Rundbrief vom 18. Februar 2011

1. Grundlagen der Brandenburger Braunkohle-Strategie bis heute geheim

2. CCS: 408 mögliche Endlager in Deutschland

3. Nochmal CCS: Die Wiederkehr der Länderklausel

4. Vattenfall-Bilanz 2010: die fetten Jahre sind vorbei

5. Umsiedlungsstandort am Tagebau Nochten auf unsicherem Grund

6. Land Brandenburg diskutiert Nachhaltigkeitsstrategie

7. Verfahren zur Erweiterung der Aschedeponie des Kraftwerks Jänschwalde

8. Proteste, Diskussionen und Tagungen der nächsten Wochen

9. Presseartikel:

  • Alter Braunkohlenbau verunsichert Trebendorfer - LR Weißwasser, 04.02.2011
  • Deutschland keine Gewinnmaschine mehr für Vattenfall - Europa Online Magazine, 10.02.2011

Hier der neue Rundbrief zur Lausitzer Braunkohle:

1. Grundlagen der Brandenburger Braunkohle-Strategie bis heute geheim (Pressemitteilung, 17.02.2011)

Die vom Braunkohlentagebau bedrohte Gemeinde Schenkendöbern sowie der Umweltverband GRÜNE LIGA fordern vom brandenburgischen Wirtschaftsminister Ralf Christoffers neue Untersuchungen zur Energiestrategie des Landes sowie die Offenlegung bisher geheimer Gutachten.

"Auf Grundlage geheimgehaltener Gutachten würde der Braunkohlenbergbau in das Grundrecht auf Eigentum der betroffenen Bürger wie auch in die Planungshoheit der betroffenen Kommune eingreifen." heißt es in dem Schreiben.

Bei der bisher geltenden "Energiestrategie 2020" des Landes lieferte anstelle unabhängiger Gutachten eine Vattenfall-Studie die Prognosen zum Absatz von Braunkohlenstrom. Die zusätzlich vom Land vergebene Studie "Grundlagen für die Fortschreibung der Energiestrategie Brandenburg" ist bis heute für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Hier hat das Land Brandenburg Mindeststandards der Transparenz missachtet, so die Absender des Schreibens.

Der Landtag Brandenburg hat die Landesregierung mit einer Überarbeitung der Energiestrategie beauftragt, die nach letzten Ankündigungen Ende des Jahres 2011 vorliegen soll. Vor einer Entscheidung sind nach Ansicht der Absender unbedingt die folgenden Untersuchungen zusätzlich durchzuführen:

  • Untersuchungen, deren Prognosehorizont bis 2050 statt 2020 reicht,
  • Ausarbeitung und Vergleich unterschiedlicher Szenarien für zukünftige Energieversorgungskonzepte im Land Brandenburg,
  • Konkretere Aussagen zum behaupteten Absatz von Braunkohlestrom,
  • Berücksichtigung negativer Folgen von Braunkohleverstromung und CCS-Technik,
  • die seit Jahren fehlende realistische Ermittlung künftiger Arbeitsplatzeffekte der Kohlewirtschaft und
  • Aussagen zu Preisentwicklung und Kosten der Energieerzeugung.

Der Wortlaut des Briefes, in dem diese Forderungen näher ausgeführt und begründet werden, ist beigefügt.

2. CCS: 408 mögliche Endlager in Deutschland

Greenpeace erkämpfte am 13.02. die Veröffentlichung der möglichen CO2-Endlager, die in Verzeichnissen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) gelistet sind. Es handelt sich um 408 geologische Strukturen, auch unter Hannover und Hamburg oder nahe München liegen. Die größten Endlagerpotenziale sieht die Bundesanstalt dabei im westlichen Niedersachsen. Die Karte und Tabelle bietet Greenpeace hier zum download:

http://www.greenpeace.de/themen/klima/nachrichten/artikel/moegliche_co2_endlager_unter_hamburg_berlin_und_nordseeinseln-1/

3. Nochmal CCS: Die Wiederkehr der Länderklausel

Am 15.02. kam dann die nächste Nachricht: Die mehrfach totgeglaubte Länderklausel ist wieder da: Die Bundesregierung habe sich darauf geeinigt, dass Bundesländer selbst über die Anwendung von CCS auf ihrem Territorium entscheiden dürfen und wolle in diesem Sinne zügig ein Gesetz einbringen. Von den wechselnden Gerüchten der letzten Monate hebt sich dieses dadurch ab, dass es am Mittwoch auch von Bundesumweltminister Norbert Röttgen persönlich und öffentlich verkündet wurde. Dennoch ist man bis zu einem Kabinettsbeschluß vor weiterem Hin und Her nie sicher.

