Rundbrief vom 11. November 2013

1. Vattenfall investiert im Kraftwerk Jänschwalde - Mythos und Wirklichkeit
2. Bürger fordern: Innenministerium darf Tagebau Nochten II nicht genehmigen
3. Neue Ausgabe von "Nochten heute": Tagebau verteuert Trinkwasser
4. Protest Bergbaubetroffener zeigt erste Erfolge: Wirtschaftsminister Christoffers kündigt Schaffung einer Schiedsstelle an
5. Filmbericht vom Reformationstag in Atterwasch
6. Öffentliche Termine in dieser Woche
7. Lesung "Unbehütete Landschaft" am 24. und 25. November
8. In eigener Sache: Telefonnummer

1. Vattenfall investiert im Kraftwerk Jänschwalde - Mythos und Wirklichkeit

Am 1. November wurde mit symbolischen Hammerschlägen die Umrüstung eines von sechs Blöcken des Kraftwerkes Jänschwalde eingeleitet. Vattenfall investiert im Kraftwerk Jänschwalde, der linke Wirtschaftsminister applaudiert artig und unterscheidet sich darin auffällig wenig von seinem CDU-Vorgänger. Ziel des Presserummels: die Lausitzer sollen die Zweifel an der Kohle verlieren und Widerstand gegen neue Tagebaue als aussichtslos empfinden. Aber schauen wir mal genauer hin:

  • Es handelt sich keinesfalls um einen "Kraftwerkstyp der nächsten Generation" wie in einigen Presseberichten formuliert wurde. Der Block wird nicht komplett von Rohkohle auf Trockenkohle umgestellt, wie es als zukünftiges Kraftwerkskonzept diskutiert wird. Lediglich die Zünd- und Stützfeuerung, mit der die feuchte Rohbraunkohle angezündet werden muss, wird von Öl auf Trockenkohle umgerüstet. Salopp gesagt: Wer bisher nicht wusste, dass Braunkohlenkraftwerke zeitweise mit Öl betrieben werden, für den ändert sich eigentlich gar nichts.
  • Wenn Vattenfall das Kraftwerk flexibler macht, um es öfter und niedriger im "Standgas" fahren zu können, bedeutet das zwangsläufig einen geringeren Kohlebedarf im Vergleich zum bisherigen Betrieb. Um neue Tagebaue zu rechtfertigen, dichten Gutachter von Vattenfall wie Landesregierungen den Braunkohlekraftwerken jedoch sehr hohe Auslastungen und entsprechenden Kohlebedarf auch noch im Jahr 2030 an. Würde das wirklich eintreten, wäre das jetzt begonnene Projekt für Vattenfall schlicht überflüssig.
  • Das Pilotprojekt kann letztlich auch reine Notwehr gegen Verschleiß und Wartungskosten sein, weil die bisherige Technik für Teillastbetrieb wenig geeignet ist. So gesehen hat eine Investition von 13 Millionen Euro wenig revolutionäres. Doch natürlich versucht die Presseabteilung des Konzerns daraus ein Signal für die Zukunft der Braunkohleverstromung insgesamt zu machen. Man erinnere sich, wie die Lausitzer Rundschau schon mal versucht hat, den Baubeginn der CCS-Demonstrationsanlage herbeizuschreiben, indem sie das Freimachen des Bauplatzes auf die Titelseite brachte. Inzwischen ist das CCS-Demoprojekt seit fast zwei Jahren abgesagt.
  • Zu guter Letzt haben nicht alle Presseartikel die Information wiedergegeben, dass die Umrüstung des Blockes F vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert wird. Das wirft einerseits die Frage auf, ob Vattenfall die anderen Blöcke auch umrüsten wird, wenn das komplett aus eigener Tasche zu bezahlen wäre. Zudem ist Block F noch das jüngste der sechs Fossile. Dass nach dem Pilotprojekt in zwei Jahren Investitionen in noch ältere Blöcke beschlossen werden, sollte man nicht einfach voraussetzen.

