proteste auch in Müllrose

4. Erfolg unseres Protestes: Land legt Energiegutachten offen

5. DIE LINKE und CCS - zwei Beschlüsse

6. Link zu den Bildbänden aus der Muskauer Heide

Sehr geehrte Interessenten,

nachdem wir uns nun wegen hoher Arbeitsbelastung einige Tage nicht gemeldet haben, gibt es hier wieder aktuelle Informationen zur Lausitzer Braunkohle.

1. Welche Brücke soll es sein?

Die Ereignisse in Fukushima haben in Deutschland eine neue Debatte darüber angestoßen, was die richtige "Brückentechnologie" auf dem Weg in ein erneuerbares Zeitalter ist. Schon wittern die Braunkohlelobbyisten Morgenluft. Die Mehrheit der Experten und Umweltverbände rät der Regierung jedoch, für den Übergang verstärkt auf Einsparung, Erdgas und Kraft-Wärme-Kopplung zu setzen. Zu weniger CO2-Emissionen, besserer Regelung des Stromnetzes und oft höherer Nutzung der Abwärme kommt noch hinzu, dass Gas zur Zeit deutlich preiswerter ist, als vor Jahren angenommen. Doch trotz aller dieser Argumente könnten sich die Auseinandersetzungen um Braunkohle in der Lausitz wieder verschärfen. Wir bleiben weiter am Ball!

2. GRÜNE LIGA fordert Plan für den Abschied von Deutschlands zweitgrößtem Klimakiller

30 Jahre Kraftwerk Jänschwalde - sozialverträgliche Stillegung um 2020 jetzt vorbereiten!

Zum 30. Jahrestag des Braunkohlekraftwerkes Jänschwalde (21.03.2011) forderte die GRÜNE LIGA am Montag in einer Pressemitteilung, den Betrieb dieses Kraftwerkes auf höchstens zehn weitere Jahre zu beschränken und die sozialverträgliche Gestaltung dieses Prozesses jetzt zu planen.

Das Kraftwerk kann mit bereits zum Abbau genehmigten Kohlevorräten noch etwa 10 weitere Jahre betrieben werden. Politik und Vattenfall müssen beginnen den sozialverträglichen Abschied von diesem Kraftwerksstandort zu organisieren, statt trügerischen Träumen von ewiger Braunkohleverstromung nachzuhängen. Die neueren und moderneren Kraftwerksblöcke in Schwarze Pumpe und Boxberg können - ebenfalls mit bereits zum Abbau genehmigter Kohle - noch deutlich länger in Betrieb bleiben und so einen schrittweisen Ausstieg aus der Braunkohle ermöglichen.

In 30 Jahren wurden der Belieferung allein dieses Braunkohlenkraftwerkes durch benachbarte Tagebaue die Lausitzer Dörfer Klinge, Klein Bohrau, Klein Briesnig, Weißagk, Horno, Klein Lieskow, Groß Lieskow, Tranitz und Lakoma geopfert. Zudem wurden Teile der Randgemeinden Merzdorf, Schlichow, Dissenchen, Gosda, Grötsch und Heinersbrück umgesiedelt sowie wertvolle Naturräume zerstört.

Das Kraftwerk Jänschwalde ist das zweitgrößte Klimakiller Deutschlands. Bei einer Abschaltung der Altanlagen im rheinischen Frimmersdorf wäre es in Kürze Deutschlands klimaschädlichstes Kraftwerk. Pro erzeugter Kilowattstunde Strom werden hier nach letzten Vattenfall-Angaben 1148 g klimaschädliches Kohlendioxid ausgestoßen. Modernisierungen an Turbinen können dabei nur Schadensbegrenzung leisten, bringen aber keine Zukunftsfähigkeit. Auch die umstrittene CCS-Demonstrationsanlage könnte nichts daran ändern, da sie als zusätzlicher Block errichtet werden soll, ohne eine Altanlage zu ersetzen.

