Rundbrief vom 06. Februar 2012

1. Brandenburg auch ohne neues Kohlekraftwerk mit Stromüberschussstrombilanz

2. Morgen Sondersitzung des Braunkohlenausschusses

3. Betroffene Gemeinde wurde nicht zum Braunkohlenausschuss eingeladen

4. Cottbuser Stadtspitze auf energiepolitischer Geisterfahrt

1. Brandenburg auch ohne neues Kohlekraftwerk mit Stromüberschuss

Cottbus/Potsdam, 06.02.2012. Der Umweltverband GRÜNE LIGA reicht heute eine ausführliche Stellungnahme zum Entwurf der Energiestrategie Brandenburgs ein. Er macht darin vor allem deutlich, dass der Neubau eines Braunkohlenkraftwerkes in Jänschwalde energiepolitisch nicht notwendig ist.strombilanz

"Ein neues Braunkohlekraftwerk in Jänschwalde wäre hauptsächlich ein ideologisches Projekt. Nach den eigenen Zahlen der Regierung kann Brandenburg auch ohne dieses Kraftwerk mehr als die Hälfte des hier erzeugten Stromes exportieren. Für die CO2-Pipeline durch Brandenburg und die Umsiedlung von Dörfern gibt es deshalb keine Notwendigkeit" sagt René Schuster von der GRÜNEN LIGA.

Obwohl es für die Metropolregion Berlin-Brandenburg keinerlei Verpflichtung gibt, als Nettoexporteur von Strom zu fungieren, kann sie auch ohne ein Neubaukraftwerk auf Braunkohlebasis im Jahr 2030 mehr Strom exportieren, als Brandenburg selbst verbraucht. Dies geht aus dem Zielszenario hervor, das die Landesregierung dem Entwurf ihrer Energiestrategie zugrundelegte. Die GRÜNE LIGA kritisiert zudem in ihrer Stellungnahme, dass die Klimaschutzziele des Landes keine wirkliche Verbindlichkeit erlangen sollen und zahlreiche Umweltfolgen der Braunkohlewirtschaft nicht ausreichend untersucht wurden.

"Wir reichen nur eine vorläufige Stellungnahme ein. Die Landesregierung hat wesentliche Gutachten erst drei Tage vor Ende der Stellungnahmefrist zugänglich gemacht. Es ist den Kammern, Verbänden und Kommunen nicht zumutbar, darauf bis Dienstag noch einzugehen. Eine Fristverlängerung ist deshalb unerlässlich." kritisiert Schuster die Beteiligungspraxis des Wirtschaftsministeriums.

Das Wirtschaftsministerium hat am 10. Januar den Entwurf einer Energiestrategie vorgelegt und bis zum 7. Februar um Stellungnahmen gebeten. Ein Kernstück dieses Entwurfes ist die Durchsetzung eines Großkraftwerkes mit CO2-Abscheidung in Jänschwalde und dazugehöriger Braunkohletagebaue.

Die Stellungnahme der GRÜNEN LIGA - Umweltgruppe Cottbus ist in einer vierseitigen Kurzfassung und der vierzigseitigen Langfassung im Internet unter www.lausitzer-braunkohle.de abrufbar.

2. Morgen Sondersitzung des Braunkohlenausschusses

Für den morgigen 7. Februar hat der Vorstand des Braunkohlenausschusses eine Sondersitzung von 9:00 Uhr bis 12:00 Uhr angesetzt. Es soll eine Stellungnahme beschlossen werden, in welcher der Braunkohlenausschuss den Entwurf der Energiestrategie in allen Punkten unterstützen soll. Als Gastredner ist Herr Enneper vom Wirtschaftsministerium angekündigt. Ort: Cottbus, Am Altmarkt 21 Die Sitzung ist öffentlich.

3. Betroffene Gemeinde wurde nicht zum Braunkohlenausschuss eingeladen

Schenkendöbern/ Cottbus: Der Braunkohleausschuss hat zu seiner morgigen Sondersitzung die vom Tagebau Jänschwalde-Nord bedrohte Gemeinde Schenkendöbern nicht eingeladen. Die Gemeinde wandte sich daher am 30. Januar an den Ausschussvorstand und forderte eine Verschiebung der Sitzung aus drei Gründen.

