Rundbrief vom 24. März 2013

1. Vattenfall baut Braunkohle-Arbeitsplätze ab - trotz Verschleierungsversuchen
2. Spaziergang und Kundgebung am 7. April in Rohne
3. DIW sieht keine Notwendigkeit für Tagebau Welzow-Süd, Teilfeld II
4. Europäische Organisation HEAL kritisiert Gesundheitskosten von Kohlekraftwerken
5. Christoffers lehnt "Schlichtungsstelle Bergschäden" ab

1. Vattenfall baut Braunkohle-Arbeitsplätze ab - trotz Verschleierungsversuchen

Vattenfall will 1500 Stellen in Deutschland streichen und versucht zu verschleiern, wie viele Braunkohle-Jobs darunter sind: Vorstands-Chef Loeseth persönlich versprach vor wenigen Tagen, dass in den Kraftwerken und Tagebauen niemand entlassen werde. Braunkohle also Garant für sichere Beschäftigung? Keiner sagte dazu, dass in den vollmundig verkündeten Zahlen der Braunkohle-Jobs die Servicegesellschaften und die Cottbuser Hauptverwaltung IMMER enthalten waren. Auch diesmal wurde wieder die Zahl der "Mitarbeiter im Geschäftsbereich Braunkohle" bemüht, ohne die Leser darauf hinzuweisen, dass die eben nicht mit dem "produktiven Bereich unserer Braunkohlensparte" identisch sind, in dem Entlassungen vermieden werden sollen.
Dass die Jobzahlen stets großzügig aufgerundet wurden und werden, ist nicht neu. Welchem Leser fiel schon auf, dass neben den Lausitzern auch die Beschäftigten des Kraftwerkes Lippendorf bei Leipzig mitgezählt wurden und vermutlich sogar Menschen in der passiven Phase der Altersteilzeit?
Sind sich Konzern und Gewerkschaft IGBCE bei diesem Zahlenspiel noch auffallend einig, gab es kurz darauf Steit: am 20. März scheiterten die Tarifverhandlungen für die Vattenfall-Angestellten, die durch die Ankündigung des Stellenabbaus zusätzlich belastet worden waren. Nun werden Streiks vorbereitet. Wie viele der 1500 in Deutschland abzubauenden Stellen auf die Lausitz entfallen, stand (trotz Gewerkschaftsprotesten!) bisher noch in keinem der erschienenen Zeitungsartikel. Dabei müsste das doch die erste Frage der regionalen Medien sein.

2. Spaziergang und Kundgebung am 7. April in Rohne

Das Bündnis "Strukturwandel jetzt - kein Nochten II" lädt für den 7. April zu einem Spaziergang durch die vom Tagebau Nochten II bedrohten Orte ein. Treffpunkt ist um 14:00 Uhr entweder der Bahnhof Schleife oder die Dorfstraße am Spielplatz in Mulkwitz. Beide Züge treffen sich in Rohne zu einer Kundgebung. In Anlehnung an eine Zeile der sorbischen Hymne steht die Veranstaltung unter dem Motto „Swjate su nam naše strone a wjeski“ ("Heilig sind uns unsere Fluren und Dörfer"). Bereits im vergangenen Jahr hatte es, damals am Ostermontag, einen solchen Spaziergang gegeben. In diesem Jahr findet er ein Wochenende später statt, das traditionell auch "junge Ostern" genannt wird.

3. DIW sieht keine Notwendigkeit für Tagebau Welzow-Süd, Teilfeld II

In einem Gutachten im Auftrag des Umweltministeriums Brandenburg kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung zu dem Ergebnis, dass der Tagebau Welzow-Süd, Teilfeld II, energiepolitisch nicht notwendig ist. Zu dieser Frage liegen nunmehr zwei Gutachten vor. Im Auftrag des brandenburgischen Wirtschaftsministeriums hat Prof. Erdmann im Januar die Notwendigkeit des Tagebaues bejaht, dabei allerdings die vor einem Jahr beschlossenen Klimaschutzziele des Landes Brandenburg ignoriert. Diese nimmt nun im Auftrag des Umweltministeriums Prof. von Hirschhausen besonders in den Blick. Er kommt zu dem Ergebnis,