CCS-Kritiker fordern stattdessen ein bundesweites Verbot, auch das ist durch die EU-Richtlinie erlaubt. Doch auch die Kohlelobby hat ein Problem: Bei einer Länderklausel müßte die Landesregierung in vollem Umfang ihre Kohlepolitik gegenüber der eigenen Bevölkerung verantworten und könnte kein bißchen Verantwortung dem Bund in die Schuhe schieben. In einer gemeinsamen Erklärung von M.Platzeck und R.Christoffers vom 17.02. wird angekündigt, Brandenburg werde einem solchen Gesetz im Bundesrat nicht zustimmen.

4. Vattenfall-Bilanz 2010: die fetten Jahre sind vorbei

Vattenfalls operativer Gewinn in Deutschland und Polen (also der inzwischen zum Jahreswechsel umstrukturierten "business unit central europe") hat sich im Jahr 2010 halbiert. Das teilte die Konzernspitze in Stockholm mit. Der untenstehende Presseartikel erklärt näheres dazu.

5. Umsiedlungsstandort am Tagebau Nochten auf unsicherem Grund

Wie schon in einem früheren Rundbrief erwähnt, rutschte der geplante Standort einer Bergbauumsiedlung in der sächsichen Lausitz einfach in sich zusammen. Dorthin will Vattenfall eigentlich die Bewohner von Trebendorf-Hinterberg umsiedeln, um den Tagebau Nochten (genehmigter Teil) weiter voranzutreiben. Die Bedenken der Umsiedler wachsen, während der Konzern mit großem Aufwand versucht, die Fläche herzurichten. Ob er die Haftung für die Sicherheit seines Ansiedlungstandortes übernehmen wird? Unten dazu ein ausführlicher Presseartikel.

6. Land Brandenburg diskutiert Nachhaltigkeitsstrategie

Am 8. Februar hat die Brandenburger Landesregierung Eckpunkte für eine Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen. Damit solle eine Diskussion über diese Strategie eröffnet werden. Auch wenn die Pressemitteilung das nicht explizit erwähnt, kann man es doch auch als Aufforderung verstehen, dass Bürger, Initiativen und Verbände sich mit Stellungnahmen in diese Diskussion einbringen. Die Pressemitteilung des MUGV und die Eckpunkte der Regierung stehen hier: http://www.mugv.brandenburg.de/cms/detail.php/lbm1.c.324816.de

7. Verfahren zur Erweiterung der Aschedeponie des Kraftwerks Jänschwalde

Vattenfall hat beantragt, die Aschedeponie des Kraftwerkes Jänschwalde deutlich zu erweitern. Damit soll ein Weiterbetrieb bis weit nach 2030 ermöglicht werden. Die Deponie befindet sich auf der Kippe des Tagebaues Jänschwalde nördlich des geplanten "Klinger Sees". Derzeit liegen die Antragsunterlagen öffentlich aus und können noch bis zum 7. März in der zuständigen Genehmigungsbehörde (Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe - LBGR) sowie den Stadt- und Amtsverwaltungen Forst, Döbern, Cottbus, Peitz und Neuhausen eingesehen werden. Stellungnahmen sind danach noch bis zum 21.03.2011 an das LBGR möglich. Die anerkannten Naturschutzverbände bemühen sich um eine rechtzeitige fachliche Bearbeitung, die wir dann auch interessierten Bürgern gern zur Verfügung stellen.

8. Proteste, Diskussionen und Tagungen der nächsten Wochen

Heute wurde eine Reihe Termine neu auf unserer Seite eingetragen:

www.lausitzer-braunkohle.de/termine.php

9. Presseartikel:

http://www.lr-online.de/regionen/weisswasser/Alter-Braunkohlenbau-verunsichert-Trebendorfer;art13826,3209551

Alter Braunkohlenbau verunsichert Trebendorfer - LR Weißwasser, 04.02.2011

Trebendorf „Ist es nun ein Löchlein oder ein Riesenloch? Das kommt mir alles sehr ominös vor. Seit Tagen kommt ein Lkw nach dem anderen mit Füllmaterial, das dann verpresst wird.“ Ariane Kraink gehört zu den Umsiedlern von Hinterberg, die im Bereich Kaupe ein neues Haus bauen. Im Herbst hatte es neben der Straße zum Wohngebiet einen Grundbruch gegeben – drei Meter tief und zwei Meter im Durchmesser.

