Rundbrief vom 11. Mai 2014

1. Künstler fordern in offenem Brief die Rettung ProschimsKohlerundbrief 2014 05 11 Bild1
2. Kritik an Geheimverhandlungen zwischen Vattenfall und der Stadt Welzow
3. Studie zu Quecksilberemissionen deutscher Kohlekraftwerke
4. Netzwerk Bergbaugeschädigter e.V. der Lausitzer Braunkohleregion gegründet
5. Fernsehdiskussion zur Kohle beim MDR
6. Stellungnahme des Rates für sorbische/wendische Angelegenheiten
7. Nachgereicht: Film vom Protestspaziergang in Rohne
8. Kerkwitz hat einen Dorfladen
9. Tagebausee wegen nachträglicher Sanierung für 8 Jahre gesperrt
10. Tagebaustaub verdunkelte Deutzen
11. Zu guter Letzt: DIE PARTEI informiert über Tagebau Cottbus-Mitte

(Foto: Gründungsmitglieder von „Netzwerk Bergbaugeschädigter e.V. der Lausitzer Braunkohleregion (i.G.)“)

1. Künstler fordern in offenem Brief die Rettung Proschims

22 Künstler, darunter der Schauspieler Armin Müller-Stahl, haben in einem offenen Brief Ministerpräsident Woidtke und den Berliner OB Wowereit aufgefordert, die Zerstörung des Dorfes Proschim durch den Tagebau zu verhindern. Initiiert hatte den Brief Tobias Morgenstern, Intendant des "Theaters am Rand". Den offenen Brief fügen wir diesem Rundbrief bei. Bemerkenswert, wenn auch nicht verwunderlich: der ausführlichste Artikel darüber findet sich nicht etwa in der Lausitzer Rundschau, sondern in der Märkischen Allgemeinen Zeitung. Leider ist er dort nur mit Anmeldung online abrufbar.

2. Kritik an Geheimverhandlungen zwischen Vattenfall und der Stadt Welzow

In der vergangenen Woche berichteten RBB und Lausitzer Rundschau über den Abschluss von Verhandlungen zu einem Umsiedlungsvertrag zwischen der Stadt Welzow und dem Bergbauunternehmen Vattenfall.
"Es kann nicht angehen, dass wir als Betroffene nur das Ergebnis vorgesetzt bekommen, während die traditionell kohlefreundliche SPD mit Vattenfall hinter verschlossenen Türen über unsere Zukunft verhandelt", kritisierte die Spitzenkandidatin der "Grünen Zukunft Welzow" für die Stadtverordnetenwahl am 25. Mai Hannelore Wodtke.
Den Presseberichten zufolge gehe es dabei um den gesamten Tagebau Welzow-Süd II, also inklusive Proschim. Inhalte des Vertrages sind jedoch noch nicht öffentlich, so dass diese Behauptung nicht überprüft werden kann. Eine Verhandlungsgruppe der Stadt hatte es lediglich zur Umsiedlung des Wohngebietes V gegeben, weil die Stadtverordneten sich 2011 klar gegen jede Inanspruchnahme Proschims positioniert haben.
Der Stadtverordnete Günter Jurischka (CDU) verweist auf folgendes:

  • Der Beschluss SV67/2011 verbietet es der Bürgermeisterin irgendetwas zu unternehmen, was eine Umsiedlung Proschims befördern könnte. Im Gegenteil: Sie ist verpflichtet, die Umsiedlung mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln (z. B. Klagen) zu verhindern.
  • Noch im März hatte die Bürgermeisterin eine Beschlussvorlage auf den Weg bringen wollen, um eine Verhandlungsgruppe Proschim einsetzen zu können, damit auch über Proschim Verhandlungen geführt werden könnten. Dieser Vorschlag scheiterte. Der Ortsbeirat lehnte das Vorhaben ab und die Beschlussvorlage wurde daraufhin zurückgezogen.
  • In Rechtsstreiten vor dem VG Cottbus betonte die Bürgermeisterin mehrfach, dass der Forderungskatalog, der nun Gegenstand der Verhandlungen mit Vattenfall ist, keinerlei Belange Proschims oder der landwirtschaftlichen Betriebe berühre. Dies wiederholte sie auch mehrfach öffentlich, u. a. in der Erörterung zum Braunkohlenplan Welzow-Süd II im Dezember und in der Stadtverordnetenversammlung im Februar dieses Jahres.
  • Sollte die Bürgermeisterin Verhandlungen mit Vattenfall auch über Proschim führen, wäre dies rechtswidrig. Sie hat für solche Verhandlungen keinerlei Mandat. Im Gegenteil: Die geltende Beschlusslage untersagt ihr sämtliche Verhandlungen mit Vattenfall über Proschim und die landwirtschaftlichen Betriebe.

