Rundbrief vom 30.November 2016

1. Erinnerung: Musterbriefe zum Landesentwicklungsplan bis 12. Dezember an uns

2. GRÜNE LIGA fordert Stadt Spremberg zu Positionierung gegen neue Tagebaue auf

3. Verwaltungsabkommen zur Bergbausanierung bis 2022 verlängert

4. Auszeichnung für Proschimer Landwirte

5. Lausitzer Rundschau interviewt einen längst widerlegten Professor

6. Tschüss, CCS-Lobby!

1. Erinnerung: Musterbriefe zum Landesentwicklungsplan bis 12. Dezember an uns

Wer von einem der 34 brandenburger Kohlefelder als Bewohner, Trinkwasserkunde oder vom Klimawandel betroffen wäre, sollte nicht vergessen, sich mit uns gemeinsam für ein Verbot neuer Tagebaue im Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg auszusprechen. Senden Sie den ausgefüllten Musterbrief oder die selbst verfasste Stellungnahme gern bis zum 12. Dezember an uns senden!

2. GRÜNE LIGA fordert Stadt Spremberg zu Positionierung gegen neue Tagebaue auf

Der Umweltverband GRÜNE LIGA fordert von der Stadt Spremberg ein Bekenntnis zur Verhinderung der Braunkohletagebaue Spremberg-Ost und Bagenz-Ost.

In einer öffentlichen Diskussionsrunde der Zeitung taz am Dienstag in Schleife weigerte sich die Spremberger Bürgermeisterin Christine Herntier eine klare Position zu den sogenannten „Zukunftsfeldern“ Bagenz-Ost und Spremberg-Ost zu beziehen. Beide Tagebaue würden zahlreiche Ortsteile der Stadt massiv beeinträchtigen.

„Es ist nicht glaubwürdig, wenn Frau Herntier zum Thema Strukturwandel die ganze brandenburgische Lausitz vertreten will, aber nicht einmal Planungssicherheit für die eigenen Ortsteile einfordert. Bis zum 15. Dezember kann auch die Stadt Spremberg einen Ausschluss dieser Felder im Landesentwicklungsplan fordern. Tut sie das nicht, macht sie ihr Stadtgebiet zum Spekulationsobjekt der Kohlewirtschaft. Wer nicht einmal diese Tagebaue sicher ausschließen will, der will Strukturwandel verhindern und die Kohlewirtschaft auf Kosten der eigenen Bürger weit über 2050 hinaus konservieren.“ sagt René Schuster, Mitglied des brandenburgischen Braunkohlenausschusses.

Herntier sagte lediglich sie "gehe davon aus, dass es zu dieser Zeit Technologien für die Energiegewinnung gibt, die es nicht mehr erforderlich machen, diese Tagebaue aufzuschließen" - eine bei Politikern häufige Umschreibung dafür, selbst nichts tun und die Entscheidung anderen (hier wohl dem Bergbauunternehmen) überlassen zu wollen.

Der Tagebaubetreiber Vattenfall bezeichnete die Kohlefelder Jänschwalde-Nord, Bagenz-Ost und Spremberg-Ost regelmäßig als „Zukunftsfelder“ (Quellen am Ende des Textes). Die Option zu deren Aufschluss ist nun an die neuen Betreiber LEAG übergegangen. Bei einem Tagebauaufschluss massiv betroffen wären Spremberger Ortsteile wie Muckrow, Groß Luja, Türkendorf, Graustein, Wadelsdorf oder Hornow sowie das Trinkwasserschutzgebiet Slamener Heide.
Bis zum 15. Dezember läuft die Beteiligung der Kommunen und Bürger zum gemeinsamen Landesentwicklungsplan der Länder Berlin und Brandenburg. Ein Bündnis aus Umweltverbänden, Kommunen und kirchlichen Vertretern fordert den verbindlichen Ausschluss neuer Tagebaue. (siehe Rundbrief vom 17. November)

Christine Herntier ist brandenburgische Sprecherin der sogenannten „Lausitzrunde“ aus Kommunalpolitikern, die finanzielle Unterstützung für den Strukturwandel der Kohleregion fordert, die Braunkohleverstromung aber gleichzeitig bis mindestens 2050 fortsetzen will.

Hintergrund: Übereinstimmende Darstellung der „Zukunftsfelder / future fields“ durch den Tagebaubetreiber:

Vortrag am 10.12.2014 vor dem Braunkohlenausschuss, Folie 6

Pressekonferenz zum Quartalsbericht am 27.10.2015 in Stockholm, (Folie 32) http://corporate.vattenfall.com/globalassets/corporate/investors/presentations/2015/q3_presentation_2015.pdf

Vortrag am 14.09.2016 auf dem Rohstofftag Brandenburg, Folie 7

3. Verwaltungsabkommen zur Bergbausanierung bis 2022 verlängert

Das Bund-Länder-Verwaltungsabkommen zur Sanierung der DDR-Tagebaue in der Lausitz und im mitteldeutschen Revier ist nun auch für den Zeitraum 2017 – 2022 ausgehandelt. Es ist bereits der sechste solche Fünfjahrplan. Besonders durch die Wasserproblematik (Grundwasserwiederanstieg, Verockerung von Fließgewässern) bleibt die Sanierung länger kostenintensiv als noch vor einigen Jahren erwartet. Von insgesamt 1,23 Milliarden Euro trägt der Bund 851 Millionen, den Rest die betroffenen Länder. (Brandenburg: 212 Millionen). Das Abkommen ist die Grundlage für die Tätigkeit der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV)