Krainks erklärten daraufhin ihre Bedenken gegenüber Vattenfall. Doch jetzt pocht die Familie auf eine Unbedenklichkeitserklärung. »Und die sollen alle Umsiedler, die auf Kaupe bauen, bekommen«, forderte Gemeinderätin Marina Kowalick am Mittwochabend bei der Ratsitzung. Hier hatte Ariane Kraink ihre Sorgen beim Namen genannt.

Vattenfall sieht keine Gefahr

»Die Verpressung erfolgt seit 14 Tagen - und das in Mengen, an die keiner dachte«, bestätigte Wolfgang Zech. Der Bergbau-Sachbearbeiter in der Gemeinde verwies auf Auskünfte des Unternehmens vom Mittwoch. »Seit Dienstag kommt das erste Verpresste an anderen Stellen wieder raus - das soll ein gutes Zeichen sein. Die Vattenfall-Leute sagen, die Baufelder sollen sicher sein«, berichtete er. Vattenfall hatte die Trebendorfer nach den ersten Erkundungsarbeiten informiert, dass »Gefahren für Menschen und Sachgüter von dem festgestellten Erdbruch nicht ausgehen«.

Das genügt den Trebendorfern nicht mehr, »sie sind verunsichert«, so Bürgermeisterin Kerstin Antonius. Sie will deshalb von den Fachleuten eine verlässliche Antwort, dass keiner in Trebendorf in Gefahr ist. Weder jetzt, noch in der Zukunft.

Der Erdbruch war am 17. September am Westrand der ehemaligen Tiefbaugrube »Gustav Adolph« bemerkt worden - an der Verbindungsstraße von Trebendorf nach Halbendorf und nördlich des Bahnüberganges der Strecke Cottbus - Görlitz. Zu dieser Zeit fanden Erschließungsarbeiten für den Umsiedlungsstandort Trebendorf - Kaupe statt und der Kaupegraben wurde gebaut.

»Ein Bergbau ohne Rechtsnachfolger. Weder LMBV noch Vattenfall sind in der Pflicht. Die Verantwortung liegt beim Land Sachsen«, so Vattenfall-Sprecher Axel Happe gestern gegenüber der RUNDSCHAU. Vor 1990 sind hier bereits Sicherungsarbeiten durchgeführt worden. Im Auftrag des Sächsischen Oberbergamtes wurden die Grubenbaue vor wenigen Jahren nochmals verwahrt.

Der Tagesbruch vom September letzten Jahres lag laut Happe rund 80 Meter außerhalb der dokumentierten Grubenbaue. Im Auftrag des Sächsischen Oberbergamtes übernahm die Vattenfall Europe Mining AG die Sicherung des Tagesbruches.

»Zunächst wurde das Gebiet flächendeckend geophysikalisch untersucht. An Stellen, wo die Geophysik Hinweise auf mögliche Hohlräume lieferte, wurden anschließend Bohrungen niedergebracht.« In Trebendorf spricht man von über 20 Bohrungen in einer Tiefe von 30 Metern, wobei die Kohle damals nur bis zu 12,5 Metern abgebaut worden sei.

Kontrollbohrungen

»Im Ergebnis dieser Erkundungskampagne ergaben sich drei Stellen, an denen Hohlräume gefunden wurden. Diese Hohlräume wurden bis Anfang dieser Woche durch BLZ Geotechnik Gommern verpresst. Dabei sind rund 500 Tonnen Braunkohlenasche in den Untergrund eingebracht worden«, erklärt Happe. Er kündigte an, dass in den nächsten Wochen durch Kontrollbohrungen nachgewiesen werden muss, dass die Hohlräume vollständig verpresst wurden. »Bei gegebenenfalls unvollständiger Verwahrung ist nochmals zu verpressen«, so der Sprecher. Die gesamten Arbeiten werden in einem Abschlussbericht dokumentiert. Dazu Happe: »Mit diesem Bericht wird der Nachweis erbracht, dass zukünftig von den untertägigen Grubenbauen keine Gefährdungen ausgehen.«

Vattenfall lässt diesen Abschlussbericht dann nicht in einer Schreibtischlade verschwinden. Der Bericht wird dem Sächsischen Oberbergamt übergeben und gemeinsam erörtert. Denn das Sächsische Oberbergamt als Rechtsträger entscheidet, ob die Abschlussdokumentation anerkannt wird oder noch weitergehende Kontrollen notwendig sind.