3. Studie zu Quecksilberemissionen deutscher Kohlekraftwerke

In der vergangenen Woche berichtete die bundesweite (also nicht die Lausitzer) Presse über eine neue Studie zu Quecksilberemissionen aus deutschen Kohlekraftwerken. „Würde die Bundesrepublik die deutlich strengeren Grenzwerte der USA übernehmen, müssten hierzulande umgehend rund 50 Kohlekraftwerke vom Netz gehen, ihre Abgasreinigung anpassen oder Kohle mit einem geringeren Quecksilber-Gehalt verfeuern.“ so die Gutachter laut Frankfurter Rundschau:
HTTP://WWW.FR-ONLINE.DE/ENERGIE/KOHLEKRAFTWERKE-NERVENGIFT-AUS-DEM-SCHORNSTEIN-,1473634,27001636.HTML

4. Netzwerk Bergbaugeschädigter e.V. der Lausitzer Braunkohleregion gegründet

Betroffene von Bergschäden durch den Braunkohletagebau gründeten am 8. Mai eine gemeinsame politische Vertretung. Nach dem Vorbild der erfolgreichen Vereinigung im Kohlerundbrief 2014 05 11 Bild1Kohleland Nordrhein-Westfalen wollen die Lausitzer Bürger unter dem Namen „Netzwerk Bergbaugeschädigter e.V. der Lausitzer Braunkohleregion (i.G.)“ gemeinsam für ihre Rechte kämpfen. Als erste Vorsitzende wurde Petra Franz aus Neupetershain (Oberspreewald-Lausitz) gewählt. Zu den Gründungsmitgliedern gehören auch die Landtagsabgeordneten Monika Schulz-Höpfner (CDU), Sabine Niels (B90/ Die Grünen) und Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann (fraktionslos).
„Wir wollen die gemeinsamen Interessen der von Tagebau betroffenen Menschen in der gesamten Lausitz und den damit verbundenen Folgen für Umwelt, Gesundheit, Sicherheit und Eigentum vertreten und über Grundsatzfragen in Bezug auf Bergschäden aufklären“, erläutert Franz: „Die Betroffenen fühlen sich von der Landesregierung allein gelassen. Die Regulierung und Anerkennung der Bergbauschäden liegt ausschließlich in der Hand des Bergbaubetreibers. Der potenzielle Verursacher begutachtet allein den möglichen Schadensfall. Daraus resultieren mitunter willkürlich erscheinende Schadensbewertungen“.
Als erste Aufgabe will der Verein Kontakt mit Minister Ralf Christoffers aufnehmen um über die geplante Einrichtung einer Schlichtungsstelle für Bergschäden zu sprechen. „Den Vorschlag des Ministers, die Schlichtungsstelle an die Industrie- und Handelskammer (IHK) Cottbus anzubinden, sehen wir durchaus kritisch“, erklärt Franz. Sowohl Kammerpräsident Klaus Aha (Vorstandsmitglied Vattenfall Europe Generation AG) als auch IHK-Geschäftsführer Dr. Wolfgang Krüger sind öffentliche Befürworter der weiteren Stromerzeugung aus Braunkohle. „Eine wirkliche Unabhängigkeit der Schlichtungsstelle sehe ich hierdurch nicht gegeben“, sagte die neue Vorsitzende. Weiterhin sind Informationsveranstaltungen im Brandenburger und Sächsischen Teil der Lausitz geplant.
Einen ersten Lichtblick berichtete die Landtagsabgeordnete Monika Schulz-Höpfner an dem Abend. So werde bereits in der nächsten Woche vom Landtag in NRW eine Bundesratsinitiative zur Beweislastumkehr bei Bergschäden verabschiedet. Der Antrag zur Änderung des Bundesbergrechts wird dort von einer SPD, CDU und Bündnis90/ Die Grünen parteiübergreifend eingebracht. Nach aktuellem Bundesbergrecht stehen Betroffene in Braunkohletagebaugebieten vor der schwierigen Aufgabe, selbst nachweisen zu müssen, ob es sich bei Schäden an ihren Immobilien um Bergschäden durch den Braunkohletagebau handelt
„Wir erinnern Wirtschaftsminister Ralf Christoffers daran, dass er dem Brandenburger Landesparlament und den von Bergbauschäden Betroffenen in der Lausitz in der Landtagsdebatte im Juni 2013 sein Versprechen gab, dieses Anliegen zu unterstützen“, mahnte Sabine Niels. Die Brandenburger Grünen und die CDU hatten im Juni 2013 bereits die Einrichtung einer Schlichtungsstelle und die Änderung der Beweislast von der rot-roten Landesregierung eingefordert.
Internetseite des Vereins ist www.netzbege-lausitz.de, die die bisherige Seite netzwerk-tagebaurand.de ersetzt.