2. Bürger fordern: Innenministerium darf Tagebau Nochten II nicht genehmigen

In einer Petition an das sächsische Innenministerium fordern 2171 Bürger, den Braunkohlentagebau Nochten II nicht zu genehmigen. Die Unterschriften der Petenten wurden heute von Mitgliedern des Bündnisses „Strukturwandel jetzt – Kein Nochten II“ an Ministerialrat Heinz Bienek überreicht.
„Dass in nur drei Wochen so viele Menschen die Petition unterstützt haben, zeigt, dass eine weitere Kohleverstromung um diesen Preis gesellschaftlich nicht gewollt ist.“ sagt Adrian Rinnert, Sprecher des Bündnisses.
„Nochten II wäre für weitere 300 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß verantwortlich. Energiepolitisch ist dies der völlig falsche Weg, zumal Studien davon ausgehen, dass die Kohle aus Nochten II nicht mehr gebraucht wird.“ sagt Friederike Böttcher, Sprecherin des Bündnisses. „Auch die regionalen Auswirkungen auf die Umwelt sind katastrophal: Gesamte Trinkwassereinzugsgebiete werden unwiederbringlich zerstört und die Verockerung der Spree würde für weitere Jahrzehnte in Kauf genommen werden. Der scheinbar günstige Kohlestrom kostet die Zukunft unserer Kinder und Enkel.“
Dem Tagebau sollen mehrere Dörfer und knapp 1600 Menschen weichen. Edith Penk, Sorbin und Betroffene des Tagebaus, sieht die gesetzlich verankerten Rechte der sorbischen Minderheit nicht geachtet: „Die von Umsiedlung bedrohten Dörfer Rohne, Mulkwitz, Mühlrose, Schleife und Trebendorf gehören zum geschützten Siedlungsraum der Sorben. Die Erfahrung zeigt, dass in abgebaggerten und neu errichteten Dörfern die sorbische Kultur zur Folklore verkommt.“ so Edith Penk.

3. Neue Ausgabe von "Nochten heute": Tagebau verteuert Trinkwasser

Das Bündnis "Strukturwandel jetzt" hat die inzwischen vierte Ausgabe seiner Zeitschrift "Nochten heute" in den Dörfern um den Tagebau Nochten verteilt. In der neuen Ausgabe geht es beispielsweise um die Trinkwasserpreise der Region Weißwasser. Bedingt durch den Tagebau müssen Wasserwerke außer Betrieb gehen, für den Bau einer Ersatzleitung will Vattenfall aber nur einen kleinen Anteil der Kosten übernehmen. Wer den Rest zahlen wird, ist offenbar auch nach Jahren der Diskussion unklar und droht den Wasserkunden der Region aufgebürdet zu werden. Dieser skandalöse Zustand wird in einem Artikel von Claudia Müller ausführlich beschrieben:
http://www.strukturwandel-jetzt.de/de/nochten-heute/ausgabe-04-2013/144-04-2013-trinkwasser-gemeinden
Das gesamte Heft steht zum online lesen oder downloaden hier:
http://www.strukturwandel-jetzt.de/de/nochten-heute/ausgabe-04-2013

