Rundbrief vom 14. April 2014

1. Notwendigkeit geplanter Tagebaue hinterfragt - Christoffers hat keine Antworten
2. Vattenfall demontiert seine CCS-Demonstrationsanlage in Schwarze Pumpe
3. Fischsterben nach Überleitung von Tagebauwasser: Überleiter war sieben Tage gesperrt
4. Vattenfall versucht die Zustimmung der Region zu kaufen (Kommentar)
5. Diskussion über Trinkwasser am 14. April in Weißwasser
6. Spreeverockerung und Tagebaue: „Klinger Runde“ lädt am 15. April zur Expertenrunde nach Burg
7. Protestspaziergang durch Rohne und Mulkwitz: Sonntag, 27. April
8. Braunkohlenausschuss zu Welzow II am Montag 28. April: Proschim den Rücken stärken
9. Deutsch-polnische Menschenkette gegen Kohleabbau am 23. August geplant
10. 3sat und BBC News über die Bedrohung von Atterwasch
11. Thüringer Landräte gegen Netzausbau für Braunkohlenstrom

Sehr geehrte Interessentinnen und Interessenten,
im Vorfeld der Vorstellung des 3. Teils des IPCC-Weltklimaberichtes am Sonntag in Berlin forderte der frühere Chef der UN-Umweltbehörde UNEP, Klaus Töpfer, am Freitag einen nationalen Konsens zur Abkehr von Kohlekraftwerken. Hier unser Rundbrief zur aktuellen Entwicklung zur Braunkohle in der Lausitz. Dabei können wir heute gleich fünf Termine ankündigen, bei denen unsere Leser sich in die gesellschaftliche Diskussion über neue Tagebaue einbringen können.

1. Notwendigkeit geplanter Tagebaue hinterfragt - Christoffers hat keine Antworten

Die Initiative „Bürger für die Lausitz – Klinger Runde“ und der Umweltverband GRÜNE LIGA fordern von Wirtschaftsminister Ralf Christoffers Antworten auf ihre Fragen zur Notwendigkeit des Braunkohlentagebaues Jänschwalde-Nord. Das Ministerium hat elf konkrete schriftlich übermittelte Fragen mit einem inhaltsleeren Brief beantwortet.
„Mit diesem Vorgehen erweist sich die viel zitierte vierte Säule der Energiestrategie, die Akzeptanz, lediglich als leeres Versprechen“ sagt Thomas Burchardt, Sprecher der „Klinger Runde“ „Einerseits lesen die Betroffenen, dass CO2-Abscheidung und -verpressung in Deutschland keine Perspektive hat. Warum sollen die Bewohner von Grabko, Kerkwitz und Atterwasch dann weiter in Unsicherheit über ihre Zukunft leben?“
„Wenn die Politik keine Antworten auf Fragen zur Notwendigkeit des Tagebaues hat, muss das Planverfahren unverzüglich eingestellt werden.“ fordert auch René Schuster von der GRÜNEN LIGA.
„Die Landesregierung will die Notwendigkeit des Tagebaus später überprüfen, hält aber die Kriterien geheim, die sie dabei anwenden will. Das Kabinett um Woidke und Christoffers missbraucht so die Zukunft von mehr als neunhundert Menschen als Verhandlungsmasse für Vattenfalls Verkaufsabsichten. Wer die Menschen so den Konzerninteressen unterordnet, züchtet im brandenburgischen Superwahljahr Proteste und Politikverdrossenheit.“ kommentiert Silvia Borkenhagen aus Grabko.
Die Bürgerinitiative "Klinger Runde" und ein Agenda21-Arbeitskreis der Gemeinde Schenkendöbern hatten im Februar dem brandenburgischen Wirtschaftsminister im Februar elf Fragen übermittelt, die sich auf die energiepolitische Begründung des Tagebaues Jänschwalde-Nord beziehen. Der Tagebau, dem die Dörfer Grabko, Kerkwitz und Atterwasch zum Opfer fallen sollen, wird mit dem geplanten Neubau eines Großkraftwerkes mit CO2-Abscheidung begründet. Seit Vattenfall seine CCS-Pläne für Brandenburg im Dezember 2011 aufgab, besteht dieser Grund für das 2008 begonnene Planverfahren aber nicht mehr. Das Ministerium ging in seiner Antwort nicht auf die Fragen ein, sondern übermittelte den Fragestellern lediglich seinen Bericht zur Umsetzung der Energiestrategie 2030, wie er auch dem Landtag zugeleitet wurde. Bei einer Durchsicht des Papiers stellte sich nun heraus, dass es von elf Fragen lediglich die ersten zwei teilweise beantwortet, die anderen neun überhaupt nicht. Die nicht beantworteten Fragen stehen hier:
http://www.lausitzer-braunkohle.de/Texte/Anfrage%20Revisionsklausel_WiMi_end.pdf

