Rundbrief vom 07. Juli 2011

1. CCS-Gesetz passierte Bundestag - Vattenfalls CCS-Projekt durch Länderklausel in der Klemmekohlerundbrief 2011 07 07 bild

2. Vattenfall zahlt weniger an Lausitzer Kommunen

3. Proteste gegen Vattenfall am 15. Juli in Berlin

4. Neubaukraftwerk Boxberg: Verzögerung um Jahre?

5. Erneute Rutschung bei Sanierungsarbeiten in geflutetem Tagebausee

6. Presseartikel:

- Vattenfall kündigt drastische Kürzung der Gewerbesteuer an - Lausitzer Rundschau Spremberg, 30.06.2011

- Tschechen verlieren Lust an Braunkohle - Mitteldeutsche Zeitung, 05.07.2011

Sehr geehrte Interessenten,

hier eine neue Ausgabe unseres Rundbriefes zur Lausitzer Kohle:

1. CCS-Gesetz passierte Bundestag - Vattenfalls CCS-Projekt durch Länderklausel in der Klemme

Mit 306 zu 266 Stimmen hat der Bundestag am 7. Juli das CCS-Gesetz verabschiedet. Mehrheitlichkohlerundbrief 2011 07 07 bild abgelehnt wurde dagegen ein Gesetzentwurf der LINKEN, der CCS bundesweit verbieten wollte. In der vergangenen Woche glaubten einzelne Presseberichte eine von der FDP durchgesetztes Abkehr von der Länder-klausel ausgemacht zu haben. Das hat sich nicht bestätigt. Das nun beschlossene Gesetz (es muß nach der Sommerpause noch den Bundesrat passieren) enthält als § 2 Absatz 5 die sogenannte Länderklausel:

"Die Länder können durch Landesgesetz bestimmen, dass eine Erprobung und Demonstration der dauerhaften Speicherung nur in bestimmten Gebieten zulässig ist oder in bestimmten Gebieten unzulässig ist."

Das stellt Vattenfalls CCS-Projekt in Jänschwalde vor Probleme: Die Brandenburgische Landesregierung hat öffentlich angekündigt, CCS bei einer Länderklausel nicht anwenden zu wollen. Vom Landesvorstand der LINKEN existiert dazu ein protokollierter Beschluß. Jedes andere Verhalten wäre ein massiver Wortbruch.

Dementsprechend sauer ist das Unternehmen in seiner Pressemitteilung: „Wenn das CCS-Gesetzkohlerundbrief 2011 07 07 bild2 so kommt, wie es heute im Bundestag verabschiedet wurde, dann wird Vattenfall über Jahre nicht in der Lage sein, diese Technologie in Deutschland weiter voranzutreiben. Wir erwarten substantielle Änderungen am Gesetzesinhalt, andernfalls droht der bisherigen deutschen Technologieführerschaft bei der Entwicklung von CCS das Aus.“ läßt Vorstandsvorsitzender Hartmuth Zeiß verbreiten. Vattenfalls Chancen, den Bundesrat noch ernsthaft zu beeinflussen, dürften allerdings gering sein, sind die jetzigen Einschränkungen im Gesetz doch im Wesentlichen als Zugeständnisse an den Bundesrat entstanden.

(Foto: Proteste in Wriezen am 30. Juni, Quelle: CO2bombe.de)

2. Vattenfall zahlt weniger an Lausitzer Kommunen

Presseberichten zufolge will Vattenfall wegen der Kosten des Atomausstieges weniger Gewerbesteuer an Lausitzer Kommunen zahlen. (siehe Artikel unten.) Vor zwei Jahren war die Gewerbesteuerveranlagung auf Vattenfalls Initiative so geändert worden, dass Verluste bei Atomkraftwerken auch zu Mindereinnahmen der Kommunen im Kohlerevier führen. Am stärksten war und ist die hoch verschuldete Stadt Cottbus davon betroffen. Dieser Effekt kann sich nun lediglich noch verstärken.

3. Proteste gegen Braunkohle am 15. Juli in Berlin

Unter dem Motto "Klima Campen = Braunkohle den Stecker ziehen!" wollen die Initiatoren des Klimacamps in der Lausitz ab Freitag, dem 15. Juli von 15:00 Uhr bis zum nächsten Tag in Berlin vor der Vattenfall-Zentrale (Köpenicker Straße, U-Bahn Heinrich-Heine-Straße) demonstrieren. Zeitgleich findet eine entsprechende Aktion in Essen vor der Zentrale von RWE statt. Die Ankündigung steht auf www.lausitzcamp.info

4. Neubaukraftwerk Boxberg: Verzögerung um Jahre?

Wie Spiegel online Ende Juni erneut berichtete, haben mehrere im Bau befindliche Kohlekraftwerke in Deutschland Materialprobleme. Doch diesmal werden die Aussagen zum Lausitzer Neubaukraftwerk Boxberg R konkreter: Dort würde der marode T24-Stahl derzeit durch herkömmliche Werkstoffe ersetzt, berichtet das Blatt. Auf deutsch: der schon einmal fertige Kessel wird scheinbar regelrecht noch einmal gebaut. Der Spiegel spricht von Verzögerungen um Jahre. Hierzu gibt es allerdings keinerlei öffentliche Äußerung von Vattenfall. Nach den bisherigen Ankündigungen des Konzerns hätte der Block R inzwischen seit Monaten in Betrieb sein müssen. Ob mit den "herkömmlichen Werkstoffen" auch Veränderungen technischer Daten, etwa des Wirkungsgrades verbunden sein können, wird bei der derzeitigen (Des-)Informationspolitik des Konzerns wohl nicht so schnell zu ergründen sein. Denn der offenbar ungenügend erprobte T24-Stahl war ja eingesetzt worden, um den Wirkungsgrad auf über 43,5 Prozent steigern zu können. Geht das schief, stehen auch die Wirkungsgrade in Frage, die Vattenfall für künftige (CCS-) Kraftwerke propagiert.

