Rundbrief vom 19. Februar 2018

1. Wasserverlust von Seen im Umfeld des Tagebaus Jänschwalde – Kungelrunde soll „Zielwasserstände“ festlegen

2. GRÜNE LIGA: Verlängerungsantrag für Tagebau Welzow I ist nicht genehmigungsfähig

3. Landesregierung widerspricht sich bei Sulfat-Zielwerten für die Spree

4. Keine Sicherheitsleistungen beim Tagebau – Steuerzahler bleiben bei Insolvenz auf Rekultivierungskosten sitzen

5. Petitionsausschuss des EU-Parlaments zieht erstes Fazit seiner Lausitzreise: Braunkohlewirtschaft nicht zukunftsfähig

6. Post vom Bergamt: Verfahren zu Nochten 2 eingestellt

7. Landkreis Bautzen will Belastungen der Struga endlich untersuchen

8. Keine Subventionen mehr - EPH schließt Kohlekaftwerk in England

Pinnower See 1450

1. Wasserverlust von Seen im Umfeld des Tagebaus Jänschwalde – Kungelrunde soll „Zielwasserstände“ festlegen

Mit einem Antrag im Brandenburgischen Landtag fordert die bündnisgrüne Fraktion ein unabhängiges Gutachten zur Klärung der Ursache für den massiven Wasserverlust von Seen im Umfeld des Tagebaus Jänschwalde. Zudem fordert die Fraktion die Landesregierung auf, ein Konzept zu entwickeln, wie die Wasserstände in den Seen im Umfeld des Tagebau Jänschwalde stabilisiert werden können. Geprüft werden müsse zudem, ob ein Stopp des Tagebaus notwendig ist.

Kurz nach Bekanntwerden des Antrages gab es ein Gespräch der Landesämter für Umwelt (LfU) und Bergbau (LBGR) mit der LEAG. Anschließend wurde von Ministeriumssprecher Streu mitgeteilt, dass auch die LEAG den bisher stets bestrittenen Bergbaueinfluss auf den Großsee, Pinower See und Kleinsee einräumt. Eine Arbeitsgruppe aus LEAG und Landesämtern wolle bis Ende März einen Maßnahmeplan und Zielwasserstände festlegen.

Fraglich ist, ob es sich bei „Zielwasserständen“ um den bergbaulich unbeeinflussten Zustand handeln wird, oder ob hier vorbei an Recht und Gesetz ein bestimmtes Maß an Verschlechterung für hinnehmbar erklärt werden soll. Die Beteiligung des Bergbauunternehmens an der intransparenten Runde lässt genau das befürchten.

In der Vergangenheit war von der betroffenen Gemeinde Schenkendöbern mehrfach gefordert worden, dass die 2016 vom Umweltministerium eingerichtete Arbeitsgruppe Pastlingsee sich auch um die anderen Seen der Umgebung kümmern möge. Das wurde regelmäßig abgelehnt. Jetzt also stattdessen eine neue AG – bei der Gemeinden und Umweltverbände offensichtlich draußen bleiben sollen. Tagebau und Transparenz sind einfach nicht miteinander vereinbar. (Foto: Wasserrückgang im Pinnower See, ideengruen)

2. GRÜNE LIGA: Verlängerungsantrag für Tagebau Welzow I ist nicht genehmigungsfähig

Der Umweltverband GRÜNE LIGA sieht den Antrag des Kohlekonzerns LEAG auf Verlängerung des Tagebaues Welzow-Süd als nicht genehmigungsfähig an. Die LEAG hat beantragt, die bis 2023 befristete Genehmigung ihres Tagebaues Welzow-Süd Teilfeld I bis nach 2030 zu verlängern. Sie hat dafür die Abbauplanung so geändert, dass sie von der Inanspruchnahme des umstrittenen Teilfeldes II unabhängig ist. Die Planung einer vom Teilfeld II unabhängig herstellbaren Folgelandschaft fehlt jedoch weiterhin.

„Obwohl über die Abbaggerung des Dorfes Proschim noch nicht entschieden ist, verplant die LEAG schon den Boden unter Proschim, um damit ihre benachbarte Kohlegrube zuzuschütten. Auf diese Weise Tatsachen für weitere Abbaugebiete zu schaffen, kann nach dem Bundesberggesetz nicht genehmigt werden.“ erläutert René Schuster von der GRÜNE LIGA.

