Rundbrief vom 30. November 2011

1. Mehr als 3.700 Einwendungen gegen neuen Tagebau Welzow IIkohlerundbrief 2011 11 30 bild

2. Internes Gutachten: Brandenburgs Klimaziele sind erreichbar

3. Minister-Deutsch - die Exklusivübersetzung

Sehr geehrte Interessenten,

aus aktuellem Anlaß ein neuer Kohle-Rundbrief:

1. Mehr als 3.700 Einwendungen gegen neuen Tagebau Welzow II

kohlerundbrief 2011 11 30 bildCottbus, 30. 11. 2011. Mehr als 3.700 Bürger sprechen sich mit Einwendungen gegen den von Vattenfall beantragten Braunkohletagebau Welzow-Süd II aus. Die Umweltorganisationen Grüne Liga, BUND und Greenpeace übergaben heute 2.736 Einwendungen an die Landesplanungsbehörde in Cottbus, weitere etwa 997 lagen der Behörde bereits vor. Zu den Unterzeichnern zählt auch der Schauspieler und Theaterintendant Peter Sodann, der im Jahr 2009 als Bundespräsident kandidierte. Er und mehr als 3.700 weitere Menschen haben sich der Stellungnahme der Umweltverbände angeschlossen, um das klimaschädliche Vorhaben zu stoppen.

Der geplante Tagebau wird durch die Verbrennung der Kohle nicht nur über Jahrzehnte den Klimawandel weiter anheizen, sondern auch mehr als 800 Menschen aus ihrer Heimat umsiedeln. „Zahlreiche Menschen in Welzow sprechen sich klar gegen den neuen Tagebau und die Umsiedlung des Dorfes Proschim aus“, sagt René Schuster von der Grünen Liga. „Jede einzelne dieser Einwendungen zeigt, dass es keine Akzeptanz für einen weiteren Tagebau gibt.“

Für Anfang 2012 plant die brandenburgische Landesregierung eine neue Energiestrategie 2030. „Mit der kürzlich vorgelegten Grundlagenstudie offenbart die Landesregierung, dass sie um jeden Preis am Klimakiller Braunkohle festhalten will“, sagt Axel Kruschat, Geschäftsführer des BUND Brandenburg. „Die beschlossenen Klimaziele für das Jahr 2030 wird Brandenburg so nicht erreichen.“ Bis 2020 soll das Land seine Treibhausgasemissionen um 40 Prozent, bis zum Jahr 2030 um weitere 35 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 gesenkt haben.

„Die Klimaziele Brandenburgs und Deutschlands sind nur mit einem Ausstieg aus der extrem klimaschädlichen Braunkohle zu erreichen“, sagt Anike Peters, Energieexpertin von Greenpeace. „Wenn Ministerpräsident Platzeck neue Tagebaue zulässt, trägt er nicht nur die Verantwortung für die Abbaggerung ganzer Dörfer, sondern auch eine Mitschuld an den Folgen der Klimaerwärmung in anderen Ländern.“ Erst kürzlich haben sich drei Frauen aus Afrika und Asien beim Vattenfall-Kraftwerk Jänschwalde ein Bild davon gemacht, wie in Deutschland der Klimawandel angeheizt wird. Die Klimazeuginnen aus Nigeria und Südafrika berichteten, wie die Menschen in ihren Heimatländern in Folge der Erderwärmung an Dürren und Nahrungsmittelknappheit leiden.

Hinweis: Bei den ursprünglich gemeldeten Zahl 3900 war es zu Doppelzählungen von Online-Einwendungen gekommen, die der Behörde bereits vorlagen. Bis zum Tagesende können jedoch noch weitere Stellungnahmen eingehen.

2. Internes Gutachten: Brandenburgs Klimaziele sind erreichbar

Wie die Potsdamer Neuesten Nachrichten heute berichten, liegt dem Brandenburger Umweltministerium eine Kurzstudie vor, derzufolge das Land seine Klimaziele für 2030 erreichen und für 2020 sogar um vier Millionen Tonnen CO2 verschärfen kann.

Damit widerspricht das Papier den Gutachten des Wirtschaftsministeriums, in dem die Klimaziele als nicht erreichbar hingestellt werden. Das im Auftrag des Wirtschaftsministers erstellte und im Oktober veröffentlichte Gutachten der Firma A.T.Kearney hatte die Annahmen seiner Berechnung nicht offengelegt und war dafür in die Kritik geraten. (vgl. frühere Rundbriefe)

3. Minister-Deutsch - die Exklusivübersetzung

Derzeit kursiert in einer brandenburger Regierungspartei ein Papier "zum Stand der Erarbeitung der Energiestrategie". Damit es zwischen Minister und Wähler zu keinen Kommunikationsproblemen kommt, bieten wir hier exklusiv eine Übersetzung der in Bezug auf Braunkohle wichtigsten Formulierungen:

1. Ministerdeutsch: "Zur Ableitung eines breiten Zielkorridors haben wir zwei Hauptszenarien in jeweils drei Varianten (Reduktion von Kraftwerkskapazitäten, Effizienzsteigerung, Einsatz CCS) rechnen lassen." Wählerdeutsch: "Wir wollen unsere Klimaschutzziele aufgeben."

Denn: Jedes Klimaschutzziel ist eine Obergrenze. Deshalb ist die Untergrenze eines "Korridors" völlig egal. Ihr einziger Zweck ist, von der Obergrenze abzulenken und dem Vorgang einen moderaten Anstrich zu verpassen.

2. Ministerdeutsch: "Brandenburg unterstützt nationale und europäische Klimaschutzziele; wir werden die europäischen und nationalen Vorgaben bei den CO2-Emissionen nicht überschreiten." Wählerdeutsch: "Unser brandenburger Klimaziel für 2030 gefällt uns nicht mehr. Wir suchen eine Ausrede."

-> Nur dumm, dass es sogar im Koalitionsvertrag steht und auch die bundesweiten Ziele nur umsetzbar sind, wenn man bei den klimaschädlichsten Kraftwerken ansetzt, also besonders bei der Braunkohle.

3. Ministerdeutsch: "Fossile Kraftwerke bleiben als Brückentechnologien erforderlich, die Notwendigkeit ihres Einsatzes ist allerdings einer periodischen Revision zu unterziehen; vorbereitende Planungen können heute nicht abgebrochen werden." Wählerdeutsch: "Wir wollen die Braunkohlenplanverfahren einfach durchziehen. Die Dörfer sollen auf Verdacht umgesiedelt werden, egal ob die Kohle später gebraucht wird oder nicht."

-> Sprachlich exzellent verschleiert, aber dummerweise nicht verfassungsgemäß. Wenn die "vorbereitenden Planungen" nämlich in Grundrechte der Dorfbewohner eingreifen wollen, müsste die Notwendigkeit schon nachgewiesen werden.

Unser Preisrätsel: Wer den Verfasser der Sprachbeispiele richtig errät, darf fortan den Titel "mündiger Bürger" tragen.

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