Rundbrief vom 20. März 2012

1. Wirtschaftsforscher erneut gegen neue Tagebaue
2. Debatte zur Energiestrategie im Landtag
3. Die amtlichen Einwenderzahlen zu Welzow II und Nochten
4. Erneute Rutschung an Tagebausee - LMBV-Arbeiter entkamen unverletzt
5. Bis Freitag Stellungnahmefrist zum sächsischen Landesentwicklungsplan
6. Städte- und Gemeindebund kritisch zu neuem Braunkohlekraftwerk
7. Zukunft sozialwissenschaftlicher Umweltfragen an Cottbuser Universität unklar
8. Termine

1. Wirtschaftsforscher erneut gegen neue Tagebaue

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) spricht sich mit zunehmender Deutlichkeit gegen neue Braunkohletagebaue in der Lausitz aus. Im aktuellen Wochenbericht des DIW wird die Energiestrategie der Landesregierung unter diesem Aspekt kommentiert. Aus der Zusammenfassung:
"Braunkohleverstromung wird zu Recht in der Energiestrategie 2030 als Auslaufmodell bezeichnet; das Scheitern der CO2-Abscheidetechnologie beschleunigt dieses Auslaufen zusätzlich. Angesichts dieser Entwicklung erübrigt sich auch der Aufschluss der Tagebauten Jänschwalde-Nord und des zweiten Teilabschnitts in Welzow-Süd. Die Landesregierung ist daher gut beraten, den bevorstehenden Strukturwandel aktiv anzugehen, um Brandenburg weiterhin als "Land der Erneuerbaren Energien" zu festigen. Die bevorstehenden Verteilungskämpfe zwischen Gewinnern und Verlierern der Energiewende in Brandenburg sollten von der Politik möglichst gerecht gestaltet werden. Dazu gehört auch eine faire Aufteilung der Lasten des Braunkohleausstiegs zwischen Brandenburg und dem Land Sachsen, welches wesentlich weniger hart von der Umstrukturierung betroffen ist."
Die Studie "Energiestrategie Brandenburg 2030 : Erneuerbare forcieren, Braunkohleausstieg fair gestalten" (Christian von Hirschhausen, Pao-Yu Oei, Clemens Gerbaulet, Clemens Haftendorn, Claudia Kemfert) findet sich im DIW Wochenbericht 79(2012) Heft 11 ; S. 10-17
http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.394841.de/12-11-3.pdf

2. Debatte zur Energiestrategie im Landtag

Am Mittwoch (21.03.) vormittag ab 10:00 Uhr debattiert der Landtag über die Energiestrategie der brandenburgischen Landesregierung. Zu entscheiden hat er rüber die Strategie aber nicht, sie stellt eine Art Bericht der Regierung an das Parlament dar. Im Vorfeld kritisierte der Nachhaltigkeitsbeirat des Landes erneut die Aussagen der Energiestrategie zur Braunkohle. Der Berliner Zeitung zufolge sagte der Beiratsvorsitzende Dr. Manfred Stock am Montag, der Beirat sehe "das als nicht ausreichend begründet an“. Hier der Artikel:
http://www.berliner-zeitung.de/brandenburg/energiestrategie-in-brandenburg-berater-kritisieren-kohlepolitik,10809312,11930636.html

3. Die amtlichen Einwenderzahlen zu Welzow II und Nochten

Nachdem wir zu beiden Planverfahren bisher im Kohle-Rundbrief nur vorläufige Angaben gemacht hatten, soll an dieser Stelle die offizielle Zahl an Einwendungen veröffentlicht werden: Beim Planverfahren Welzow-Süd Teilfeld II gibt die Geschäftsstelle des Braunkohlenausschusses die Zahl von 4768 Bürgerinnen und Bürgern an, die Einwendungen gegen das Vorhaben einreichten. Zum Abbaufeld 2 des Tagebaues Nochten äußerten sich 105 Träger öffentlicher Belange und 1107 Bürger. Davon beziehen sich 960 auf die Stellungnahme der Grünen Liga.
Beide Zahlen liegen deutlich über dem, was wir anfangs nach der Übergabe durch die Umweltverbände selbst vermelden konnten. Zu Nochten fand dabei - anders als zu Welzow - keine Online-Aktion zum Sammeln von Einwendungen statt.
Für Irritationen hat beim Planverfahren Nochten gesorgt, dass der Planungsverband in der Presse die Zahl der "Stellungnahmen als einzelne Dokumente" nannte - viele Blätter waren jedoch von bis zu vier Einwendern unterzeichnet (vgl. unser Musterbrief). Eine Absicht des Bautzener Planungsverbandes, den Protest damit kleiner erscheinen zu lassen, können wir jedenfalls nicht ausschliessen.