Bei der Erkundung des Erdbruchs wurde eine Bierflasche gefunden mit der Aufschrift »Societätsbrauerei Waldschlösschen Dresden«. Möglicherweise gab es ja schon früher hier einen Geländebruch, der einfach zugeschüttet wurde. Dabei hat wohl ein Helfer die Flasche fallen lassen. Die Vattenfall-Geologen wandten sich indes an die älteren Trebendorfer, ob sich jemand an einen derartigen Vorfall erinnern könne.

Von Gabi Nitsche

 

http://www.europeonline-magazine.eu/deutschland-keine-gewinnmaschine-mehr-fuer-vattenfall_109578.html

Deutschland keine Gewinnmaschine mehr für Vattenfall - Europa Online Magazine, 10.02.2011

Vattenfall fährt keine Rekordgewinne mehr in Deutschland ein und verabschiedet sich auch von seinen Expansionsträumen: Der schwedische Energiekonzern kündigt nach rückläufigen Erträgen - gerade hierzulande - eine betont vorsichtige Strategie an.

Kopenhagen/Stockholm (dpa) - Für den schwedischen Energiekonzern Vattenfall sind die goldenen Jahre mit Rekordgewinnen in Deutschland erstmal vorbei. Während hohe Strompreise in Nordeuropa dem Stockholmer Staatskonzern 2010 insgesamt ein Plus beim operativen bescherten, ging es in Deutschland kräftig bergab: Vattenfall legte beim operativen Gewinn um 6,9 Prozent auf 29,9 Milliarden Kronen (3,4 Mrd Euro) zu. Für das Geschäft in Zentraleuropa mit Deutschland als Schwerpunkt halbierte sich der Wert aber von 18,9 auf 9,5 Milliarden Kronen.

Beim Blick in die Zukunft sah Vattenfalls neuer Konzernchef Øystein Løseth am Donnerstag zu recht «viele Herausforderungen mit zunehmendem Ertragsdruck und schwachem Wachstum bei der Nachfrage». Der Gewinn für den Gesamtkonzern ging 2010 um zwei Prozent auf 13,2 Milliarden Kronen zurück.

Von seinem Vorgänger Lars Josefsson hat der zurückhaltende Norweger an der Vattenfall-Spitze eine beeindruckende Sammlung an Problemen geerbt. Und sie sind alles andere als gelöst. Der fast permanente Stillstand der norddeutschen Atomreaktoren Krümmel und Brunsbüttel seit drei Jahren kostete Vattenfall allein im vergangenen Jahr 445 Millionen Euro. Seufzend meinte Løseth: «Zweifellos könnte unser Image in Deutschland besser sein, wenn es um die Atomenergie geht.»

Jetzt verhandelt Vattenfall mit Eon, dem bisher «stillen Partner» an beiden Nuklearanlagen, ob die Deutschen die operative Leitung für die häufig als «Pannenreaktoren» bezeichneten von den Schweden übernehmen. Ob und wann sie wieder ans Netz kommen, steht weiter in den Sternen: Jedenfalls werde es vor einer Einigung mit Eon keine Entscheidung geben, sagte Løseth.

Weitere «Imageprobleme» in Deutschland hat Vattenfall mit der umstrittenen Förderung von Braunkohle in Ostdeutschland. In den Niederlanden sind die Probleme handfester: Ex-Konzern-Chef Josefsson hatte Bei der Übernahme des niederländischen Nuon-Konzernes 2009 mit 8,5 Milliarden Euro wohl einen deutlich zu hohen Preis bezahlt. Das wurde spätestens Ende Januar klar, als Vattenfall eine Wertberichtigung um 4,3 Milliarden Kronen für die eigenen Benelux-Aktivitäten bekanntgegeben musste.

Løseth, vor seinem Wechsel an die Vattenfall-Spitze ausgerechnet Chef bei der teuren Tochter Nuon, tritt nun nach Kräften auf die Bremse: Vattenfall will sich auf Schweden, Deutschland und die Niederlande konzentrieren. Und auch die Minderheiten-Beteiligungen sollen hier abgestoßen werden. So wie in den letzten Monaten schon bei den Stadtwerken Kassel und einem Kraftwerk in Rostock geschehen.

Von Thomas Borchert, dpa