Das Gesetz formuliert als Voraussetzung für die Genehmigung eines Betriebsplanes „die erforderliche Vorsorge zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche in dem nach den Umständen gebotenen Ausmaß“. Die Bergbehörde kann aber längst nicht mehr von der Abbaggerung des Teilfeldes II ausgehen. Die Planung der Folgelandschaft hätte daher mindestens in zwei Varianten erfolgen müssen – es wäre jedoch auch höchste Zeit für einen endgültigen Verzicht auf Welzow-Süd II. Der LEAG-Konzern will offiziell erst 2020 entscheiden, ob er Welzow-Süd II noch abbauen will. Damit wäre die Umsiedlung von 810 Menschen aus Proschim, Welzow und Lindenfeld und der Ausstoß weiterer 200 Millionen Tonnen Kohlendioxid verbunden.

Die Stellungnahme der Umweltverbände wurde in Zusammenarbeit zwischen Greenpeace und GRÜNE LIGA erarbeitet und wird von BUND Brandenburg, NABU Brandenburg und Naturfreunde Brandenburg ebenfalls mitgetragen.

Präsentation zur Stellungnahme auf der Pressekonferenz am 8. Februar in Potsdam

3. Landesregierung widerspricht sich bei Sulfat-Zielwerten für die Spree

Es steht Aussage gegen Aussage: Umweltminister Jörg Vogelsänger (SPD) sagte am 31. Januar im Landtagsplenum, es werde keine Erhöhung der Zielwerte für Sulfat in der Spree geben. Das bestätigte auch sein Abteilungsleiter Kurt Augustin gegenüber der Lausitzer Rundschau. Den Wasserwerken Frankfurt (Oder) liegt jedoch ein von Herrn Augustin selbst unterschriebener Brief vor, demzufolge der Zielwert am Spree-Pegel Neubrück von derzeit 280 auf 350 mg/l Sulfat erhöht werden solle.

Aufgrund dieser Ankündigung hatte der Wasserversorger im Januar rechtliche Schritte gegen die Flutung des Cottbuser Tagebausees der LEAG angekündigt und warnte vor einer Bedrohung der Trinkwasserversorgung und einer möglichen Preiserhöhung um bis zu 20 Prozent für die Wasserkunden. Der Trinkwassergrenzwert liegt bei 250 mg/Liter, mehr als die Hälfte der Sulfatbelastung der Spree stammt aus den Tagebauen der LEAG.

In ihrem Genehmigungsantrag zur Flutung des Restsees des Tagebaues Cottbus-Nord fordert die LEAG weiterhin, die Zielwerte dem Restsee anzupassen statt umgekehrt. „Der Immissionszielwert für Sulfat wurde ohne Berücksichtigung des “Cottbuser Ostsees“ (...) festgelegt und sollte daher im Rahmen des Verfahren neu festgelegt werden.“ heißt es auch in der nunmehr dritten Version des LEAG-Antrages.

4. Keine Sicherheitsleistungen beim Tagebau – Steuerzahler bleiben bei Insolvenz auf Rekultivierungskosten sitzen

Trotz klarer Hinweise, dass die LEAG nicht im erforderlichen Umfang Gelder vorhält, um die Tagebaufolgekosten im Insolvenzfall tragen zu können, sieht das Land Brandenburg keinen Handlungsbedarf. Das geht aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der bündnisgrünen Fraktion (Drucksache 6-8076) hervor.
„Die Landesregierung hatte bisher keine Veranlassung zu prüfen, ob das Unternehmen EPH für Verpflichtungen der LEAG haftet“, heißt es in der Antwort. Für den Fall einer Insolvenz wird aktuell keine Vorsorge getroffen. Die Entscheidungen werden vielmehr allein der nachgelagerten Bergbaubehörde überlassen. „Die Landesregierung hätte die Möglichkeit, die LEAG zu insolvenzfesten Sicherheitsleistungen zu verpflichten. Stattdessen tut sie nichts und riskiert damit, dass Unsummen der Allgemeinheit aufgebürdet werden könnten“, kritisiert die wirtschaftspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion Heide Schinowsky.
Kritik kommt auch von der amtierenden Bundesregierung. In einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Brandenburger Bundestagsabgeordneten Annalena Baerbock erklärte Staatssekretär Matthias Machnig: „Festzustellen ist, dass die Länder schon jetzt Sicherheitsleistungen nach pflichtgemäßem Ermessen verlangen können, sie davon aber nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht haben“. Für Baerbock ist offensichtlich, dass die Braunkohleunternehmen zu wenig Geld bereithalten, um für die Nachsorgeverpflichtungen für alte Tagebaue zu zahlen. Sie fordert: „Das Bundesberggesetz muss dringend dahingehend geändert werden, dass Sicherheitsleistungen gesetzlich verpflichtend geleistet werden müssen. Denn nur so können die notwendigen Beträge der Braunkohleunternehmen insolvenzfest gesichert werden“. (Pressemitteilung, gekürzt)