4. Erneute Rutschung an Tagebausee - LMBV-Arbeiter entkamen unverletzt

Wie die Lausitzer Rundschau (nur auf ihren sächsischen Lokalseiten) berichtet, kam es am 8. März 2012 erneut zu einer großflächigen Rutschung an einem Bergbausee. Am Silbersee bei Lohsa kam bei Sanierungsarbeiten das Erdreich auf einer Fläche von 200 mal 100 Meter im Bereich der Bahnlinie ins Rutschen. Der Lohsaer Bürgermeister Udo Witschas (CDU) hat sich der Zeitung zufolge im Gemeinderat entsetzt über die bevorstehende Einschränkung der touristischen Nutzung durch die Sanierungsarbeiten geäußert. Die Erfolgsmeldung: Aufgrund der Vorwarnung durch die Porenwasserdruckmessanlage "konnten die Arbeiter sich und ihre Arbeitsgeräte rechtzeitig in Sicherheit bringen" wie der Pressesprecher der LMBV zitiert wird. Der Silbersee ist aus dem Tagebau Werminghoff II entstanden, wo bis 1960 Braunkohle gefördert wurde. Hier die Zeitungsartikel vom 10. und 20. März:
http://www.lr-online.de/regionen/hoyerswerda/Rutschung-am-Lohsaer-Bahndamm;art1060,3715544
http://www.lr-online.de/regionen/hoyerswerda/Bauarbeiten-haben-Rutschung-ausgeloest;art1060,3727840

5. Bis Freitag Stellungnahmefrist zum sächsischen Landesentwicklungsplan

Die sächsische Landesregierung führt noch bis Freitag (23.03.) die Öffentlichkeitsbeteiligung zu ihrem Landesentwicklungsplan (LEP) durch. Der ausgelegte Entwurf enthält dabei auch Aussagen zur Braunkohlegewinnung. (vor allem Ziele 4.2.3.1 und 5.1.1 sowie Grundsatz 4.2.3.2) Der LEP ist in konkreten Braunkohlenplanverfahren als übergeordneter Plan zu beachten. Bis Freitag hat jeder Bürger die Möglichkeit, sich in einer Einwendung (auch per E-mail) gegen neue Braunkohlentagebaue in Sachsen auszusprechen. Hier zu Planentwurf und Beteiligung:
http://www.landesentwicklung.sachsen.de/11117.htm

6. Städte- und Gemeindebund kritisch zu neuem Braunkohlekraftwerk

Der brandenburgische Städte- und Gemeindebund hat seine Stellungnahme zur Energiestrategie des Landes nachträglich in einem Schreiben vom 12.03.2012 ergänzt. Darin bezweifelt er unter anderem, dass ein neues Braunkohlenkraftwerkes in Jänschwalde als "Brückentechnologie" sinnvoll sein kann. Hier ein Zitat:
"Insofern muss die Frage gestellt werden, ob die bestehenden Braunkohlenkraftwerke nicht ausreichen, um eine "Brücke" nach der Vorstellung der brandenburgischen Landesregierung zu bilden. Die Energiestrategie (S. 43) geht selbst davon aus, dass bis 2030 über 4.000 Arbeitsplätze in der Braunkohleindustrie verlorengehen, wobei dieser Rückgang als sozialverträglich erscheint, aufgrund der Alterspyramide der unmittelbar Beschäftigten."
Mit dem Neubau des Kraftwerkes in Jänschwalde begründet die Landesregierung die geplante Abbaggerung der Dörfer Grabko, Kerkwitz und Atterwasch.

7. Zukunft sozialwissenschaftlicher Umweltfragen an Cottbuser Universität unklar

Prof. Wolfgang Schluchter, Inhaber des Lehrstuhles für sozialwissenschaftliche Umweltfragen - und nicht zuletzt auch bekannt als Kritiker der Braunkohleverstromung - emeritierte zum Ende des Wintersemesters. Offenbar ist seitens der Universitätsleitung derzeit weder eine Nachbesetzung, noch eine Vertretungsprofessur geplant. Mit dem Lehrstuhl fiele auch die beliebte Ringvorlesung das Humanökologische Zentrum der BTU weg. Sie hatte sich in den letzten Jahren weit über die Universität hinaus als Forum für die Debatten über die Zukunft der Region etabliert. Zu erinnern ist an die Gastvorträge von Elmar Altvater, Hermann Scheer, Klaus Traube und vielen anderen. Laut einem Beschluss des Fakultätsrates sollte der Lehrstuhl unbedingt erhalten werden. Universitätspräsident Walter Ch. Zimmerli ist dem jedoch offenbar nicht gefolgt und hat den Lehrstuhl dem Landespool zugeordnet. Wir wurden von Cottbuser Bürgern gebeten, die Empfänger unseres Rundbriefes auf die Möglichkeit hinzweisen, sich in Briefen an Universitätspräsident und Presse für die Zukunft des Lehrstuhles einzusetzen.

8. Termine:

Eine Reihe neuer Termine wurde in unserer Terminvorschau eingetragen:
www.lausitzer-braunkohle.de/termine.php

Termine

Ausstellung "Unverkäuflich"
26 April 2024
10:00 - 20:00
Franz-Mehring-Platz 1, Berlin
Wasser-Tagung am 8. Mai 2024: Lebendige Flüsse für Europa - Auswirkungen des Braunkohletagebaus auf die Spree
08 Mai 2024
10:00 - 17:00
Haus der Demokratie und Menschenrechte (Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin)
Erörterung zum Gaskraftwerk ("Speicher- und Innovationskraftwerk") in Jänschwalde
14 Mai 2024
10:00 -
Cottbus, Messehalle
Filmabend "Es kommt darauf an das Hoffen zu lernen"
21 Mai 2024
19:00 -
Salon des Franz-Mehring-Platzes 1, 10243 Berlin

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

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Lausitzer Menschen für einen früheren Kohleausstieg

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