Vor einem geplanten Neubau des Kraftwerkes mit CO2-Abscheidung und Endlagerung plant Vattenfall offenbar eine drastische Laufzeitverlängerung für die klimaschädlichen Altanlagen nach 2020. Beides ist jedoch als Brückentechnologie ins erneuerbare Zeitalter untauglich, da

  • es die Umsiedlung weiterer Orte durch neu aufzuschließende Tagebaue erfordern würde,
  • ein Weiterbetrieb der klimaschädlichen Bestandsblöcke über 2020 hinaus weder mit deutschen noch europäischen Klimaschutzzielen vereinbar ist,
  • ein kommerzielles Neubaukraftwerk auf CCS-Basis riesige CO2-Endlagerkapazitäten weit über die aktuell diskutierten in Beeskow oder Neutrebbin hinaus erfordern würde,
  • keine nennenswerte Nutzung der anfallenden Wärme absehbar ist und
  • Braunkohlenkraftwerke nicht die künftig nötige Flexibilität und Teillastfähigkeit zur Regelung des Stromnetzes aufweisen.

3. Proteste am Sonnabend auch in Müllrose

Bei einer Protestaktion auf dem Marktplatz der märkischen Kleinstadt Müllrose demonstrierten am kohlerundbrief 2011 03 22 bildSonnabend (19. März) über 300 Bürger gegen die geplante Verpressung von Kohlendioxid (CO2) aus Lausitzer Kohlekraftwerken des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall in Ostbrandenburg. Die erste Kundgebung der im Herbst 2010 gegründeten Bürgerinitiative gegen die CO2-Verpressung Müllrose bezeichnete der Vorsitzende Roland Krampski als „vollen Erfolg“. Die Menschen in der Region lehnen die umstrittene CCS-Technologie (Car-bon Capture and Storage) vehement ab. In den letzten Jahren habe sich die Region als beliebte Erholungsregion entwickelt. Dies wolle man nicht durch das „Stigma Endlagerregion aufs Spiel setzen“, sagte Krampski.

Angesicht der Debatte über die Stilllegung von Atomkraftwerken warnte die Brandenburger Abgeordnete im Europäischen Parlament Elisabeth Schroedter (B90/ Die Grünen) auf der Kundgebung vor einer „Renaissance der Kohle“ und erteilte der CO2-Verpressung eine klare Absage. (aus der Pressemitteilung der Bürgerinitiative; Foto: Müller-Maas)

4. Erfolg unseres Protestes: Land legt Energie-Gutachten offen

Wurde Studie zur Energiestrategie politisch beeinflußt ?

Nachdem wir mit einem Brief an Wirtschaftsminister Ralf Christoffers und einer Pressemitteilung auf die Geheimhaltung der Grundlagenstudie zur derzeitigen Energiestrategie des Landes aufmerksam gemacht haben, hat das Ministerium Anfang März reagiert und die Studie ins Internet gestellt:

http://www.energie.brandenburg.de/sixcms/detail.php?template=energieland

(downloads rechts unten)

Inzwischen hat sich die vom Tagebau bedrohte Gemeinde Schenkendöbern mit einem Schreiben an alle Landtagsabgeordneten gewandt, um nochmals auf die Forderungen zur Energiestrategie hinzuweisen (zu den Forderungen siehe Rundbrief vom 18. Februar auf

(http://www.lausitzer-braunkohle.de/aktuell.php)

Bei Durchsicht des PROGNOS-Gutachtens zeigt sich, dass die Erstellung der bisherigen brandenburgischen Energiestrategie den von uns formulierten fachlichen Anforderungen bei weitem nicht gerecht wurde. Der Verdacht, das Ministerium (damals noch unter Ulrich Junghanns) könnte die Prognosen für den Export von Braunkohlenstrom im Wesentlichen von Vattenfall übernommen haben, wird eher noch bestärkt: Denn die Gutachter begründen ihre Zahlen mit einer "qualitativen Erörterung" die zu dieser Frage stattgefunden habe (S.75). Wurde ihnen dort gesagt, wie die Ergebnisse auszusehen haben? Eine Erhöhung des Stromexportes aus Brandenburg von 24 auf 38 Terrawattstunden im Jahr 2020 (S. 74) muß wohl dringend hinterfragt werden. Ähnlich steht es um den sich daraus ergebenden Primärenergieverbrauch von 603 PetaJoule. Nach diesen Prognosen würden künftig sogar 70 % des in Brandenburg erzeugten Stroms exportiert!