5. Fernsehdiskussion zur Kohle beim MDR

Der MDR sendete in der vergangenen Woche eine bemerkenswerte Fernsehdiskussion zwischen Befürwortern und Gegnern neuer Tagebaue. Ungewöhnlich dabei: ein Gespräch mit einem Vattenfall-Mitarbeiter, der anonym bleiben muss, um keine Nachteile befürchten zu müssen:
http://www.mdr.de/mediathek/fernsehen/a-z/video194532_letter-F_zc-33698ed5_zs-dea15b49.html

6. Stellungnahme des Rates für sorbische/wendische Angelegenheiten

Der Rat für sorbische/wendische Angelegenheiten des Landtages Brandenburg nahm in seiner Sitzung am 23. April die Vereinbarung der Landesregierung mit der Vattenfall Europe Mining AG zur vorgeblich sozial verträglichen Umsiedlung von Menschen gegen ihren ausdrücklichen Willen mit großer Besorgnis zu Kenntnis. Er schreibt in einer Stellungnahme an die Landesregierung:
"Aus unserer Sicht gibt es weder sozialverträgliche Umsiedlungen noch Möglichkeiten, Eingriffe in sorbische/wendische Substanz auszugleichen oder wiedergutzumachen. (...)
Wie im Text der Vereinbarung bestätigt wird, ist durch die vorgesehene Zerstörung des Ortes Proschim/Prožym wieder sorbisches/wendisches Siedlungsgebiet vernichtet. Sorbische/wendische Belange sind also unmittelbar betroffen. Dass die Landesregierung die Berücksichtigung dieser Belange ausschließlich in die Verantwortung eines Privatunternehmens abgibt [vgl. Vereinbarung], ist nicht nachvollziehbar.
Der Rat für sorbische/wendische Angelegenheiten weist hier nachdrücklich auf das in Artikel 25 der Brandenburgischen Landesverfassung enthaltene Ziel zum Schutz des sorbischen/wendischen Siedlungsgebietes hin. Ein Verfassungsziel hat in einem Abwägungsprozess angemessen berücksichtigt zu werden. In der genannten Vereinbarung geschieht das nachrangig. Die Vereinbarung widerspricht in grober Weise dem Geist der Brandenburgischen Landesverfassung.
Der Rat für sorbische/wendische Angelegenheiten ersucht Sie, dem vorliegenden Braunkohlenplan in der abschließenden Bewertung nicht zuzustimmen."