5. Erneute Rutschung bei Sanierungsarbeiten in geflutetem Tagebausee

Wie die Lausitzer Rundschau auf der Lokalseite Hoyerswerda (30.6.) mitteilte, sind im Silbersee bei Lohsa zehntausende Kubikmeter Erdreich ins Rutschen gekommen. Auslöser dürften Sanierungsarbeiten am Bahndamm gewesen sein, dessen Standsicherheit direkt am Ufer des gefluteten Tagebausees durch Rüttelstopfverfahren gesichert werden soll. Die Rutschung soll sich bereits am 24. Juni ereignet und eine 80 cm hohe Welle ausgelöst haben. Der See ist bereits seit mehr als dreißig Jahren in freigegebene Badestrände und aus Sicherheitsgründen gesperrte Uferzonen unterteilt. Das Beispiel zeigt erneut, wie dauerhaft Standsicherheitsrisiken durch Braunkohlentagebau sind.

6. Presseartikel

http://www.lr-online.de/regionen/spremberg/Vattenfall-kuendigt-drastische-Kuerzung-der-Gewerbesteuer-an;art1050,3402314

Vattenfall kündigt drastische Kürzung der Gewerbesteuer an – Lausitzer Rundschau Spremberg, 30.06.2011

Spremberg Der Energiekonzern Vattenfall, wichtiger Steuerzahler für Spremberg, hat Bürgermeister Klaus-Peter Schulze (CDU) angekündigt, dass er die Gewerbesteuerzahlungen „drastisch reduzieren“ muss. Wie Vizebürgermeisterin Christina Schönherr (parteilos) bestätigt, erwarten die Energiekonzerne durch die Abschaltung ihrer Atomkraftwerke „gewaltige zusätzliche“ Kosten.

Konkrete Zahlen gebe es nicht vor Mitte Juli. Doch abwarten, ob es sich um eine Million Euro weniger für Spremberg handelt, wollte Schulze nicht. Er startete sofort einen Hilferuf ans Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und an die Landesregierung. „Es betrifft alle Kommunen, wo Stromkonzerne Gewerbesteuerzahler sind“, sagt Christina Schönherr. Doch es könne nicht sein, dass die Kommunen die Folgen des Atomausstiegs mit erheblichen Steuermindereinnahmen allein bewältigen. „Wir als Stadt und unsere Bürger müssen letztlich die mit der Unternehmenstätigkeit zusammenhängenden Lasten weiter tragen“, so Christina Schönherr. Einzige Hoffnung, die ihr Vattenfall macht, sei, dass sich die Kürzung auf 2011 beschränkt und sich 2012 alles wieder freundlicher gestalten soll.

Sobald ein geänderter Gewerbesteuervorauszahlungsbescheid eingeht, in dem der Einahmeverlust erkennbar wird, muss Spremberg einen Nachtragshaushalt erarbeiten. Das Stadtparlament hat den Haushalt 2011 beschlossen. Er hat ein Defizit von 8, 3 Millionen Euro, brauchte ein Sicherungskonzept und ist bislang nicht genehmigt.

ani

http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1309757115302

Tschechen verlieren Lust an Braunkohle - Mitteldeutsche Zeitung, 05.07.2011

THEISSEN/MZ. Der Bau eines neuen Kohlekraftwerkes der Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft (Mibrag) aus Theissen im Süden von Sachsen-Anhalt ist in der Schwebe. Denn der tschechische Groaktionär CEZ will offenbar seine 50 Prozent Firmenanteile veräußern. "Es werden derzeit Gesprache gefhürt", sagte Mibrag-Aufsichtsratsvorsitzender Wilhelm Hans Beermann der MZ. Es gebe bisher aber noch keine eindeutige Tendenz. Zu Details äußerte er sich nicht. Er erwartet eine Entscheidung im September. Tschechische Medien hatten bereits Ende Juni über einen möglichen Ausstieg des Energiekonzerns CEZ spekuliert. CEZ und Mibrag wollten dies aber nicht kommentieren.

CEZ und die tschechische Finanzgruppe EPH hatten erst vor zwei Jahren den Braunkohlenförderer Mibrag zu einem Preis von 400 Millionen Euro von den früheren amerikanischen Eigentümern erworben. Damals wurde auch die feste Absicht geäußert, für über eine Milliarde Euro ein neues Braunkohlekraftwerk in Profen (Burgenlandkreis) zu errichten. CEZ wollte damit verstärkt im deutschen Strommarkt Fuß fassen. Diese Pläne werden jetzt offenbar überdacht.

Die Landesregierung Sachsen-Anhalts unterstützt das Kraftwerksprojekt. Die heimische Braunkohle soll auch in den nächsten Jahrzehnten weiter Teil des Energiemixes sein.

VON STEFFEN HHNE, 04.07.11, 21:28h, aktualisiert 04.07.11, 21:32h