Rundbrief vom 08. November 2011

1. Vattenfall präsentierte heute neues Prognos-Gutachten

2. Erste Anmerkungen zur heutigen Braunkohle-Studie für Vattenfall

3. Entwurf des Braunkohlenplan Tagebau Nochten ausgelegt

4. Plagiatsvorwurf gegen Vattenfall-Manager Dähnert erhärtet sich

 Sehr geehrte Interessenten,

es sind bewegte Zeiten in der Energiedebatte:

1. Vattenfall präsentierte heute neues Prognos-Gutachten

Es ist mal wieder soweit: Vattenfall hat sich ein Gutachten gekauft. Und wie immer ist die Braunkohle darin unverzichtbarer als je zuvor und sichert mehr Arbeitsplätze als bei der letzten Berechnung. Mit der heutigen Präsentation seines neuen Prognos-Gutachtens in Cottbus will das Unternehmen offenbar noch schnell Einfluß gewinnen auf die Debatte am Abend im Vermittlungsausschuß zwischen Bundestag und Bundesrat zum CCS-Gesetz. Dafür wurde die seit September fertiggestellte Studie extra zurückgehalten. Es ist allerdings zu bezweifeln, ob die Mitglieder des Gremiums derart leichtgläubig sind, dass man ihnen nur eine möglichst hohe Arbeitsplatzzahl zurufen muß und schon machen sie gegen den Willen ihrer Wähler ein CCS-Gesetz. Die Bürgerinitiativen wollen vor dem Gebäude erneut gegen CO2-Verpressung demonstrieren.

Wir sehen die heutige Präsentation des Gutachtens eher als Verzweiflungstat des Stromkonzerns. Am schrittweisen Ausstieg aus der Braunkohle wird kein Weg vorbeiführen. Braunkohlekraftwerke sind als Brückentechnologie ins erneuerbare Zeitalter nicht geeignet. Auch mit technischer Weiterentwicklung werden sie die Vorteile anderer Kraftwerkskonzepte nicht einholen können. Vattenfall kann die Probleme der Braunkohle nicht weggutachten lassen. Für das Jahresende hat das Unternehmen übrigens bereits weiteren Personalabbau in Aussicht gestellt.

2. Erste Anmerkungen zur heutigen Braunkohle-Studie für Vattenfall

Nach einer ersten Sichtung der Kurzfassung der heutigen Studie der Prognos AG im Auftrag von Vattenfall können wir auf folgendes hinweisen:

Alle vier untersuchten Szenarien gehen vom großtechnischen Einsatz von CCS bei Braunkohlekraftwerken aus. Dennoch sinkt in allen Szenarien die Beschäftigungswirkung deutlich im Vergleich zu heute. Verfügbarkeit, Sicherheit und Akzeptanz von Endlagern wird offenbar wider besseres Wissen vorausgesetzt. Mit der Möglichkeit des Scheiterns von CCS in Deutschland setzt sich die Studie dagegen vorsätzlich nicht auseinander.

Eine Argumentation von Braunkohle als "Partner der Erneuerbaren" setzt völlig unrealistische Annahmen zur Flexibilität künftiger Braunkohlenkraftwerke (technische Mindestlast, Laständerungsgeschwindigkeit) ebenso voraus, wie eine unrealistische Wirkungsgrade. Beide Annahmen wurden in der bei der Pressekonferenz verteilten Kurzfassung nicht offengelegt. Sie sollen offenbar von der Öffentlichkeit nicht kritisch geprüft werden.

Das Gutachten setzt sich lediglich mit der Importabhängigkeit der Stromerzeugung auseinander. Damit soll davon abgelenkt werden, dass Braunkohlekraftwerke effektive Kraft-Wärme-Kopplung verhindern und so die Importabhängigkeit des Wärmesektors erhöhen. Auf diese unsachliche Weise soll ein Argument gegen flexible Gaskraftwerke als Brückentechnologie konstruiert werden.

Die indirekten und induzierten Arbeitsplatzeffekte für 2010 werden in schamloser Weise nach oben manipuliert. 2006 hatte PROGNOS (ebenfalls im Auftrag von Vattenfall) noch behauptet, dass auf jeden in der Kohlewirtschaft direkt Beschäftigten 1,3 indirekte und induzierte Beschäftigte kämen. Nun beträgt das Verhältnis angeblich bereits 1 zu 2. Dieses neue Rechenmodell dichtet der Braunkohlewirtschaft etwa zehntausend Arbeitsplätze mehr an als noch 2006. (damals angeblich 23.750, heute angeblich 33.500) Das kann mit der Realität nichts mehr zu tun haben.

Die Offenlegung weiterer Schwächen des Gutachtens muß einer gründlichen Durchsicht vorbehalten bleiben, die sicher in Kürze erfolgen wird.

3. Entwurf des Braunkohlenplan Tagebau Nochten ausgelegt

Seit dem 7. November bis zum 9. Dezember sind die Unterlagen zum Braunkohlenplan Nochten im sächsischen Teil der Lausitz öffentlich ausgelegt. Geplan ist die zusätzliche Abbaggerug der Orte Rohne, Mulkwitz, Mühlrose und von Teilen des Dorfes Schleife . Etwa 1500 Menschen wären von Umsiedlung betroffen. Umstritten ist auch die bis auf brandenburgisches Gebiet reichende Wirkung der Grundwasserabsenkung. Die Planentwürfe liegen öffentlich aus, sind aber auch unter folgendem Link im Internet veröffentlicht:

http://www.rpv-oberlausitz-niederschlesien.de/braunkohle/braunkohlenplanung/tagebau-nochten/fortschreibung-des-braunkohlenplans-nochten/beteiligung-nach-10-abs-1-rog-ivm-6-abs-2-saechslplg.html

Einwendungen sind bis zum 20. Januar 2012 möglich. Wir werden auch zu diesem Verfahren in Kürze konkrete Hinweise zur Abgabe von Bürgereinwendungen geben.

4. Plagiatsvorwurf gegen Vattenfall-Manager Dähnert erhärtet sich

Dem Plagiatsverdacht zur Doktorarbeit des Leiters der Vattenfall-Umsiedlungen hat sich nun auch die Internetplattform vroniplag angeschlossen, die ihn bisher nicht nach ihren Kriterien untersucht hatte:

http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/Home

Vroniplag zufolge hat Dähnert auf 35,9 % der Seiten seiner (nur 121 Seiten starken) Doktorarbeit abgeschrieben. Die Prüfung der Arbeit durch die zuständige Kommission der Universität Cottbus ist offiziell bereits seit September eingeleitet.