BKA-Sondersitzung 16.05.2017 - Redebeitrag zu TOP 4 (Gesamtdiskussion)

Die aktuellen Situation erfordert auf den folgenden Gebieten Aktivitäten des Landes Brandenburg:

1. Neue Tagebaue verbindlich ausschließen

Der Verzicht der LEAG auf die Tagebaue Jänschwalde-Nord, Bagenz-Ost und Spremberg-Ost ist zu begrüßen. Was die Betroffenen in der Hand haben, ist allerdings die Aussage eines Unternehmens in einer Pressekonferenz. Rechtlich gesehen ist das ganz klar: nichts. Kurzfristig gibt es wenig Grund, an der Aussage des Unternehmens zu zweifeln. Aber mittel- und langfristig wird eine verbindliche Festlegung gebraucht, die auch weiteren Betreiberwechseln oder Änderungen der Strom- und Rohstoffmärkte standhält. Beispielsweise in Tschechien oder Nordrhein-Westfalen gibt es längst solche Festlegungen. Wenn man neue Tagebaue nicht gesetzlich ausschließen will, was natürlich auch ginge, dann bietet sich der Gemeinsame Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg dafür an. Der Berliner Senat wird laut seinem Koalitionsvertrag eine solchen Regelung jedenfalls nicht im Weg stehen.

2. Braunkohlenplan Welzow-Süd sofort überarbeiten

Aus unserer Sicht muss es zeitnah eine Entscheidung geben, auch Proschim nicht umzusiedeln. Diese Entscheidung in der Hoffnung auf wirtschaftlich günstige Rahmenbedingungen bis 2020 vor sich her zu schieben, bedeutet, dass die Einwohner von Proschim und Welzow als Spekulationsobjekt behandelt werden. Den im Tagebau Beschäftigten geht es dabei nicht wesentlich besser.

Nach wie vor kann das Kraftwerk Schwarze Pumpe auch ohne das Teilfeld II bis weit in die 2030er Jahre mit Kohle versorgt werden. Die Zukunft von Proschim hängt also daran, wie viel Kohle noch ins Altkraftwerk Jänschwalde gefahren wird. Dazu macht das Revierkonzept der LEAG keine konkreten Angaben. Fest steht, dass es sich um eines der klimaschädlichsten Kraftwerke Europas handelt und jede weitere Klimaschutzmaßnahme in Deutschland dieses Kraftwerk konkret betreffen würde bzw. müsste.

Auch dann, wenn das Land eine Entscheidung der LEAG zu Welzow-Süd II erst im Jahr 2020 erwartet, muss es jetzt einen neuen Braunkohlenplan vorbereiten. Denn weder der Braunkohlenplan von 2004 noch der von 2014 regeln die Herstellung der Bergbaufolgelandschaft beim Auslaufen des Tagebaues im Teilfeld I. 2020 hat man keine Zeit mehr einen solchen Plan aufzustellen. Nach seinem Regional- und Braunkohlenplanungsgesetz (RegBKPlG) hat Brandenburg den Anspruch, die Gestaltung Bergbaufolgelandschaft mit landesplanerischen Festlegungen zu steuern. Das bedeutet, die Arbeit an einem Planentwurf und der entsprechenden Umweltprüfung muss jetzt beginnen, um überhaupt 2020 einen Plan in Kraft setzen zu können.

3. Nordmarkscheide Tagebau Jänschwalde überprüfen

Ein weiterer Aspekt fehlt in der Debatte bisher in der Regel: Die letzten Kohlevorräte des Tagebaues Jänschwalde zu gewinnen, richtet weit mehr Schaden an, als daraus noch Nutzen zu ziehen ist. Diese nördliche Abbaugrenze stammt aus dem Rahmenbetriebsplan-Antrag von 1992 und war offenbar als Vorbereitung für die anschließende Inanspruchnahme von Jänschwalde-Nord gedacht. Eine Variantenprüfung zu dieser Nordmarkscheide fand nie statt, weder im Rahmenbetriebsplan-, noch in den drei Braunkohlenplanverfahren zum Tagebau Jänschwalde.

Die Lebensqualität in Taubendorf würde massiv leiden, die landschaftlich prägende Hangkante zur Neiße würde immer mehr zerstört. Vor allem aber würde im Untergrund die südliche Grenze der Taubendorfer Rinne abgebaggert. Die dauerhaften Folgen für den Wasserhaushalt der Region sind nicht absehbar und wurden nie untersucht, weil es nie eine Umweltprüfung zum Tagebau Jänschwalde gab.

Hier muss es eine kritische Überprüfung geben. Das betrifft sowohl Bergrecht, als auch Wasserrecht und die Energiestrategie des Landes.

4. Rückstellungen verbindlich sichern

Vattenfall hat ca. 1,7 Milliarden Euro Rückstellungen auf die LEAG übertragen. Die Behörden müssen dafür sorgen, dass mindestens dieses Geld tatsächlich für die Folgekosten der Tagebaue zur Verfügung steht. Es reicht nicht aus, wenn es wie bisher nur in der Bilanz des Unternehmens steht. Unter anderem steht den Bergbehörden bei jeder Betriebsplangenehmigung die Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 56 BBergG zur Verfügung. Es ist nicht nachvollziehbar, warum diese Möglichkeit zum Braunkohleabbau in Brandenburg bisher nie genutzt wurde.

5. Schäden durch Grundwasserentzug schreiten aktuell voran

Schäden durch Grundwasserabsenkung schreiten leider immer noch voran. Die Jänschwalder Laßzinswiesen sind durch den Tagebau trockengefallen, die offiziellen Monitoringberichte belegen einen drastischen Rückgang der geschützten Feuchtwiesenbereiche. Auf eine 2015 eingereichte Umweltschadensanzeige an das LBGR gibt es bis heute keine inhaltliche Reaktion.

Der ebenfalls unter europäischem Naturschutz stehende Pastlingsee zwischen Drewitz und Grabko hat mit der Annäherung des Tagebaues massiv an Wasser verloren und ist weiterhin akut bedroht.

Zunehmend sind die Bürger und Anlieger an weiteren Seen der Umgebung besorgt, weil es dort ebenfalls zu Wasserverlusten kommt, die mit größter Wahrscheinlichkeit mit der Annäherung des Tagebaues in Zusammenhang stehen.

Alle diese Probleme muss das LBGR als zuständige Bergbehörde konsequent angehen und das Bergbauunternehmen als Verursacher konsequent zur Verantwortung ziehen. Bisher nehmen wir hier eher eine Verzögerungstaktik wahr.