Rundbrief vom 24. März 2017

1. Brandenburgs Landesregierung lässt sich Energiestrategie vom Braunkohleunternehmen diktieren

2. Landgericht: LEAG muss für vertrocknete Obstbäume zahlen

3. MDR-Recherche: Sachsen fordert zu wenig Sicherheitsleistungen vom Bergbau

4. Diskussion: Die Talsperre Spremberg - Hält sie den Eisenockerschlamm auch bei Hochwasser?

5. Neue "Nochten heute" erschienen

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 1. Brandenburgs Landesregierung lässt sich Energiestrategie vom Braunkohleunternehmen diktieren

Vor der Sitzung des Brandenburgischen Braunkohlenausschusses am 23. März in Cottbus forderten Bürger aus den bedrohten Orten Grabko, Kerkwitz und Atterwasch die sofortige Einstellung der Planungen zum Tagebau Jänschwalde-Nord. Sie verteilten an die Sitzungsteilnehmer Einladungen zum Europäischen Stationenweg zum Reformationsjubiläum, der im Mai in der Kerkwitzer Kirche zu Gast sein wird.

Die Präsentation des Landeswirtschaftsministeriums zur Fortschreibung der Energiestrategie des Landes hatte bereits im November 2016 auf der Tagesordnung des Ausschusses gestanden. Wegen noch fehlender Ergebnisse war sie auf März verschoben worden. Referatsleiter Uwe Steffen als Vertreter des MWE machte nun jedoch deutlich, dass die Ergebnisse der beauftragten Studien noch immer fehlen. Diese würden nun erst zum 30. Juni vorgelegt, man werde die Entscheidung der LEAG über neue Tagebaue abwarten und könne erst dann die Szenarien rechnen. Eine Öffentlichkeitsbeteiligung zum Entwurf der Strategie sei Ende des dritten Quartals denkbar.
"Die Landesregierung lässt sich ein weiteres Mal ihre Energiestrategie vom Braunkohleunternehmen diktieren. Anders ist es nicht erklärbar, dass selbst mit einer so unumgänglichen Entscheidung wie dem Stopp von Jänschwalde-Nord auf die Planungen des Unternehmens gewartet wird. Dass vom zuständigen Ministerium heute wieder keine substanziellen Aussagen kamen, ist eine Missachtung der betroffenen Dörfer und des Braunkohlenausschusses." kritisiert Andreas Stahlberg, Vertreter des Kreistages Spree-Neiße im Ausschuss.

Im Jahr 2007 hatte die Landesregierung den Tagebau Jänschwalde-Nord mit Umsiedlung von Grabko, Kerkwitz und Atterwasch angekündigt, der ein Neubaukraftwerk am Standort Jänschwalde mit Braunkohle versorgen sollte. Das 2008 formell eingeleitete Braunkohlenplanverfahren weigert sie sich seit Jahren einzustellen, obwohl keinerlei Begründung für das Vorhaben mehr existiert. So sagte LEAG-Chef Rendez am 26. Januar öffentlich in einer Talkveranstaltung: "Ich kann nur eines sagen, wir haben hier keinen Plan ein neues Kohlekraftwerk momentan zu bauen."

"Dass das alte Kraftwerk Jänschwalde ab 2020 zur Abschaltung ansteht, weiß die Brandenburger Landesregierung spätestens seit 2001. Dafür jetzt Klimaschutzbestrebungen der Bundesregierung verantwortlich machen zu wollen, ist völlig unglaubwürdig. Die Politik muss den Abschied vom Kraftwerk gestalten, statt ihn auszusitzen." sagt René Schuster, Braunkohleexperte beim Umweltverband GRÜNE LIGA. 2001 hieß es im Gutachten der Prognos AG zur Fortschreibung des Energiekonzeptes des Landes Brandenburg: "Im Jahr 2020 kommt die Betrachtung der Stromerzeugung in Brandenburg an eine Schnittstelle, da etwa zu diesem Zeitpunkt das Kraftwerk Jänschwalde seinen Betrieb einstellen wird." (S. 78) Das lässt den in der Lausitz oft behaupteten "vorzeitigen Ausstieg" durch "politische Eingriffe des Bundes" jedenfalls ins ganz anderem Licht erscheinen.

Prof. Uwe Leprich, Abteilungsleiter Klimaschutz beim Umweltbundesamt präsentierte dem Braunkohlenausschuss den im Auftrag des UBA erstellten Vergleich möglicher Instrumente zur Erreichung der Klimaschutzziele für das Jahr 2030. Bis dahin muss der Ausstoß des Stromsektors an Treibhausgasen gegenüber 2014 halbiert werden, was ohne deutliche Reduzierung der Braunkohleverstromung nicht möglich ist. Der Vortrag war von sieben Mitgliedern des Ausschusses auf die Tagesordnung gesetzt worden: "Wir haben einen Gastvortrag des Umweltbundesamtes beantragt, damit die Region direkt mit den Bundesbehörden über Klimaschutz diskutieren kann. Den regelmäßigen Anfeindungen von Lokalpolitikern gegen die Bundespolitik setzen wir den sachlichen Dialog entgegen." erklärt Kreistagsabgeordneter Sascha Fussan aus Teichland.

