Populisten-Wettstreit um die LEAG-Beihilfe

eu kommissionDie Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg werfen ihre Schatten voraus und aus lauter Angst vor Stimmenverlusten liefern sich Landespolitiker parteiübergreifend einen absurden Wettlauf um die Gunst des Oligarchen Křetínský in Prag. Wie konnte es dazu kommen?

Am 11. Dezember bewilligte die EU-Kommission die im Kohleausstiegsgesetz geplante Entschädigung an den nordrhein-westfälischen Kohlekonzern RWE. Schon vor vielen Monaten hatte die Kommission dieses Verfahren von dem zu LEAG und MIBRAG getrennt, sein früherer Abschluss stellt deshalb keine Überraschung dar. Inszeniert wird er aber als Skandal um ein angeblich benachteiligtes Ostdeutschland.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer etwa „gewinnt den Eindruck, dass die Bundesregierung sich zu wenig für die Braunkohleunternehmen in Ostdeutschland, Leag und Mibrag, einsetzt.“ Der linke Bundestagsabgeordnete Christian Görke vermutet in der Lausitzer Rundschau: „Scheinbar setzt sich das grüne Wirtschaftsministerium bei Gesprächen in Brüssel nur für die Kohleregionen im Westen ein“. In einer Landtagsdebatte in Potsdam tröten Politiker mehrerer Fraktionen in dieses Horn.

Moment mal: Kann eine nicht zulässige Beihilfe plötzlich richtig werden, weil die Bundesregierung sich mehr dafür engagiert ? Spielen Inhalte bei dieser Prüfung also überhaupt keine Rolle? Das Bild, das hier gemalt wird, hat mit einem Rechtsstaat nichts zu tun. Erschreckend auch, wenn ein ehemaliger Landesfinanzminister wie Görke nicht die öffentlichen Kassen vor der Auszahlung unerlaubter Beihilfen, sondern einen Konzern vor den selbst verursachten Folgekosten seiner Tagebaue schützen will.

Denn Zahlungen an die LEAG gehen eben nicht an die „Kohleregion im Osten“, sondern helfen dem Milliardär Daniel Křetínský über den Umweg von „Zweckgesellschaften“ beim Ausbau seines Firmenimperiums. Sie sollen formal für die Rekultivierung genutzt, dürfen dazu aber in Unternehmensbeteiligungen angelegt werden. Kommt das Geld nicht, muss die LEAG die angerichteten Schäden schlicht und ergreifend selbst bezahlen. Wäre das wirklich der Untergang des ostdeutschen Abendlandes oder nicht eher der Anfang längst überfälliger Kostengerechtigkeit? Sachsen wie Brandenburg haben drei Jahrzehnte lang alle Tagebauwünsche durchgewunken, ohne die Kosten für die Rekultivierung rechtzeitig zu sichern. In diese Lücke soll nun die Bundesentschädigung springen, mit deren Hilfe die Merkel-Regierung einen Kohleausstieg im „Einvernehmen“ mit den Konzernen erkaufen wollte. Die Behauptung, es würde sich bei den vereinbarten Summe von 1,75 Milliarden um Mehrkosten durch den Kohleausstieg handeln, ist erwiesenermaßen falsch und genau das macht die Zahlung zur ungerechtfertigten Beihilfe.

So erweckt das Vorgehen der LEAG, eine längere Laufzeit des Kraftwerks Jänschwalde zu behaupten, um sich diese dann vom Steuerzahler abkaufen zu lassen, schon 2020 den Eindruck eines milliardenschweren Trickbetrugs. Der Konzern will sich damit offenbar auch für die Kohle unter fremden Grundstücken entschädigen lassen, wie Einwohner von Proschim der Kommission 2021 mitteilten. Von der offensichtlichen rechtswidrigen Marktverzerrung durch die vereinbarte Zahlung sollen die plumpen Ost-West-Parolen nun offenbar ablenken. Das ohne Staatsgelder angeblich so mittellose Unternehmen kauft sich derweil die Namensrechte am Cottbuser Fußballstadion.