4. Auszeichnung für Proschimer Landwirte

Der Proschimer Landwirtschaftsbetrieb Rösch hat den von den brandenburgischen Volks- und Raiffeisenbanken gestifteten Agricola-Preis erhalten. Das teilte die Lausitzer Rundschau auf ihrer Spremberger Lokalseite mit. Die Auszeichnung wurde am Dienstag in Potsdam auf dem landwirtschaftlichen Unternehmertag vergeben. Der Preis geht an landwirtschaftliche Unternehmen für Engagement in den Bereichen Ehrenamt, Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung, Landschaftspflege sowie Landschafts- und Wasserschutz. Die Preisverleihung zeigt, dass die jahrelange Verleumdungs- und Isolierungskampagne der regionalen Kohlelobby gegen den vom Tagebau Welzow-Süd II bedrohten Betrieb nicht den beabsichtigten Erfolg hatte.

5. Lausitzer Rundschau interviewt einen längst widerlegten Professor

Nachdem immer mehr Klimawissenschaftler und Energiewende-Experten einen Ausstieg aus der Braunkohle fordern, wollte die Lausitzer Rundschau offenbar ein Gegengewicht schaffen. Die Zeitung besann sich auf Professor Georg Erdmann von der TU Berlin, mit dessen Gutachten die Braunkohlenpläne Nochten 2 und Welzow-Süd II begründet wurden und ließ ihre für die Kohlewirtschaft engagierteste Journalistin Simone Wendler ein ausführliches Interview mit ihm führen. Schauen wir uns einige wesentliche Aussagen des Interviews einmal an:

Erdmann: „Eine schadenersatzpflichtige vorzeitige Kraftwerksstilllegung ist meiner Meinung nach absurd (...) Es gibt auch noch andere Möglichkeiten der CO-Einsparung, ohne in das Eigentum privater Unternehmen einzugreifen.“

Es gibt zwar unbefristete Kraftwerksgenehmigungen, aber ohne bergrechtliche Genehmigung (bei Welzow II noch nicht einmal beantragt) keinen Rechtsanspruch auf die Kohle aus neuen Tagebauen. Dagegen ist ein Weiterbetrieb der Kraftwerke nicht ohne Eingriff in das Eigentum der Bewohner von Proschim und anderen Orten möglich. Wenn der Staat dieses Eigentum angemessen schützt, bekommt er die frühere Stillegung der Kraftwerke ohne jede Schadenersatzpflicht. Weitere Möglichkeiten bieten beispielsweise auch das Wasser- und Immissionsschutzrecht.

Erdmann zu den Gutachten mit denen er die Notwendigkeit der Tagebaue Nochten 2 und Welzow-Süd II begründet hat: „Ich würde das Gutachten heute genau so schreiben.“

Mit der Einigung ein Drittel des Kraftwerkes Jänschwalde ab 2018 in die Reserve zu überführen und anschließend stillzulegen, ist der von Prof. Erdmann propagierte Kohlebedarf („Mengengerüst“) bereits ein Jahr nach Aufstellung der Braunkohlenpläne ad absurdum geführt worden. Denn in seinen Gutachten hatte er die Klimaschutzziele der Bundesregierung einfach komplett ignoriert. Darauf wurden die Planungsbehörden von zahlreichen Einwendern hingewiesen, haben aber stur auf der Erdmann-Prognose beharrt. Jetzt warten beide Braukohlenpläne nur noch darauf, wegen fehlendem Nachweis der energiepolitischen Notwendigkeit von den Gerichten kassiert zu werden.

Erdmann: „Bei einer angenommenen Lebensdauer der Kraftwerke von 55 Jahren wird es ohne vorzeitige Stilllegungen 2050 nur noch ein Braunkohlekraftwerk geben, den jüngsten Block in Boxberg. Der würde fünf Jahre später abgeschaltet.“

Man beachte das Wort „angenommene“: 55 Jahre sind genauso eine willkürliche Zahl wie jeder kürzere Zeitraum auch. Die Planbegründungen zu Welzow-Süd und Nochten gehen unter Berufung auf Prof. Erdmann davon aus, dass der Block Boxberg R bis 2067 läuft. Schon bei einer jetzt im Interview angesetzten Abschaltung 2055 wären 40 bis 50 Millionen Tonnen Kohle weniger nötig und die Abbaufelder müssten entsprechend verkleinert werden, selbst wenn man seinen sonstigen Prognosen glauben würde. Es gibt aber zahlreiche weitere Widersprüche der beiden Planbegründungen, ausführlich aufgelistet in der Klagebegründung zum Braunkohlenplan Welzow-Süd II auf, an der wir insbesondere zu diesem Thema mitgearbeitet haben.

6. Tschüss, CCS-Lobby!

Man müsse wieder über CO2-Abscheidung und -verpressung nachdenken, sagte mancher Lausitzer Kohlelobbyist in den vergangenen Monaten. Allerdings löst sich die dazu geschaffene Lobbyorganisation gerade auf. Das „IZ Klima“ wurde 2007 als „Informationszentrum klimafreundliches Kohlekraftwerk“ gegründet und später zur Verschleierung seiner Absichten in „Informationszentrum für CO2-Technologien“ umbenannt. Es verabschiedete sich heute mit einem letzten Newsletter von seinen Lesern, in dem es heißt: „Zum Ende des Jahres 2016 löst sich der Verein nun auf. Politik und Industrie ist es in dieser Zeit nicht gelungen, Vorbehalte gegen CCS zu entkräften und die öffentliche Akzeptanz zu gewinnen.“

Na dann, tschüss!

Hier der Rundbrief als pdf