5. Petitionsausschuss des EU-Parlaments zieht erstes Fazit seiner Lausitzreise: Braunkohlewirtschaft nicht zukunftsfähig

Zum Abschluss einer dreitätigen Sondierungsreise einer Delegation des EU-Petitionsausschusses durch die Lausitz haben die Ausschussmitglieder Pál Csáky und Tatjana Ždanoka am Freitag in Cottbus ein Zwischenfazit gezogen. Die Lausitzer Braunkohlewirtschaft sei demnach eine „problematische“ und „nicht zukunftsfähige“ Industrie, sagte Pál Csáky. Aus Sicht der lettischen EU-Abgeordneten Tatjana Ždanoka bedroht die Braunkohle nicht nur die Umwelt, sondern auch die nationale Minderheit der Sorben und Wenden. Der Petitionsausschuss des EU-Parlaments will nun von der Bundesregierung einen Bericht abverlangen, wie es um die Zukunft der Braunkohle steht. Zudem sollen mögliche Verstöße bei der Genehmigung von Tagebauen gegen Auflagen der EU überprüft werden. Ein Abschlussbericht wird im Mai dieses Jahres erwartet, kündigt Csáky an. Die Vertreter des EU-Petitionsausschusses informierten sich vom 14. bis 16. Februar bei zahlreichen Gesprächen mit Behörden und Politikern in Potsdam und der brandenburgischen Lausitz. Anlass waren zwei Petitionen der Lausitzer Allianz (0709/2015) und BürgerBegehren Klimaschutz (1012/2017), die sich mit der Umweltbedrohung durch die Braunkohle und dem Schutz der nationalen Minderheit der Sorben und Wenden befassen.

6. Post vom Bergamt: Verfahren zu Nochten 2 eingestellt

Anfang 2015 waren zahlreiche Bürger unserem Aufruf gefolgt, Einwendungen gegen den Rahmenbetriebsplan Nochten 2 einzureichen. Sie bekamen in den letzten Tagen Post vom Sächsischen Oberbergamt. Darin wurden sie informiert, dass die LEAG den Antrag am 11. Dezember 2017 offiziell zurückgenommen hat und das Verfahren damit abgeschlossen ist. Wir danken allen die mitgemacht haben! Wer möchte, kann das Schreiben als Beleg für seinen/ihren persönlichen Anteil an der Rettung von Rohne und Mulkwitz vor dem Kohlebagger aufbewahren. Einen bergrechtlichen Antrag für das Sonderfeld Mühlrose plant die LEAG erst um 2020 einzureichen. Bis dahin läuft zunächst das Verfahren zur Überarbeitung des Braunkohlenplanes beim Regionalen Planungsverband, über das wir die Leser des Rundbriefes auf dem Laufenden halten werden.

7. Landkreis Bautzen will Belastungen der Struga endlich untersuchen

Nach langer Untätigkeit gibt es nun offenbar die Bereitschaft der Behörden, nach den Ursachen der Belastung der Struga bei Neustadt zu suchen. Das berichtete die Sächsische Zeitung am 6. Februar. Mitglieder des Neustädter Vereins „Eine Spinnerei – vom nachhaltigen Leben e.V.“ haben beim Landratsamt Akteneinsicht in Wasserdaten genommen, die der Tagebaubetreiber Vattenfall bereits 2013 erhoben hatte. Dadurch wurden Nickelwerte weit über dem Grenzwert der Oberflächengewässerverordnung bekannt. Das Landratsamt sagte nun (endlich) zu, weitere Untersuchungen und eine Ursachenermittlung zu betreiben. Der Zustand des Baches rühre „unseren Erkenntnissen zufolge aus der langen bergbaulichen Nutzung des Gebietes“, zitiert die Zeitung das Umweltamt des Kreises.

8. Keine Subventionen mehr - EPH schließt Kohlekaftwerk in England

Wie der Guardian berichtet, schließt der tschechische EPH-Konzern sein Kohlekraftwerk Eggborough in Yorkshire Ende September, weil es im nächsten Winter keine staatliche Subvention für die Bereitstellung von Backup-Strom erhalten kann. Von den rund 170 Mitarbeitern werden etwa 130 entlassen, die anderen sollen sich um Stilllegung und Abriss kümmern.

Der Rundbrief als pdf

 

Termine

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26 April 2024
10:00 - 20:00
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Wir beim Umweltfestival in Berlin
28 April 2024
Berlin, Straße des 17. Juni
Filmabend "Es kommt darauf an das Hoffen zu lernen"
21 Mai 2024
19:00 -
Salon des Franz-Mehring-Platzes 1, 10243 Berlin

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

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