"dass die Versorgung des Kraftwerks Schwarze Pumpe bis zu dessen voraussichtlichen Auslaufen aus dem Tagebau Welzow Süd Teilfeld I sowie ergänzend aus den benachbarten Tagebauen möglich ist. Darüber hinaus legen die Ergebnisse auch nahe, dass die Versorgung der Kraftwerke Jänschwalde und Boxberg mit den derzeit genehmigten Abbaumengen der Tagebaue Cottbus‐Nord, Jänschwalde, Welzow‐Süd (TF I), Nochten I sowie Reichwalde möglich ist und der Aufschluss neuer Tagebaue (neben Welzow‐Süd, TF II z.B. Nochten II) nicht notwendig sind."

Das Gutachten ist auf der Seite des Umweltministeriums
http://www.mugv.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.289616.de
rechts unter dem Link "Gutachten zur Braunkohlenutzung" zu finden oder direkt hier:
http://www.mugv.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/diw_gutachten_braunkohlenutzung.pdf
(pdf, 34 S., 464 kB)
Die Umsiedlung von Ortschaften darf in Braunkohlenplänen nur festgesetzt werden, wenn sie energiepolitisch notwendig ist. Bei der Öffentlichkeitsbeteiligung zum überarbeiteten Planentwurf dürften beide Gutachten zu den ausgelegten Unterlagen gehören.

4. Europäische Organisation HEAL kritisiert Gesundheitskosten von Kohlekraftwerken

Die in Brüssel ansässige Health and Environmental Allinace (HEAL) veröffentlichte kürzlich eine Studie zu den europaweiten Gesundheitskosten der Kohleverstromung. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass europaweit jährlich 42,8 Milliarden Euro Gesundheitskosten durch Kohleverstromung verursacht werden, woran Polen, Rumänien und Deutschland die größten Anteile haben. HEAL verweist auf S. 23 der Studie darauf, dass pro Terawattstunde Braunkohlenstrom 32,6 vorzeitige Todesfälle durch Luftverschmutzung geschätzt werden. (Zum Vergleich: Vattenfalls Braunkohlenkraftwerke in Deutschland erzeugten laut Pressemitteilung vom 12. März im vergangenen Jahr 55 TWh Strom.)
Die Studie steht hier in englischer Sprache zum Herunterladen bereit:
http://www.env-health.org/news/latest-news/article/the-unpaid-health-bill-how-coal
Dazu erschien bereits am 13. März der folgende ausführliche Artikel in der Berliner Zeitung:
http://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft/kraftwerks-abgase-ganz-schoen-viel-kohle,10808230,22090742.html

5. Christoffers lehnt "Schlichtungsstelle Bergschäden" ab

Wie die Lausitzer Rundschau am Freitag berichtete, hat die Landtagsabgeordnete Monika Schulz-Höpfner (CDU) nunmehr nach einem Jahr wiederholter Nachfragen nach einer Schlichtungsstelle für Bergbauschäden eine Antwort von Wirtschaftsminister Ralf Christoffers bekommen. Das Ministerium sehe für die von Schulz-Höpfner geforderte Schlichtungsstelle keinen Bedarf.
In Nordrhein-Westfalen ist eine solche Stelle bereits seit Jahren tätig. Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt planen jedoch keine vergleichbare Lösung. Christoffers beruft sich in seinem Schreiben insbesondere darauf, dass die Bergbaubetriebe selbst (Vattenfall und LMBV) keine Notwendigkeit für eine solche Stelle sehen. Dabei ist es gerade das Grundproblem der Bergschadensregulierung, dass die Bergbautreibenden zu oft selbst bestimmen, was notwendig ist und was angeblich nicht.
In Nordrhein-Westfalen war die Schlichtungsstelle vor deren Einführung mit ähnlichen Argumenten bekämpft worden, inzwischen zeugen dort mehr als 100 Schlichtungsfälle vom bestehenden Bedarf. Schulz-Höpfner kommentiert den Ministerbrief mit den Worten: "Ich bin entsetzt. Offensichtlich kennt die Landesregierung die Nöte der Betroffenen nicht oder nimmt sie nicht ernst".
Der Bericht der Lausitzer Rundschau steht hier im Internet:
http://www.lr-online.de/regionen/Abgeordnete-enttaeuscht-von-Potsdam;art96090,4162464

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