2. Vattenfall demontiert seine CCS-Demonstrationsanlage in Schwarze Pumpe

Dieser Tage beginnt Vattenfall, seine 2008 errichtete CCS-Demonstrationsanlage zur CO2-Abscheidung (Oxyfuel-Technologie) in Schwarze Pumpe abzubauen. Angesichts fehlender weiterer Aussichten zur Anwendung der Technik in Deutschland wird die Anlage teilweise an das Unternehmen Linde verkauft. Im Jahr 2006 war noch Kanzlerin Merkel zum ersten Spatenstich nach Schwarze Pumpe eingeflogen worden, schon damals hatte es jedoch Proteste gegen das geplante Kohle-CCS gegeben. Dieser Tage schloss Vattenfall nun eine Kooperation mit dem kanadische Unternehmen SaskPower über eine Zusammenarbeit im CCS-Bereich. SaskPower arbeitet an (post-combustion-)Techniken zur Nachrüstung uralter Kraftwerke, weil Klimaschutzvorgaben der kanadischen Regierung das Unternehmen dazu zwingen. SaskPower wäre nach eigenen Angaben sonst verpflichtet, Kohlekraftwerke bis 2030 abzuschalten.

3. Fischsterben nach Überleitung von Tagebauwasser: Überleiter war sieben Tage gesperrt

Vor einer Woche sperrte das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz den "Koschener Kanal", den im vergangenen Jahr die Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen persönlich eröffneten. Im Senftenberger See war es durch in den Überleiter eingedrungenes bergbaubeeinflusstes Grundwasser zu einem Fischsterben gekommen. Nach sieben Tagen und einem Gipfeltreffen aller Beteiligten wurde der Überleiter am Sonnabend nun wieder freigegeben. Nicht auszuschließen ist allerdings, dass bei der zügigen Entscheidung politischer Druck im Spiel war. Schließlich war der 51 Millionen Euro teure Überleiter ein Prestigeobjekt und seine Sperrung zum Saisonbeginn eine weitere ungeheure Blamage für die Bergbausanierung. Für den dauerhaften Betrieb wird nun das Monitoring intensiviert, denn völlig vorhersehbar scheint die Wasserqualität nicht zu sein. Das Hoyerswerdaer Tageblatt vom Sonnabend zitiert Abteilungsleiter Wolfgang Genehr vom LUGV, mit der Aussage, "eventuell müsse man später (...) an weitere technische Lösungen denken." Tritt das ein, belasten erneut ungeplante Folgekosten eines früheren Braunkohlentagebaues die Allgemeinheit.