7. Nachgereicht: Film vom Protestspaziergang in Rohne

Hier ein kurzer Filmbericht (3:30 min) von graswurzel tv vom Protestspaziergang am 27. April in Schleife und Rohne:
http://graswurzel.tv/p240.html

8. Kerkwitz hat einen Dorfladen

Am 1. Mai eröffnete in Kerkwitz ein Dorfladen, der die Lebensqualität des Dorfes weiter verbessern soll. Die Initiatoren danken allen Helfern, Unterstützern, Unternehmern und Kerkwitzern, die in den letzten Monaten mitgeholfen haben, die Lebensqualität für Kerkwitz zu verbessern. Der Laden ist Mittwoch bis Freitag 6.30 bis 11.00 und 15.00 bis 19.00 Uhr, am Samstag 6.30 - 11.00 Uhr und sonntags 7.30 - 11.00 Uhr geöffnet. (Quelle: Newsletter von www.Kerkwitz.de)

9. Tagebausee wegen nachträglicher Sanierung für 8 Jahre gesperrt

Wie “Lausitz am Sonntag” berichtet, ist der Knappensee bei Hoyerswerda seit dem 1. Mai für acht Jahre gesperrt, eine Missachtung der Absperrungen kostet 150 Euro Strafe. Der See ist 1951 bis 1953 aus einem früheren Braunkohlentagebau entstanden. Nach jahrzehntelanger Erholungsnutzung müssen nun seine Ufer wegen mangelnder Standfestigkeit durch die LMBV saniert werden. Viele der vorhandenen Bauten werden danach nicht mehr nutzbar sein. Die Arbeiten sollen im Juli beginnen.

10. Tagebaustaub verdunkelte Deutzen

Wie rbb UM SECHS - Das Ländermagazin am 8.Mai berichtete, versank die 1600-Einwohner Gemeinde Deutzen im mitteldeutschen Braunkohlerevier vor wenigen Wochen förmlich in einer riesigen Kohlestaub-Wolke, verursacht vom angrenzenden Braunkohle-Tagebau Schleenhain. Der Tagebaubetreiber Mibrag läßt daraufhin einen Hubschrauber Klebstoff aus Zellulose und Holzfasern versprühen, der den Staub binden soll. Einen Hundertprozent-Schutz gegen die Staubbelastung biete die Methode aber nicht. Der Bericht des RBB ist hier abrufbar:
http://www.rbb-online.de/rbbumsechs/archiv/20140508_1800/staubiger-tagebau.html

11. Zu guter Letzt: DIE PARTEI informiert über Tagebau Cottbus-Mitte

Am 10. Mai informierte DIE PARTEI mit einem Infostand in der Cottbuser Innenstadt über den geplanten Tagebau Cottbus-Mitte. Im Infoblatt über das Vorhaben heißt es:
"Die geplante Erschließung eines ersten Tagebaus im Bereich einer Innenstadt ist weltweit eine Premiere und bietet den Verbrauchern einmalige Vorteile: Neben der Umsiedlung in eine deutlich modernere Siedlungsstruktur werden die Transportwege zum Kunden deutlich verkürzt. (...) Nach Abschluss der Arbeiten (nach aktuellem Stand 2050) wird das Tagebaurestloch durch direkte Einspeisung der Spree in eine hochwertige innerstädtische Erholungslandschaft verwandelt. (...) Nach der Auskohlung der Innenstadt, erwartet die Bevölkerung darüber hinaus ein Spaßbad mit Beachanlage, das ein Tropical Islands in den Schatten stellt. Mit einem Paket aus technischen und organisatorischen Massnahmen wird alles daran gesetzt, die Staub- und Lärmbelastung im Umfeld des Tagebaus auf ein Mindestmaß zu reduzieren um somit eine dauerhaft angenehme Wohnatmosphäre zu gewährleisten."

Der Rundbrief als pdf (4 S., 239 kB)
Der Offene Brief als pdf (1 S., 72 kB)

Termine

Ausstellung "Unverkäuflich"
26 April 2024
10:00 - 20:00
Franz-Mehring-Platz 1, Berlin
Filmabend "Es kommt darauf an das Hoffen zu lernen"
21 Mai 2024
19:00 -
Salon des Franz-Mehring-Platzes 1, 10243 Berlin

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

 

Lausitzer Menschen für einen früheren Kohleausstieg

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