Da der Sitzungsgegenstand die Belange der Gemeinde Schenkendöbern betrifft, handelt es sich bei der fehlenden Einladung um einen Verstoß gegen die Geschäftsordnung

Der BKA kann keine fundierte Stellungnahme abgeben, da nicht alle zur Erarbeitung der Energiestrategie verwendeten Dokumente rechtzeitig veröffentlicht wurden. „Bei einer Energiestrategie die seit anderthalb Jahren auf sich warten lässt, sollte man sich auch noch die Zeit für eine angemessene Beteiligung nach Veröffentlichung aller Gutachten nehmen“ so Bürgermeister Peter Jeschke.

Die Ausschusssitzung wurde zeitgleich mit einer bereits feststehenden Konferenz der Regionalen Planungsgemeinschaft zum Thema Energiewende und Klimawandel in der Lausitz angesetzt.

(Quelle: Pressemitteilung der Gemeinde)

4. Cottbuser Stadtspitze weiter auf energiepolitischer Geisterfahrt

Die im letzten Rundbrief erwähnte Positionierung der Stadt Cottbus wurde am vergangenen Mittwoch im Hauptausschuß der Stadt mehrheitlich beschlossen. Die Stadt fordert um es kurz zu sagen, so viel Tagebaue wie möglich (aber nicht am Altmarkt). Übrigens hatte der Städte- und Gemeindebund zwar die Stadt Cottbus, nicht aber die vom geplanten Tagebau bedrohte Gemeinde Schenkendöbern um Stellungnahme gebeten. Ganz sicher war das nur ein Versehen...

Eine Gegenstimme kam vom grünen Stadtverordneten Dr. Martin Kühne, der die Beschlußvorlage für so abwegig hielt, dass er eine Diskussion über Details und Formulierungen ablehnte. Zwei weitere Stadtverordnete enthielten sich. Der linke Bundestagsabgeordnete Wolfgang Nešković hatte die Vorlage zuvor in einer Pressemitteilung als "Kampfschrift gegen energiepolitische Vernunft" bezeichnet und die linken Abgeordneten aufgefordert, ihr nicht zuzustimmen. "Wenn die örtlichen Vertreter so eindeutig gegen die Beschlusslage der Partei auf Landes- und Bundesebene verstoßen, dann untergraben sie insgesamt das Vertrauen in linke Politik." so Nešković. Die Stadtverordneten André Kaun und Jürgen Siewert taten dass dennoch, gegenüber der Lausitzer Rundschau sagte Fraktionsvorsitzender Kaun: „Wir hätten es begrüßt, wenn Herr Neskovic mal vor Ort gewesen wäre, dann hätten wir ihm unseren Standpunkt auch erklären können“. Glaubwürdig ist das nicht: Da die Vorlage am Montag auftauchte und am Mittwoch nachmittag beschlossen war, liegt eher die Vermutung nahe, dass Diskussionen und andere Informationsquellen von Stadtspitze und Fraktionsvorsitzenden nicht gewollt waren. Die Linken in Cottbus sollten zudem auch ohne ihren Bundestagsabgeordneten ihr Wahl- und Parteiprogramm oder die Kreis- und Landesparteitagsbeschlüsse gegen neue Tagebaue kennen. So beschlossen denn die Ausschußmitglieder unter anderem den Satz "In Brandenburg ist die Zahl der Arbeitsplätze in Erneuerbaren Energien nach wie vor gering." Weil ja nicht sein kann, was nicht sein darf. Reale Zahlen interessierten im Hauptausschuss niemanden, es ging darum, ein Glaubensbekenntnis abzulegen. Genau wie damals beim Heizkraftwerk... (siehe letzter Rundbrief)

Mitteilenswert ist vielleicht noch, dass die Ankündigung einer öffentlichen Sitzung in der Zeitung nur wenig Wirkung zeigte. Neben den Ausschussmitgliedern waren vier Journalisten und vier Kohlekritiker gekommen. Eine etwaige Basis der Pro-Braunkohle-Bewegung war nicht erkennbar, es handelte sich ja auch nicht um eine Gewerkschaftsaktion während der Arbeitszeit, wie sie bei Sitzungen des Braunkohlenausschusses regelmäßig zu beobachten sind.