4. Protest Bergbaubetroffener zeigt erste Erfolge:

Wirtschaftsminister Christoffers kündigt Schaffung einer Schiedsstelle an
Nach Intervention des Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/ Die Grünen im Brandenburger Landtag Axel Vogel kündigte Wirtschaftsminister Ralf Christoffers in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 6. November in Potsdam die Schaffung einer Schiedsstelle für Betroffene im Braunkohlebergbau für das Land Brandenburg an. Details zum Zeitrahmen und Umfang blieb der Minister jedoch schuldig, wolle diese aber in zwei Wochen nachreichen. Eine Bundesratsinitiative zur Beweislastumkehr im Bundesbergrecht werde es indes erst geben, wenn sich die neue Bundesregierung gebildet hat, sagte Christoffers im Ausschuss.
Hannelore Wodtke von der Lausitzer Bürgerinitiative „Vermutete Bergschäden“ zeigte sich vorsichtig optimistisch über das späte Einsehen der rot-roten Landesregierung. „Jeder Vorstoß in Richtung Schaffung einer Schiedsstelle ist grundsätzlich zu begrüßen“, so Wodtke. „Nun kommt es aber auf die Ausgestaltung der Schiedsstelle an. Als Vorbild sollte die Anrufungsstelle Braunkohlebergbau in Nordrhein-Westfalen dienen“, regte Wodtke an. Im Braunkohleland Nordrhein-Westfalen gibt es seit Ende 2010 eine Schlichtungsstelle, die bei Unklarheiten zwischen Betroffenen und Bergbaubetreiber vermittelt. Dort werde solch eine Institution vom Bergbaubetreiber RWE finanziert. Der Vorsitzende ist ein neutraler Richter und die Beisitzer werden in Abstimmung mit den Betroffenen ausgewählt, so Wodkte. „Dieses Modell können wir uns auch für Brandenburg vorstellen“. Die Bürgerinitiative fordert die Schaffung der Schiedsstelle nicht weiter zu verzögern und zeitnah ein Konzept vorzulegen.
Nach aktuellem Bundesbergrecht müssen Betroffene gegenüber Bergbauunternehmen selbst nachweisen, dass Schäden an ihren Häusern durch den Bergbau verursacht worden sind. In Brandenburg gibt es hier derzeit keinerlei Hilfe für die Betroffenen, die häufig einem Kampf wie David gegen Goliath ausgesetzt sind. Noch im März 2013 lehnte Christoffers die Einrichtung einer Schiedsstelle ab, da der Konzern Vattenfall keinen Bedarf sehe. Erst nach massivem Protest aus der Lausitz habe das Brandenburger Landesparlament Juni 2013 der Prüfung einer Bundesratsinitiative für eine Beweislastumkehr und der Einrichtung Schiedsstelle für Bergbaubetroffene zugestimmt. (Quelle: Pressemitteilung des Netzwerkes Tagebaurand)

5. Filmbericht vom Reformationstag in Atterwasch

graswurzeltv hat hier ein knapp fünfminütiges Video vom Dorffest in Atterwasch am 31. Oktober 2013 online gestellt:
http://graswurzel.tv/p236.html
Außerdem hat das Kamerateam die dortige Podiumsdiskussion in voller Länge aufgezeichnet und bei youtube online gestellt (da sie zu lang für den eigenen Server ist):
http://www.youtube.com/watch?v=5_Lo7gi_ibE&list=HL1383737489&feature=mh_lolz

6. Öffentliche Termine in dieser Woche

Di, 12. November 2013, Raddusch, 17:00 Uhr
Infoveranstaltung des Aktionsbündnisses "Klare Spree"
Ort: Hotel "Radduscher Hafen"

Do, 14. November 2013, Cottbus, 9:00 Uhr
81. Sitzung des Braunkohlenausschusses Brandenburg

Do, 14. November 2013, Cottbus, 19:00 Uhr
Fachgespräch Lärmbelastung durch Tagebaue
Peter Immekus (Netzwerk Bergbaugeschädigter NRW) und Ulrich Obst (Landesbergamt Berlin-Brandenburg).
Veranstalter: Landtagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen
Ort: Gemeindehaus "Haltestelle", Str. der Jugend 94

7. Lesung "Unbehütete Landschaft" am 24. und 25. November

Irene Teichmann stellt ihr Buch "Unbehütete Landschaft" am Sonntag, dem 24. November im Theater Senftenberg vor, näheres dazu hier:
http://www.theater-senftenberg.de/de/spielplan/repertoire/irene-teichmann-senftenberger-lesung.html#anker
Am Montag, 25.11. liest sie um 19.30 Uhr im Cottbuser OBENKINO im Gladhouse. Außerdem gibt es die Kurzfilme MUTTER und HOCHWALDMÄRCHEN von Peter Rocha zu sehen. Moderiert wird der Abend von Christian Mathée.

8. In eigener Sache: Telefonnummer

In verschiedenen älteren Publikationen und Briefen ist für die UGC die Telefonnummer 0355-483... als Kontakt angegeben. Bitte beachten Sie, dass diese zum 18. November entfallen wird. Die Mobilfunknummer 0151-14420487 bleibt gültig.

 

Termine

Ausstellung "Unverkäuflich"
26 April 2024
10:00 - 20:00
Franz-Mehring-Platz 1, Berlin
Filmabend "Es kommt darauf an das Hoffen zu lernen"
21 Mai 2024
19:00 -
Salon des Franz-Mehring-Platzes 1, 10243 Berlin

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

 

Lausitzer Menschen für einen früheren Kohleausstieg

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