2. Landgericht: LEAG muss für vertrocknete Obstbäume zahlen

Am 15. März fällte das Landgericht Cottbus ein Urteil zugunsten eines Bergschadensbetroffenen. Jens Gebke aus Taubendorf macht das Vertrocknen seiner 19 Obstbäume durch die Grundwasserabsenkung des Tagebaues geltend und verlangt eine vollständige Entschädigung.

Das Gericht entschied nun in einem Teilurteil, dass dieser Anspruch dem Grunde nach besteht. Auch wenn über die Höhe der Entschädigung noch zu entscheiden ist, ist das ein wichtiger Teilerfolg für den Geschädigten. Regelmäßig versucht der Bergbaukonzern bei Bergschäden, sich vor der Anerkennung einer Rechtspflicht zu drücken. Die beklagte LEAG kann gegen das Urteil noch in Berufung vor das Oberlandesgericht gehen, was sie in der mündlichen Verhandlung bereits angekündigt hat. Das Kostenrisiko für den Kläger steigert sich in diesem Fall weiter.

Das Urteil war Anlass für das Lausitzer Netzwerk Bergbaugeschädigter e.V., noch einmal darauf zu verweisen, dass viele Bürger das Risiko eines gerichtlichen Streites nicht eingehen können und deshalb die Einrichtung einer Schiedsstelle unbedingt erforderlich ist. Hannelore Wodtke vom Netzwerk: "Aus Angst vor möglichen Kosten wagen nur wenige sich einem Gerichtsprozess auszusetzen, in dem sie die Beweislast selber zu tragen haben und der Bergbaubetreiber alle Daten dazu besitzt. In der Regel greift auch keine Rechtsschutzversicherung, so dass man sein Recht nur erstreiten kann, wenn man viel Geld besitzt oder zumindest selbst Jurist ist. Das ist eine Schande für die rot-rote Landesregierung, uns derart allein zu lassen."

Landesregierung und Bergbaubetreiber LEAG weigern sich, für den aktiven Tagebau eine Schiedsstelle einzurichten, solange die bundeseigene Sanierungsgesellschaft LMBV nicht für den Altbergbau ebenfalls zustimmt. Auf diese Weise wird das vom Landtag ausdrücklich befürwortete Vorhaben seit Jahren blockiert.

3. MDR-Recherche: Sachsen fordert zu wenig Sicherheitsleistungen vom Bergbau

Der MDR meldet: "Sachsen fordert offenbar zu wenig an Sicherheitsleistungen von Bergbau-Unternehmen ein. Geld, das dazu gedacht ist, zum Beispiel Renaturierungen im Falle einer Insolvenz zu bezahlen. Derzeit hat das Land 33,5 Millionen Euro erhoben. Die tatsächlichen Kosten aber gehen in die Milliarden. Nach Ansicht der Linken misst die Landesregierung der Windkraft mehr Gefahren zu als dem Bergbau." Ganze Meldung hier

4. Diskussion: Die Talsperre Spremberg - Hält sie den Eisenockerschlamm auch bei Hochwasser?

Am Mittwoch, 29. März 2017 um 19:00 Uhr lädt die Landtagsfraktion Bündnis90/Die Grünen zu einer Diskussionsrunde nach Spremberg ein. Die Talsperre Spremberg hält die Verockerung der Spree zurück und soll so eine stärkere Verockerung des Spreewalds verhindern. Es ist unklar, ob sie diese Funktion längerfristig erfüllen kann, wenn sich der Ockerschlamm über Jahre in der Talsperre ansammelt. Zudem erfüllt die Talsperre ihre Erholungsfunktion für die Region nur noch eingeschränkt. Die Veranstalter wollen wissen, ob ein regelmäßiges Ablassen und Bereinigen des Stausees eine Lösung sein könnte. Dazu Beiträge von

  • Dr. Wilfried Uhlmann, Institut für Wasser und Boden
  • Thomas Avermann, Landesamt für Umwelt, Abteilungsleiter "Wasserwirtschaft Flussgebietsmanagement"
  • Winfried Böhmer, Aktionsbündnis Klare Spree
  • Sven Radigk,  LMBV Arbeitsgruppenleiter "Gewässergüte Fließgewässer Lausitz"
  • Podiumsdiskussion und mit offener Diskussionsrunde, Moderation: Benjamin Raschke, MdL

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Ort: Hotel Georgenberg, Slamener Höhe 19, 03130 Spremberg

5. Neue "Nochten heute" erschienen

Das Bündnis "Strukturwandel jetzt - kein Nochten II" hat eine neue Ausgabe seiner Zeitschrift "Nochten heute" veröffentlicht. Das 12 seitige Heft steht hier zum Download (1,4 MB) bereit.