4. Vattenfall versucht die Zustimmung der Region zu kaufen (Kommentar)

Da spendet eine Studentin zweitausend Euro für ein gemeinnütziges Projekt in der Lausitz. Das Geld hat sie dafür erhalten, dass ihr Gesicht in Anzeigen und auf Plakaten für Braunkohletagebaue wirbt. Von nicht genannter Seite wird das dieser Tage in die regionalen Zeitungen lanciert. Kaum jemand hat da noch im Hinterkopf, was die Lausitzer Rundschau am 19.12.2013 öffentlich machte, nämlich dass alle neun Werbegesichter von Vattenfall verpflichtet wurden, das Geld zu spenden. Vattenfall versucht auf diese Weise also, die Zustimmung der Region zu kaufen, um Zwangsumsiedlungen und Klimazerstörung durchzusetzen. Was die gemeinnützigen Projekte bekommen, um Vattenfall und seine Plakatköpfe beliebt zu machen, dürfte tatsächlich nur ein Bruchteil von dem sein, was 160 Großflächenplakate und die fast schon täglichen Anzeigen in Lausitzer Zeitungen kosten. Es wäre ein leichtes gewesen, mit weniger Geld mehr Gutes für die Region zu tun. Was zeigt, dass es eben nicht um gemeinnützige Projekte in der Lausitz geht, sondern der Kaufpreis für die Lausitzer Braunkohlenwirtschaft hochgetrieben werden soll. Die will Vattenfall gern an andere Baggerwillige abtreten und braucht dazu als Mitgift einen verabschiedeten Braunkohlenplan. Der Blick für die Grundrechte der Proschimer, die für all das nichts können, soll den Lausitzern mit großen Plakatwänden verstellt werden.

5. Diskussion über Trinkwasser am 14. April in Weißwasser

Wie sicher ist die weitere Trinkwasserversorgung für die Stadt Weißwasser und das Umland? wird am Montag, dem 14. April um 17.00 Uhr im SpinnNetz in Weißwasser (Sorauer Platz) gefragt. Zu Gast ist Dr. Jana Pinka, Sprecherin für Umwelt und Technologiepolitik der Landtagsfraktion DIE LINKE. (Anm. d. Red.: Weißwasser und umliegende Gemeinden müssen sich wegen Folgen des Tagebaues über eine neue Leitung mit Trinkwasser versorgen, Vattenfall will jedoch nur einen Teil der Kosten übernehmen, so dass die Allgemeinheit erneut für Tagebaufolgen zahlen soll.)

6. Spreeverockerung und Tagebaue:

„Klinger Runde“ lädt am 15. April zur Expertenrunde nach Burg
Die Bürgerinitiative „Bürger für die Lausitz - Klinger Runde“ lädt am 15. April um 19.00 Uhr zu einem gemeinsamen Austausch zur „Spreeverockerung“ ein. Im Vorfeld der Entscheidung des Braunkohleausschusses zur Genehmigung eines Braunkohlenplans für den neuen Tagebau Welzow Süd II diskutieren im Gemeinderaum der evangelischen Kirche in Burg (Spreewald) der Wasserexperte Dr. Harald Friedrich aus NRW, ein Vertreter des Landesbergamtes und Winfried Böhmer vom "Aktionsbündnis Klare Spree" über das Thema „Aktive und geplante Tagebaue: Reicht es aus, was das Landesbergamt gegen eine weitere Verockerung unternimmt?“.
Die Bürgerinitiative „Bürger für die Lausitz - Klinger Runde“ will die Diskussion aus der Anhörung Mitte Dezember 2013 zum Tagebau Welzow II weiterführen. „Damals wurde die Debatte aus Zeitgründen abgebrochen. Vattenfall und die Landesplanungsbehörde konnten seinerzeit nicht zweifelsfrei belegen, dass der neue Tagebau keinen negativen Einfluss auf die weitere Verockerung haben wird“, sagte der Sprecher der „Klinger Runde“ Thomas Burchardt. Für den ehemaligen Abteilungsleiter im Umweltministerium des Bergbaulandes Nordrhein-Westfalens Dr. Harald Friedrich riskiert die Planungsbehörde bei Genehmigung „eine großflächige Umweltgefährdung des Raumes durch einen nicht mehr steuerbaren Versauerungs- und Verockerungsprozeß“, erklärte der Wasserexperte auf der Anhörung im Dezember 2013. Das Landesbergamt wird unter anderem gebeten darzustellen, ob und wie einer weiteren Verockerung durch den bestehenden Tagebau Welzow-Süd bzw. neuen Tagebau Welzow-Süd II wirkungsvoll begegnet werden kann. Die Veranstaltung beginnt um 19:00 Uhr im Gemeinderaum der ev. Kirche Burg(Spreewald), Kirchweg 22.