Die eigentlich gar nicht neue Erkenntnis, dass ein Ausbau der Erneuerbaren mit einer Verringerung der Braunkohleverstromung Hand in Hand gehen muß, muß bei der jetzt geplanten Fortschreibung der Energiestrategie endlich berücksichtigt werden!

5. DIE LINKE und CCS - zwei Beschlüsse

Zwei unterschiedliche Beschlüsse zur CCS-Technologie faßte in diesem Monat der Landesparteitag der LINKEN einerseits und die Bundestagsfraktion andererseits. In beiden Beschlüssen kommt jedoch eine grundsätzlich kritische Einstellung zu CCS zum Ausdruck.

Die Auffassung der Bürgerinitiativen, nämlich CO2-Verpressung bundesweit zu unterbinden (was die entsprechende EU-Richtlinie bekanntlich ermöglicht) machte sich am 22. März die linke Bundestagsfraktion zu eigen und bringt einen entsprechenden Gesetzentwurf in das Parlament ein. Der Gesetzentwurf war zu unserem Redaktionsschluß noch nicht mit Drucksachennnummer auf der Bundestagsseite präsent. Er steht allerdings hier:

http://www.nachhaltig-links.de/index.php/fossile/kohle-und-css/633-co2-speicherverbot

Am 5. März hatte zuvor in Potsdam der brandenburger Landesparteitag getagt, der zu CCS mit kleinen Ergänzungen einem Vorschlag aus der mitregierenden Landtagsfraktion folgte. Die Partei fordert die Landesregierung darin auf, im Bundesrat keinem CCS-Gesetz zuzustimmen, dass nicht eine Reihe bestimmter Kriterien erfüllt. Konkret sind u.a. die Kriterien 40 statt 30 Jahre Haftung des Betreibers und 99 %ige Reinheit des zu verpressenden Gases (Vattenfall plant bisher 95%) Ob das Kriterium "Akzeptanz der Bevölkerung" eine gute Idee zur Verhinderung von CCS oder eher ein Wegschieben der Verantwortung darstellt, darüber gibt es geteilte Meinungen. Der Beschluß im Original steht hier:

http://www.dielinke-brandenburg.de/fileadmin/2._LPT/2._Tagung/Beschluesse/Beschluss%20CCS.doc

6. Link zu den Bildbänden aus der Muskauer Heide

Nachdem wir in einem der früheren Rundbriefe auf die Bildbände "Unterwegs in Rohne" und "Ansichten aus der niederen Muskauer Heide" hingewiesen haben, in denen die vom Tagebau Nochten bedrohte Landschaft gezeigt wird, hier noch einmal der korrekte Link: Sie finden sich auf www.rohne.info unter "Souvenirshop"

Termine

Einwendungsfirst: Gas- und Speicherkraftwerk Jänschwalde
02 April 2024
Buchvorstellung: "Angels over Lusatia"
17 April 2024
19:00 - 21:00
Helle Panke e.V., Kopenhagener Str. 9, 10437 Berlin
Ausstellung "Unverkäuflich"
26 April 2024
10:00 - 20:00
Franz-Mehring-Platz 1, Berlin
Wir beim Umweltfestival in Berlin
28 April 2024
Berlin, Straße des 17. Juni

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

 

Lausitzer Menschen für einen früheren Kohleausstieg

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Bitte unterstützt die Lacoma-Filmdokumentation

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