7. Protestspaziergang durch Rohne und Mulkwitz: Sonntag, 27. April

Nicht vergessen: Am 27. April veranstaltet das Bündnis „Strukturwandel jetzt – Kein Nochten II“ einen Protestspaziergang durch die bedrohten Dörfer Schleife, Rohne und Mulkwitz. Treffpunkt ist um 14:00 Uhr am Bahnhof Schleife sowie in Mulkwitz. Näheres zum Ablauf hat das Bündnis hier veröffentlicht:
http://www.strukturwandel-jetzt.de/de/aktionen-termine/207-osterspaziergang-27-04-2014

8. Braunkohlenausschuss zu Welzow II am Montag 28. April: Proschim den Rücken stärken

Wie wir bereits mitteilten, tagt der Braunkohlenausschuss des Landes Brandenburg am Montag dem 28. April in Cottbus. Auf der 9 Uhr beginnenden Tagesordnung steht ausschließlich die abschließende Stellungnahme zum Braunkohlenplan Welzow-Süd II. Der Braunkohlenausschuss hat dabei lediglich beratende Funktion, die Sitzung ist aber Voraussetzung für einen Kabinettsbeschluss, wie ihn Ministerpräsident Woidke noch vor der Sommerpause (=vor der Landtagswahl) plant. Wegen des zu erwartetenden großen öffentlichen Interesses wurde die Sitzung in der Messehalle angesetzt. Davor ist mit einer Kundgebung der Bergbaugewerkschaft IGBCE zu rechnen. Vattenfall zieht mit seiner oben schon erwähnten Kampagne derzeit alle Register, um die Stimmung in der Region entsprechend zu manipulieren. Auch wenn berufstätige Kohlekritiker zwangsläufig in der Minderheit sind, wenn generalstabsmäßig Tagebau-Unterstützer während der Arbeitszeit heranorganisiert werden, bitten wir trotzdem darum, den Proschimern an diesem Tag möglichst zahlreich den Rücken zu stärken. Eine entsprechende Kundgebung ist vor Beginn der Sitzung links des Eingangs angemeldet.

9. Deutsch-polnische Menschenkette gegen Kohleabbau im August geplant

Bürgerinitiativen gegen neue Tagebaue in der brandenburger Lausitz und das polnische Bündnis gegen neue Braunkohlentagebaue wollen am Sonnabend, dem 23. August mit einer Menschenkette über die Neiße gegen die Tagebaupläne protestieren. Darüber informierten sie am vergangenen Dienstag in Kerkwitz. Freunde und Unterstützer der bedrohten Lausitzer Dörfer sollten sich den Termin heute schon vormerken und Freunde und Bekannte als mögliche Glieder der Menschenkette ansprechen.

10. 3sat und BBC News über die Bedrohung von Atterwasch

Am Freitag, dem 11.April um 21Uhr, sendete 3Sat im Rahmen der Sendung "Makro" einen knapp vierminütigen Beitrag zur Braunkohle, in der u.a. Familie Huschga aus Atterwasch vorgestellt wird:
http://www.3sat.de/mediathek/?obj=42928
Zwei Tage zuvor erschien dazu ein Artikel auf BBC News:
http://www.bbc.com/news/business-26820405

11. Thüringer Landräte gegen Netzausbau für Braunkohlenstrom

Werden neue Starkstromtrassen durch Thüringen für den Ausbau Erneuerbarer Energien gebraucht oder sollen sie hauptsächlich dem Weiterbetrieb der Lausitzer Braunkohlekraftwerke auch bei Starkwind sichern? Die Ostthüringer Zeitung vom Freitag fasst die Konfliktlinien in dem Bundesland zusammen:
http://www.otz.de/startseite/detail/-/specific/CDU-Landraete-ermuntern-zum-Protest-gegen-Stromtrasse-1821951885
Die oberfränkische Bürgerinitiative "Pegnitz unter Strom" hat derweil auf ihrer Internetseite einen Brief zur Situation in der Lausitz von veröffentlicht, wie uns dessen Autorin Irene Teichmann mitteilte:
http://www.pegnitz-unter-strom.de/wissenswertes.html

Der Rundbrief als pdf (4 S., 202 kB)